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Leserumfrage // © ilkercelik

Leserumfrage Wie war 2020? Was erwarte ich von 2021?

vvg - 19.12.2020 - 09:00 Uhr

Es fing alles so gut an. Neue CD, neues Programm und dann der 1. Lockdown. Am 07.03. hatten wir noch ein Konzert in Elmau und dann war Schicht im Schacht, nichts ging mehr. So viele Bücher gelesen, Serien und Filme im Internet gesehen, mit Freunden telefoniert und ausgetauscht. Mein Mann hat gekocht und mich verwöhnt.

Im Juni dann ein kleiner Hoffnungsschimmer, Dreharbeiten in München und Köln unter den üblichen Coronabedingungen, aber so kam was in die Haushaltskasse. Auch Konzerte mit bis zu 100 Zuschauern fanden statt, gerade mal drei. Dann die Anfrage aus Salzburg im "Jedermann" mitzuspielen. RETTUNG! Und jetzt, bis zum heutigen Tage, kaum Arbeit, hier und da einen Drehtag.

Wenn es im neuen Jahr so weiter geht, wird es wirklich eng. Ich hoffe auf Wiedereröffnung der Theater und Konzert-Locations und dass ich gesund bleibe, dass wir gesund bleiben. Theaterangebote und Konzertanfragen gibt es schon und auch Salzburg hat sich gemeldet.

Warten wir es ab!
Gustav Peter Wöhler, Schauspieler und Sänger, Hamburg

 

Gustav Peter // © vvg

2020 war nicht nur beruflich eines der katastrophalsten bisher. Nach dem ersten Lockdown habe ich in den ersten Wochen und Monaten soviel wegen der Umlegungen der Reservierungen telefoniert, dass mir nach 10-12 Stunden oftmals die Ohren geglüht haben. Und wie sich nun ja leider  herausgestellt hat, war das alles leider für nix und wieder nix. Was es so unerträglich macht, ist, dass man nichts wirklich planen kann und man nicht weiß, wohin die Reise noch hingehen wird. Ich hänge halt auch sehr an den Menschen, mit den ich das Mittelblond „schmeiße“. Sie fehlen mir und ich kann sie leider auch nicht wirklich unterstützen. Hinzu kamen noch einige Schicksalsschläge im privaten Bereich, die mich sagen lassen: „So groß kann der Haken gar nicht sein, wie ich ihn an dieses Jahr machen möchte!!!“

Doch nun zu den positiven Dingen, die es trotz allem nämlich auch gab! Es gab eine schier grenzenlose Solidarität! Bis auf eine unbelehrbare Person hat niemand beim Verlegen der Karten Probleme gemacht. Viele haben ihre Karten als „Solidaritätsticket“ gespendet, die besten Paten der Welt des „Mittelblond“ haben zur Unterstützung Geld gespendet. Ich habe bei vielen Telefonaten mit den Gästen unfassbar viel Balsam für die Seele bekommen. Und die Hauptsache: Auch im Privaten hat sich die Lage etwas entschärft und alle sind wieder gesund und wohlauf. Und das bin ich auch! Könnte ich noch mehr wollen? Ja! Etwas weniger Dummheit und Unbelehrbarkeit, aber dafür mehr Geduld, Selbstreflexion und Optimismus! Am Ende ist alles gut! Und wenn es noch nicht gut ist, dann ist es auch noch nicht zu Ende! Passt auf euch auf und bleibt bitte gesund!

Marcos Schlüter alias René Gligée, Schauspieler, Inhaber Mittelblond-Theater, Köln

 

Marcos Schlüter // © vvg

Entschuldigung, aber 2020 war echt ein Scheißjahr und ich fürchte, dass wir viel Ungutes davon auch ins Jahr 2021 mitschleppen werden.  Es gibt auch keinen Grund dafür, jetzt unverbindlich optimistisches Gedöns daherzuschwafeln, weil wir ja am Jahresende immer alle so wahnsinnig besinnlich, klug und weise werden. Das sollte man den Politikern überlassen, die das ja gern bis zum Erbrechen durchziehen. Bisschen so in die Kamera gucken, als würde man mit kleinen Kindern reden, freundliches Blinzeln, leichtes Lächeln und dann schön langsam und belehrend mit festem Gesäuseltimbre sagen: "Wir müssen jetzt alle ..." Gähn. Wegzappen. Kotzen. Einschlafen.

Dieses Jahr 2020 hatte wirklich vom ersten Hören des Wortes Corona bis jetzt verheerende Auswirkungen. Vor allem auf die Kultur. Ich meine auch die Streitkultur, falls man das Wort Kultur im Zusammenhang mit Streit überhaupt noch erwähnen sollte, ohne der Kultur Unrecht zu tun.

Ich hatte ehrlich schon sehr früh ein schlechtes Gefühl, denn wenn Chinesen endlich mit Informationen an die Öffentlichkeit gehen, ist doch meist die Kacke schon am Dampfen. Ist in allen Diktaturen so. Ungarn und Polen entwickeln sich auch wieder in die Richtung.

LGBTI-freie Zonen? "Die EU protestiert." Huch? Was war das für ein Geräusch? Ach, Sack Reis umgekippt. Nicht so schlimm. Ist von der Leyen nicht Europas Oberfuzzitesse? Wenn 7,4 % der deutschen Bevölkerung als LGBTI identifiziert sind, wünscht man Ursula doch glatt noch 2,6 verqueere Kinder mehr in den Familienhaufen.

Arbeitstechnisch sind mir in diesem Jahr rund 60 Vorstellungen ausgefallen. Ich stünde momentan in Hauptrollen wie "Miss Daisy und ihr Chauffeur" (Berlin), "Ich bin nicht Rappaport" und dem Musical "The Addams Family" (beides Hamburg) auf den Bühnen. Stattdessen hatte ich einen Drehtag und drei Hörspieltage. Fick dich, 2020. Willkommen Impfstoff!

Pierre Sanoussi Bliss, Schauspieler, Regisseur und Drehbuchautor, Berlin

 

Pierre Sanoussi // © vvg

Corona mit all seinen Einschränkungen ist auch an mir nicht spurlos vorübergegangen – es gab und gibt schon eine ganze Reihe von Einbußen, unter anderem wegen ausgefallener Konzerte. Zum Glück hänge ich nicht ausschließlich von Liveauftritten ab. So bin ich zunächst noch einigermaßen glimpflich durch das Jahr gekommen. Zum Beispiel komponiere ich Musik und schreibe Texte für Hörspiele und Hörbücher und das ist eine Arbeit, die ich natürlich auch während der Lockdowns machen kann. Auch für Theaterstücke und Musicals schreibe ich – allerdings wird da häufig nur eine Beteiligung an den Einnahmen für Aufführungen bezahlt; und diese sind ja nun leider größtenteils flachgefallen. Aber ich lasse mich nicht unterkriegen, sondern versuche, das Beste aus der Situation zu machen.

In den vergangenen Monaten knöpfte ich mir eine Reihe von Aufgaben vor, die schon seit Langem überfällig waren. Außerdem habe ich mich weitergebildet und eine Menge Neues gelernt, vor allem in den Bereichen Video, Online-Marketing, Homepage-Erstellung usw.. Ich sehe zuversichtlich ins nächste Jahr und hoffe, dass wir den ganzen Mist in ein paar Monaten hinter uns lassen werden und es wieder aufwärtsgeht mit Kultur und Wirtschaft. Und ich wünsche mir sehr, dass bis dahin nicht noch mehr Leute in Verschwörungsfantasien abdriften, sondern wir alle als Teile dieser Gesellschaft solidarisch bleiben – auch und gerade mit den Schwachen – und weiterhin an einem Strang ziehen. Ein paar Leute in meinem Bekannten- KollegInnenkreis schwurbeln bereits munter vor sich hin, so in Richtung Weltverschwörung, Zwangs-Chippen und „Ich fühle mich wie Sophie Scholl“. Ich hoffe, dass bei denen noch nicht Hopfen und Malz verloren ist und dass sie bald wieder auf dem Boden der Realität landen werden.

Rainer Bielfeldt, Sänger, Komponist und Texter, Hamburg

 

Rainer Bielfeldt // © vvg

Ich bin seit 20 Jahren Berufsmusikerin. Die Einnahmen durch meine Auftritte sind überlebenswichtig, um die üblichen Kosten zu decken. Seit Mitte März, dem Ausbruch der Pandemie, ist die Auftragslage katastrophal für die komplette Veranstaltungsbranche. Ich hatte kaum Auftritte und der Staat hat nicht wirklich unterstützt, auch wenn dies in den Medien so dargestellt wurde. Wir Musiker sind zurzeit auf Förderungen aus Hilfsprojekten angewiesen. Zudem gebe ich Wohnzimmerkonzerte per Livestreams und rufe zu Spenden auf, wobei ich sagen muss, dass sich das Bitten um Geldspenden für mich seltsam anfühlt und ich mich dazu überwinden muss. Mir fehlt definitiv die Nähe und die Kommunikation zum und mit dem Publikum während des Auftritts. Zudem fehlen mir die vielen CSDs, bei denen die Community aus allen Ecken Deutschlands zusammenkommt, um für Liebe, Anerkennung und Toleranz zu kämpfen. Natürlich hatte der Lockdown auch gute Seiten. Ich konnte mich kreativ ausleben und selbst zur Ruhe kommen. Dabei sind neue Songs entstanden, ein Kinderlieder-Projekt und eine Live- & Unplugged-CD, die wir als Vorstandschaft des Bundesverbands der Deutschen Kindertafel e.V. als Weihnachtsgeschenk an Spender und Sponsoren als Dankeschön verschicken. Durch die viele Zeit, die mir plötzlich zur Verfügung stand, habe ich gemerkt, dass mir der Rückzug und die Ruhe sehr gut tut. Ich konnte und kann mich auf Dinge konzentrieren, für die sonst wenig Zeit war. Dadurch bin ich ausgeglichener und zufriedener und gehe relaxter an viele Sachen heran. Ich würde mir wünschen, dass wir diese Krise auch als Chance wahrnehmen.

Da es wahrscheinlich für mich frühestens im April 2021 beruflich weitergeht, nutze ich die Zeit, um mich musikalisch neu zu orientieren, kreativ und vor allem gesund zu bleiben.

Steffi List, Musikerin, Schweinfurt

 

Steffi List // © vvg

Hatte das Corona-Jahr 2020 neben all dem vielen Negative auch etwas Gutes? Ich versuche in allen Dingen immer etwas Positives zu sehen. Das allgemeine Leben wurde entschleunigt, wodurch wir uns der aktuellen Lage anpassen müssen. Ich bin zu der Erkenntnis gekommen, dass wir vieles nicht als selbstverständlich ansehen dürfen. Diese Krise macht uns allen bewusst, wie sehr wir uns auf das Wesentliche besinnen müssen.

Die Welt, die wir kennen, wird nach der Pandemie eine andere sein. Die Menschen gehen besonnener miteinander um, denn die Krise hat uns alle getroffen. In jedem Bereich. In jeder Lebenssituation. Wir werden besser auf uns, unsere Mitmenschen und unsere Umwelt achten.

2021 steht an und was erwarte ich vom neuen Jahr? Die aktuelle Zeit ist eine große Herausforderung, für uns alle und überall. Ich persönlich glaube, das Wichtigste, was wir lernen müssen, ist respektvoller mit unseren Mitmenschen, als auch mit der aktuellen Situation umzugehen. Dadurch ist eine Besserung in Sicht und somit können wir schneller wieder zur Normalität zurückkehren. Dies ist jedoch eine große Aufgabe für alle von uns. Eines ist jedoch klar: die Welt, die wir kennen, wird auch 2021 eine andere sein.

Thomas Rath, Modeunternehmer, Designer und Moderator, Düsseldorf

 

Thomas Rath // © vvg

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