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Alexander Wehrle // © vvg

Botschafter des Come-Together-Cup Alexander Wehrle

vvg - 03.05.2022 - 10:00 Uhr

war als Fußballfunktionär von 2013 bis 2022 Geschäftsführer beim 1. FC Köln. Aktuell wechselte er in seine Heimat zum VfB Stuttgart 1893 AG als Vorstandsvorsitzender. Er war fester Bestandteil der Kölner Stadtgesellschaft und setze sich aktiv für die Comunity ein. Als Botschafter des Come-Together-Cup bleibt er auch weiterhin in Köln aktiv.

Alex, du verlässt als Geschäftsführer des FC nach neun Jahren die Stadt Köln und übernimmst in Stuttgart den Posten von Thomas Hitzlsperger als Vorstandvorsitzender des VfB. Was hat Köln was Stuttgart nicht hat?
Köln hat vieles, das Stuttgart nicht hat. Den Karneval zum Beispiel. Es gibt aber auch umgekehrt Dinge, die es in Stuttgart gibt – und in Köln nicht. Entscheidend ist aber: Es sind beides Städte, in denen ich mich sehr wohlfühle und in denen große Traditionsclubs zu Hause sind.

Aber es gibt doch sicherlich Unterschiede zwischen dem Rheinland und dem Schwabenländle?
Natürlich. Die Menschen sind schon ein bisschen anders, ich weiß aber beide gut zu nehmen.

Du verlässt in Köln den Job mit Sonderkündigungsrecht, Thomas Hitzlsperger in Stuttgart verzichtet auf Verlängerung. Klingt komisch, oder?
Finde ich ehrlich gesagt nicht. Wir haben beide eine klare Entscheidung für unsere Zukunft getroffen und das mit unseren Verantwortlichen in den Vereinen ganz offen kommuniziert, so dass diese jeweils die Möglichkeit hatten, in Ruhe Nachfolger für uns zu finden. 

FC Präsident Werner Wolf lässt dich nur ungern ziehen: "Wehrle war in guten und in schlechten Zeiten eine absolute Konstante und das Gesicht unseres Vereins. Mit ihm geht eine Ära zu Ende!" Hört sich an wie Ehescheidung?
Hört sich eher an wie ein respektvoller Abschied nach einer langen Zeit mit vielen besonderen Momenten.

Was sagen denn das FC-Spielerteam und die FC-Fans zu deinem "Abstieg"? (Stuttgart liegt ja tiefer auf der Landkarte)
Ich habe einen – nein eigentlich sogar mehrere – sehr emotionale Abschiede gehabt, und dabei sehr viel Wertschätzung erfahren. Das war sehr schön und hat mich sehr gefreut. Mein Eindruck ist, dass mir alle nur das Beste wünschen, außer vielleicht: "Siege gegen den FC.“ (lacht).

Wie sieht – in kurzen Worten – deine Kölner Bilanz nach neun Jahren aus?
In kurzen Worten sind neun Jahre natürlich schwer zu fassen. Ich glaube, bei allem Auf und Ab steht meine Zeit hier unterm Strich für Stabilität und Weiterentwicklung. Gemeinsam mit dem Team am Geißbockheim haben wir einiges erreicht und sind auch nach Rückschlägen immer wieder aufgestanden.
 

Alexander Wehrle // © vvg

Sowohl Thomas Hitzlsperger als auch du habt einen endscheidenden Anteil daran, dass es rund um den Ball bunter geworden ist …
… und das zu sehen, freut mich ungemein.

Bleibst du uns denn beim Come Together Cup zumindest als Botschafter erhalten, oder müssen wir dich erst mit dem CTC-Herz locken?
Ich werden den CTC sicher nie im Stich lassen und immer helfen, wenn gewünscht und selbstverständlich bleibe ich CTC-Botschafter

Könnte es sein, dass sich der CTC-Gedanke jetzt zu einem Stuttgart-Cup erweitert?
Das müssen die CTC-Macher entscheiden. Der Cup erweitert sich ja in den letzten Jahren, es gibt ihn jetzt schon im Ruhrgebiet und auch in Mannheim, wenn ich es richtig mitbekommen habe. Am VfB wird ein CTC in Stuttgart definitiv nicht scheitern.

Kicker-Redakteur Frank Lußem vermutet, die Stuttgarter vermitteln dir die Wertschätzung, die du bei den Geißböcken offensichtlich nicht hattest? Wie siehst du das?
Ich habe in Köln immer sehr viel Wertschätzung erfahren. Nach neun Jahren habe ich für mich entschieden, dass beiden Seiten ein neuer Impuls guttut und dass es die richtige Zeit ist, nach Hause zurückzukehren.

Im Fußball ist jeder Verein auch Konkurrent; bist du zwiegespalten, sollten sich der FC und der VfB mal spielerisch treffen?
Nein, ich drücke immer „meinem“ Club die Daumen und will auch die Spiele gegen den FC unbedingt gewinnen. An den anderen 32 Spieltagen freue ich mich aber über jeden Sieg des 1. FC Köln.

Du hattest als Kind schon ein erfolgreiches Probetraining beim VfB. Deine Eltern waren aber gegen „zu viel Training, Schule sei wichtiger". Daraufhin hast du wochenlang nicht mit deinen Eltern geredet.
Stimmt, aber ich habe ihnen kürzlich verziehen (lacht).

Keiner weiß, dass du im Altenheim gearbeitet, beim Roten Kreuz Zivildienst geleistet, Einsätze als Rettungssanitäter absolviert und im Beerdigungsinstitut Leichen gewaschen hast. Da verliert Köln ja eine Florence Nightingale ...
Das wissen inzwischen tatsächlich schon ein paar Leute, weil ich damit auch nie hinter den Berg gehalten habe. Diese Erfahrungen waren sehr wichtig für mich, sie haben meinen Blick aufs Leben und auch auf den Tod verändert. Ich genieße das Leben, weil ich weiß, wie schnell es vorbei sein kann.

Dein Wechsel soll schon im April sein; das ist doch ein Aprilscherz?
Um das zu vermeiden, bin ich schon im März gewechselt (lacht).

Jonathan Zelter, ein Sänger aus Mannheim, hat ein Lied über das Outing eines Fußballspielers geschrieben. Wann glaubst du, wird das zur Realität und Normalität?
Mir ist wichtig, dass jeder Spieler diese Entscheidung für sich selbst trifft. Ohne Druck von außen. Mein Eindruck ist, dass sich in den Fanszenen und Kurven längst eine Menge getan hat und ein Coming Out für einen Spieler in Deutschland kein Nachteil wäre.

Warst du jemals in der Schusslinie?
Nein, nie.

Der einzige aktive offen-schwule Profi-Fußballer Joshua Cavallo (22) vom australischen Verein Adelaide United wurde beim Spiel gegen Melbourne Victory schwulenfeindlich beleidigt. Wie weist man Homophobiker in die Schranken?
Indem man sie spüren lässt, dass sie eine winzige Minderheit sind.

Wann wird bei dir das runde eckig? Soll heißen, was macht dich wütend und ängstlich?
Ungerechtigkeit macht mich wütend, viel Angst habe ich eigentlich nicht. Aber klar, der Krieg aktuell trägt auch bei mir dazu bei, dass ich mir Sorgen über die Zukunft mache.

„Niemals geht man so ganz ...“, gibt es etwas, was du in Köln sehr vermissen wirst?
Es gibt viele Menschen, die ich vermissen werde. Deshalb habe ich mir vorgenommen, mir trotz allem immer die Zeit zu nehmen, in Köln vorbeizuschauen.

Alexander, wir wünschen dir viel Erfolg als Vorstandsvorsitzender beim VfB und dass er in der nächsten Saison mit Köln in der ersten Liga spielt. Wir sehen uns sicher beim Come Together Cup am 26. Mai in Köln wieder.

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