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Emil Kusmerik

Emil Kusmirek „Ohne harte Arbeit und Glaube an Erfolg läuft es nicht“

km - 04.02.2021 - 10:00 Uhr

Der 30-jährige Halb-Russe/Halb-Pole Emil Kusmirek kam im Frühjahr 2012 nach Deutschland mit nichts außer Hoffnung, eisernen Willen und Leidenschaft für das Tanzen. Er lebte auf der Straße und nahm dann an der Show „Das Supertalent“ teil und sein ganzes Leben sollte sich ändern. Heute hat der Tänzer, Choreograf, Fitnesstrainer und Artistic Creative Director mehrere Tanzstudios eröffnet, eine Agentur gegründet, arbeitet im Fernsehen, bereitet Stars auf ihre Touren vor und lebt überglücklich in einer Beziehung. SCHWULISSIMO hat sich mit diesem wundersamen Teufelskerl unterhalten.

 

Du hattest als Kind Ballett-Unterricht und in deiner Familie tanzt jeder, – wie hat es dich nach Deutschland verschlagen und wie war dein Leben davor?
Mein Leben davor war alles andere als rosa: In meiner Familie war nach außen hin zwar das perfekte Bild, aber hinter den Fassaden war viel Geschrei, Gewalt, Unsicherheit und keine Akzeptanz. Tanzen war für mich eine Lösung, die mir Freiheit gegeben hat und Momente zu vergessen, was im wahren Leben passiert war. Nach Deutschland hat mich die Möglichkeit verschlagen, mein Leben aufzubauen, wie ich es möchte und die Perspektive, ein Leben ohne die Gefühle zu führen, nicht genug zu sein. Es war für mich also ein Neustart, aber ich wusste, dass die Reise sehr schwer sein würde und Existenzprobleme mit sich bringt, denn ich hatte keine finanziellen Anlagen und kein Dach über dem Kopf.

Wieso glaubst du, bist du am Ende so erfolgreich gewesen? Ist es Talent, die emotionale Geschichte, die Hartnäckigkeit, harte Arbeit oder alles zusammen oder doch etwas ganz anderes?
Ich denke, die Frage beantwortet sich von selbst, denn alles, was in der Frage steht, sind auch die Antworten. Aber auch große Disziplin und der Glaube daran, dass man gut ist in dem, was man tut, hat dazu geführt, denn wenn man nicht an sich selbst glaubt, dann kauft es einem auch keiner ab. Auch für die kleinen Erfolge immer dankbar zu sein, hat mich weitergebracht, denn sie haben mich zu meinem großen Ziel geführt.

Und wenn dir jemand sagt, dass du dein Ziel nicht erreichen wirst, dann hör nicht darauf. Aber jetzt stehe ich da, wo ich stehe und bin stolz darauf, mit allen „Narben“, die ich habe (obwohl ich das gerade unverschämt von mir finde).

Wie war das Feedback nach Supertalent außerhalb und innerhalb der LGBTI*-Community und hat es sich von Show zu Show verändert?
Das Feedback nach „Das Supertalent“, als ich zweimal im Finale landete, war beides Mal unglaublich. Es gab viel positives Feedback. Besonders war das Feedback, dass ich anderen Menschen Hoffnung geben konnte. Dadurch, dass ich einem so großen Publikum meine Geschichte erzählen konnte, haben sich viele Leute angesprochen gefühlt und mich kontaktiert. Als ich manche Nachrichten gelesen habe, habe ich zu Hause gesessen und geweint, denn danach wusste ich, dass ich nicht alleine bin und dass es Menschen gibt, denen es noch schlimmer geht. Ich hoffe, dass ich dadurch andere Menschen inspirieren konnte, Probleme wie Outing, Gewalt oder Existenzprobleme zu bewältigen, und wenn es auch nur eine einzige Person ist, dann hat sich die Hölle, durch die ich gegangen bin, schon gelohnt.

Du hast ein Tattoo vom Supertalent-Stern, der dich erinnern soll, wo du hergekommen bist und dich davor schützen soll, die Bodenständigkeit nicht zu verlieren, – wo glaubst du, wärst du heute ohne das Supertalent?
Richtig, der Stern sollte mir immer zeigen, woher ich komme. Er sollte mich auch daran erinnern, dass ich viele tolle Menschen kennengelernt habe, die an mich geglaubt haben und mir die Möglichkeit gegeben haben, meinen künstlerischen Weg zu gehen und dass es nie zu spät ist, wieder neu anzufangen. Wo ich heute ohne „Das Supertalent“ wäre, weiß ich nicht und das möchte ich auch gar nicht philosophieren, denn es war die schönste Reise und größte Lehre meines Lebens, deshalb möchte ich mir ein Leben ohne gar nicht vorstellen.

Emil Kusmirek

Was bedeutet Tanzen für dich?
Tanzen zu definieren ist sehr schwer für einen Künstler. Aber Tanzen ist für mich Leidenschaft und pure Emotion. Es gibt mir Freiheit. Durch meine Choreografien kann ich anderen zeigen, was in mir steckt und was ich fühle. Im Grunde genommen ist Tanzen mein Leben und meine große Liebe.

2020 war ein hartes Jahr für die Künstler-/Event- und Kreativbranche. Wie war das letzte Jahr für dich?
Ich bin ein sehr sozialer Mensch und 2020 hat mir gezeigt, dass wir alle zusammenhalten müssen, egal in welcher Branche. Ich habe gelernt, dass es in jeder Situation eine Lösung gibt. Dadurch, dass es keine Events gab, hatte ich keine Auftritte, aber in meinen Tanzstudios haben mir all meine Teilnehmer große Loyalität und Sozialverständnis bewiesen. Durch Online-Kurse konnten meine Studios gut weiterlaufen. Als Unternehmer war in diesem Jahr mein Team umso wichtiger, da wir gemeinsam viel Zeit investiert haben, die Studios am Laufen zu halten. Da hat sich wieder mein Motto bewiesen: Ohne harte Arbeit und Glaube an Erfolg läuft es nicht.

Emil Kusmirek

Du bist mit deinem Freund Tobias über ein Jahr zusammen, solange hattest du noch keine Beziehung. Was macht die Beziehung mit Tobias so besonders und langlebig?
Damals hatten die Deckel nicht auf den Topf gepasst, jetzt passt der Deckel. Auch an schwarzen Tagen bringt er mich zum Lachen, aber das wichtigste ist, dass ich mich Tag und Nacht in jeder Minute meines Lebens auf ihn verlassen kann. Er wusste auch nicht, dass ich tanze, als wir uns kennengelernt haben. Was ich bei Tobias auch sehr schätze, ist, dass er nicht nur Lehrer, sondern auch künstlerisch begabt ist. Wenn es mir mal nicht so gut geht, höre ich ihm beim Piano spielen zu. Wir müssen nicht immer zusammen sprechen, sondern verstehen uns einfach mit unseren Seelen.Wie stehst du zum Klischee der Homo-Beziehungen, dass sie nicht lange anhalten?Schwere Frage … Ich kann andere Menschen nicht für ihren Lebensstil beurteilen. Ich kenne solche und solche Beziehungen. Deshalb kann man es nicht so verallgemeinern. Ich kenne auch viele Leute aus der LGBT-Community, die seit vielen Jahren zusammen sind und Kinder erziehen. Es gibt aber auch einige in der Community, die einen anderen Lebensstil haben. Da sollte man einfach jeden leben lassen wie er oder sie will und nicht verurteilen.

Du bist Familienmensch und dein Zuhause ist deine Oase sagtest du mal auf die Frage „Was niemand über mich weiß?“ Sprechen du und Tobias schon über Familienplanung?Wir genießen unser Leben, so wie es aktuell ist. Ein Ring am Finger zu haben, Haus, Hund und Kind ist natürlich ein Traum. Aber wann es so weit ist, können wir noch nicht sagen.

Emil Kusmirek und Freund Tobias Fibicher

Du hast Tanzstudios eröffnet und eine Agentur gegründet, zudem arbeitest du oft fürs Fernsehen, – bleibt da noch genug Zeit für den Partner und wie findest du die Balance zwischen Arbeit und Freizeit bzw. Partner?
Tobias übernimmt auch mein Management. Deshalb erledigen wir viele Dinge gemeinsam und er begleitet mich auf Events, auch wenn er sich dort nicht ins Rampenlicht stellt. Wir dürfen viele außergewöhnliche Momente meines Lebens gemeinsam erleben. Somit haben wir eine gute Balance zwischen Arbeit, Freizeit und Partner.

Du hast in einem Interview vor ein paar Jahren gesagt: "Ein echter Künstler spielt nicht auf der Bühne, der lebt auf der Bühne. Etwas zu spielen ist erlernbar, etwas zu leben erfordert echte Leidenschaft und Emotion." Wie bringst du das in deiner Schule deinen Schüler*innen bei?
Ich versuche, dass meine Schüler*innen die Geschichte der Musik verstehen und sie für sich selbst interpretieren, sodass sie es fühlen können. Ich sage ihnen, dass sie sich eine Situation aus ihrem eigenen Leben vorstellen sollen und diese Geschichte vertanzen. Ich nehme mehrere Rollen bei meinen Schüler*innen ein, da sie sich sehr unterscheiden im Alter usw. Dabei bin ich erwartungsvoll und streng, aber auch verständnisvoll.

Welchen Rat würdest du Menschen geben, die nicht erfolgreich mit ihrer Kunst sind wie du, um sie zu inspirieren?
Ich denke, in der Künstlerbranche muss man eines verstehen: dass du dir selbst treu bleiben willst, aber diese Treue so umsetzten musst, dass du die Zuschauer begeisterst. Was immer helfen kann, ist harte Arbeit und Glaube an Erfolg, denn wenn die Türen geschlossen sind, kannst du auch durchs Fenster hinein klettern…

Emil Kusmirek // © Markus Faust & Dominic Bradt

Wofür bist du in deinem Leben besonders dankbar?
Da weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Ich bin für sehr viele Dinge und sehr viele Personen dankbar. Ohne die Hilfe anderer Personen und Zufallssituationen würde ich nicht dastehen, wo ich jetzt stehe. Die Person, der ich am meisten dankbar bin, ist meine beste Freundin Steffi, denn sie hat von Anfang an an mich geglaubt. Obwohl es auch Höhen und Tiefen in unserer Freundschaft gab, sind wir uns immer treu geblieben und wenn ich abhebe, ist sie die Person, die mich wieder auf den Boden bringt.

Was hast du alles für das Jahr 2021 geplant?
Ich denke, die Frage ist eher, was 2021 alles erlaubt sein wird. Natürlich habe ich einige Ziele, aber ob man die umsetzen darf, ist fraglich. Deshalb habe ich keine großen Pläne, sondern eher eine Bitte, und zwar, dass wir uns jetzt alle an die Maßnahmen halten, damit unser Lebensstil in 2021 wieder zur Normalität zurückkehren kann.

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