SEYRAN
SEYRAN war Gewinner des „5 Stars Song Contests“, hat seinen Hit „Wild ÂKisses“ in 24 Ländern veröffentlicht und 2011 mit „ÂKanatsiz Âmelekler“ (Engel ohne FlĂĽgel) beim ÂGolden Melody Song Festival unter 25 Teilnehmenden gewonnen. Sein gleichnamiges Album nahm er in der TĂĽrkei auf und wurde dort zum ÂMedienliebling. Mitte Februar erscheint zum Valentinstag sein zweites Album „Nur die Liebe zählt“. Es ist sein erstes Album in Eigenregie.
Was bedeutet eigentlich der Name Seyran?
Im Aserbaidschanischen ungefähr, dass man über ein Feld spazieren geht; im Türkischen bedeutet es eher Party.
Wolltest du als Kind schon Musiker werden?
Eigentlich wollte ich Tierarzt werden. Ich habe für die Tiere auf der Straße von zu Hause Fleisch „geklaut“, sodass meine Mutter mit mir immer geschimpft hat. Vor allem wollte ich mit den herrenlos auf der Straße lebenden Tieren etwas machen, etwas in Richtung Tierheim.
Wie bist du zur Musik gekommen?
Schon mit sechs Jahren habe ich mit Klavierspielen angefangen. Ich habe meiner Mutter, die Klavierlehrerin ist, zugeschaut, wie sie andere Kinder unterrichtete und die Melodien einer brasilianischen Telenovela nachgespielt. Meine Mutter bemerkte mein musikalisches Talent und ich kam auf eine Musikschule, um weitere Instrumente zu lernen. So habe ich noch Geige gelernt. „Uletau“ war mein erster Hit in der Zeit, als ich in Russland lebte. Ich habe ihn 2008 beim Song-Contest gesungen und dafür den Spezial-Preis bekommen.
Siehst du dich als Aserbaidschaner, Russe oder Deutscher?
Ich habe zwar die deutsche Staatsangehörigkeit, aber im Grunde sehe ich mich als Weltmensch, da ich verschiedene Kulturen erlebe. Ich bin in Aserbaidschan geboren und aufgewachsen. Mit 19 wurde mir Baku zu klein und ich wollte mehr von der Welt sehen und ging für fünf Jahre an die Moskauer Musikakademie, wo ich musikalisch meine ersten Erfolge hatte. Nach Deutschland kam ich 2005, da war ich schon 25.
Du hast dich 2010 für den Vorentscheid zum ESC in Oslo beworben. Im Vorfeld kamst du unter die ersten 5, letztendlich entschied aber die Präsidentengattin Mehriban Aliyeda, dass Safura in Oslo auftreten durfte …
Leider wird in Aserbaidschan immer von oberster Stelle entschieden, wer letztendlich das Land vertreten darf.
Weil dir die Entscheidung in Baku zu lange dauerte, hattest du dich auch bei Stefan Raab beworben. Was wäre gewesen, wenn es in beiden Fällen geklappt hätte?
Schwierig zu sagen, weil es ja nun mal nicht passiert ist. J Ich glaube, dann hätte ich auf mein Bauchgefühl und mein Herz gehört: Ich wohne in Deutschland und bin darüber auch sehr froh; da hätte ich mich höchstwahrscheinlich für Deutschland entschieden.
Du hattest dich schon 2009 in Baku beworben, kamst 2011 mit „Waiting for your Call“ erneut in die engere Auswahl. Nun bist du sogar bereit, beim ESC 2016 in Stockholm für die Schweiz an den Start zu gehen. Warum willst du mit aller Gewalt zum ESC?
Ich habe mich schon immer für musikalische Wettbewerbe interessiert und besonders für den ESC. Mir war einfach nicht wichtig, für welches Land ich auftrete, sondern ich wollte mich als Künstler mit meiner Musik präsentieren. Leider gab es in Deutschland dieses Jahr keinen Vorentscheid und so habe ich mich für die Schweiz entschieden.
Wie ist denn deine Meinung zum diesjährigen deutschen ESC-Vorentscheid?
Nach dem großen Shitstorm gegen Xavier ist jetzt ja wieder alles offen. Keine Ahnung, wie das jetzt weiter abläuft.
Wieso ist der ESC bei den Schwulen so beliebt?
Sie achten mehr auf das Äußere, auf Qualität und auf die Show und sie können einfach gut feiern. So eine Veranstaltung bietet ja auch die Möglichkeit, zusammen zu sein und gemeinsam Party zu machen. Man trifft sich und behält zueinander den Kontakt. Ich weiß aber auch, dass in den ganzen sowjetischen Ex-Republiken die komplette Familie mit dem Freundeskreis vorm Bildschirm sitzt, um sich das Spektakel anzusehen.
Wie ist dein Verhältnis zur schwul-lesbischen Szene?
Ich habe viele Freunde, die schwul oder lesbisch sind, darunter auch Leute aus meinem Heimatland. Ich verstehe mich mit denen sehr gut; es gibt auf dieser Welt für jeden Menschen einen Existenzplatz. Ich bin ja auch schon auf verschiedenen schwul-lesbischen Veranstaltungen aufgetreten: auf CSD’s in verschiedenen Städten oder auf dem schwulen Weihnachtsmarkt in Köln.
Hattest du jemals homoerotische Erlebnisse?
Ich kenne kaum Menschen, die in ihrer Jugend keine gleichgeschlechtlichen Erlebnisse hatten. Schon alleine aus dem Grund, um festzustellen, wo sie hingehören. Ich werde auch oft von Männern angemacht und erachte das als großes Kompliment. Ich bin Single, aber wenn einmal die richtige Person kommen wird, wird für mich zuallererst der Mensch zählen, weil „Nur die Liebe zählt“.
Wie war das denn mit dem „Sex auf dem Dach“?
J Das war nur eine jugendliche Phantasie – etwas, was man nicht wirklich in der Realität erlebt hat. Im Teenageralter, wo man keine geeigneten Plätze und Gelegenheiten zum Knutschen fand, traf man sich bei uns auf dem Dach. Aber in der Phantasie wollte man eigentlich mehr erleben und malte sich die geilsten Sachen aus. Bis heute hatte ich noch keinen Sex auf dem Dach; aber das kann ja alles noch kommen...
Kannst du von der Musik leben?
Nicht zu 100 Prozent. So arbeite ich in meiner musikfreien Zeit im Fitnessbereich. Ich bin ausgebildeter Kursleiter und unterrichte Zumba, Pilates, Workouts, Aqua-Trainig und Deep-work. Sport ist mir wichtig. Er hält mich fit und ist ein schöner Ausgleich zum musischen Bereich; in beiden Berufen arbeite ich mit Menschen.
Ein Titel deiner CD heißt „Keine Angst“. Wovor hast du Angst?
Eigentlich nur davor, dass irgendwann die Menschen, die ich liebe, nicht mehr da sind – meine Mutter, meine Brüder oder enge Freunde. Wir werden alle älter und manche gehen einfach viel zu früh. Das macht mir Angst. Ansonsten denke ich, habe ich in meinem Leben schon viel erlebt und das hat mich stärker gemacht und mir bei vielen Dingen die Angst genommen.
Was bringt dich auf die Palme?
Wenn Leute lügen. Und momentan die ganze Situation in der Welt, die Kriege der Mächtigen und dass diese Leute immer nur mehr wollen und es ihnen egal ist, woher die Sachen kommen. Dabei gäbe es für alle genug, um glücklich zu sein. Sie machen das ganze Gleichgewicht kaputt. Das macht mich wütend.
Welche politischen Ereignisse beschäftigen dich momentan besonders?
Natürlich die Flüchtlingswelle – es macht mich traurig, dass Menschen ihre Heimat verlassen müssen und alles verloren haben. Ich wünsche mir für die Menschen, dass sie sich in ihren Zufluchtsländern wieder eine Zukunft aufbauen können – oder noch besser – in ihre Heimat unter besseren Umständen zurückkehren können. Da sollten wir nicht gleichgültig oder egoistisch sein, denn es kann jedem passieren, die Heimat verlassen zu müssen. Auch uns.
Du willst den in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund Mut machen. Hattest du, als du 2005 nach Deutschland kamst, selbst Probleme?
Nein, ich habe selbst nie negative Erfahrungen gemacht. Natürlich habe ich mich anfangs fremd gefühlt. Ich habe nichts verstanden und konnte mich nicht verständigen. Ich kam z.B. mit den Namen der Haltestellen nicht zurecht und wusste nie, wo aussteigen. Mir wurde sehr schnell klar, dass ich die deutsche Sprache beherrschen muss, damit ich hier überhaupt leben kann. Mittlerweile spreche ich fünf Sprachen: außer meiner Muttersprache noch Russisch, Türkisch, Englisch und Deutsch.
Du scheinst ein Sprachgenie zu sein... Erzähl uns doch etwas zum neuen Album, in dem du größtenteils deutsche Texte singst.
Ich habe mein Album bis jetzt noch nicht offiziell vorgestellt. Es erscheint zum Valentinstag, denn es heißt „Nur die Liebe zählt“. Ich hoffe, dass alles so läuft, wie es geplant ist. Ihr könnt mir ja die Daumen drücken.
Machen wir. Du wurdest auf der Bühne schon vom Gitarrist Wolfgang Gerhard begleitet, der neben den Gipsy Kings auch für Montserrat Caballé gespielt hat. Das heißt, du bist in der deutschen Musikerszene schon angekommen?
Ja, ich habe wirklich gute Musiker um mich. Zurzeit habe ich den Gitarristen Carlos Chacòn an meiner Seite. Der stammt aus Ecuador und hat schon weltweit Erfolge mit der Gruppe „Ocobamba“ gefeiert.
Angenommen, du könntest zur Präsentation deines Albums SängerInnen einladen, die du verehrst; wer dürfte kommen?
Ich mag Yvonne Catterfeld sehr. Ich war ein großer Fan von Udo Jürgens, aber der kann leider nicht mehr kommen. Vicky Leandros und Catharina Valente müssten dabei sein, die ich beide sehr verehre. Und Helene Fischer als „fast“ Landsfrau, die ich vor allem wegen ihrer Zielstrebigkeit bewundere. International gesehen finde ich Lara Fabian gut und im Latino-Bereich Mark Antony, Ricky Martin und Darren Hayes. Ich höre auch viele russische und türkische Künstler, die in Deutschland leider weniger bekannt sind.
Unsere Monatsumfrage beschäftigt sich mit Urlaubsplänen für 2016. Hast du schon welche?
Ich mache eigentlich nie Urlaub, sondern verbinde die Reisen mit Auftritten. Ich habe mich 2016 für einige Musikveranstaltungen angemeldet, möchte dazu aber noch nicht mehr verraten.
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03.02.2016
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