Direkt zum Inhalt
Queeres Netzwerk // © Archiv

Queeres Netzwerk NRW „Gemeinsam lässt sich mehr erreichen“

km - 04.08.2021 - 10:00 Uhr

Das Queere Netzwerk NRW setzt sich für eine vielfältige Gesellschaft und das selbstbestimmte Leben von Geschlechtsidentität, sexueller und romantischer Orientierung ein. 1991 wurde es als Schwules Netzwerk NRW gegründet. Weiterhin sind schwule Organisationen wichtig und prägend, doch sind inzwischen viele weitere Identitäten und Perspektiven im Netzwerk engagiert. Am 26.9.2020 wurde daher aus dem Schwulen Netzwerk NRW per Beschluss der Mitgliederversammlung das Queere Netzwerk. SCHWULISSIMO hat mit dem Vorstand Neofitos Argiropoulos gesprochen.

Wofür steht das Queere Netzwerk NRW und was gehört zum Aufgaben- bzw. Dienstleistungsgebiet?
Das Queere Netzwerk ist als Dach- und Fachverband für LGBTI* gedacht. Wir haben uns in einem mehrjährigen Prozess vom Schwulen Netzwerk zum Queeren Netzwerk entwickelt und damit ein Zeichen für das gesetzt, wofür wir seit 30 Jahren stehen: Solidarität und gemeinsame politische Arbeit, heute für mehr Teile der queeren Communities als je zuvor.

Wir stärken die Selbsthilfe und beraten Gruppen und Vereine bei der Gründung und der Finanzierung.

Darüber hinaus stellen wir im Rahmen unserer Öffentlichkeitsarbeit Infomaterialien wie Flyer, Broschüren und Berichte bereit und sind in Fachmedien präsent. Zudem veröffentlicht das Queere Netzwerk NRW seit vielen Jahren die Fachpublikation “Alltagswelten – Expert*innenwelten,“ z.B. zu schwul-lesbischem Leben nach 1945 oder zur Suizidalität von trans*-Jugendlichen.

Darüber hinaus führen wir queerpolitische Veranstaltungen wie unseren Neujahrsempfang und – gemeinsam mit der Aidshilfe NRW – den CSD-Empfang zum colognepride durch, wo auch die Kompassnadel, der Preis für queeres Engagement, verliehen wird. Und last but not least: Das ganze Jahr über sind wir politisch für die Belange unserer Communities aktiv.

Dieses Jahr ist das Queere Netzwerk 30 Jahre geworden. Was hat man in diesen dreißig Jahren mitgenommen?
In unserer Rolle als Dachverband haben wir gelernt, dass es unbedingt notwendig ist, einen kontinuierlichen und entschlossenen Austausch mit Politiker*innen aller demokratischen Parteien zu pflegen, um für queere Rechte und Strukturen in NRW einzustehen. Gleichzeitig ist es wichtig, Vereine auf lokaler Ebene zu unterstützen, zu vernetzen und ihnen eine starke Stimme zu geben. Und klar: Am Ende geht es auch immer um Qualität, die Glaubwürdigkeit schafft. Also einfach eine gute Arbeit zu machen.

Mittlerweile arbeiten in der Geschäftsstelle fast 20 Mitarbeitende und es ist uns gelungen, insgesamt sechs Fachstellen aufzubauen, die Selbsthilfe unterstützen oder in die Mehrheitsgesellschaft wirken: Das sind SCHLAU NRW, die Queere Jugend, #MehrAlsQueer, die Landeskoordination Trans*, die Landeskoordination Inter* und die Regenbogenfamilien in NRW.

Und was wir ganz sicher auch gelernt haben: Gemeinsam lässt sich mehr erreichen. Wir pflegen gute Kooperationen zu den anderen Landesverbänden in NRW und vernetzen uns mittlerweile auch auf Bundesebene. Wir wünschen uns hier noch viel mehr ein gemeinsames Vorgehen, das Bündeln von Kräften.  

Was sind die Ziele für die kommenden dreißig Jahre und wie könnten diese Ziele konkret erreicht werden?
Naja, dass was aufgebaut wurde, muss gesichert und an vielen Stellen auch ausgebaut werden. Auch wenn sich sechs Fachstellen schon ganz gut anhört: Als queere Communities sind wir doch erst dabei unsere Mindeststrukturen aufzubauen, die den Anfragen und Bedarfen überhaupt gerecht werden.

Dann müssen wir endlich zu flächendeckenden Angeboten kommen, es kann nicht sein, dass queere Menschen viele Kilometer fahren müssen, um ein Jugendzentrum, eine Selbsthilfegruppe oder eine Beratung zu erreichen. Also das Thema ländlicher Raum gehört ganz oben auf die Agenda.

Das große Thema der nächsten Jahre wird nach Ansicht des Queeren Netzwerks die Sensibilisierung von Regelstrukturen sein. Viele Organisationen und Institutionen machen sich auf den Weg zu queerfreundlichen Orten. Dabei entstehen viele Fragen und ich bin überzeugt, dass wir bei einer erfolgreichen Umsetzung unterstützen können.

Schließlich geht es auch in den queeren Strukturen darum, dass wir selbst besser mit Vielfalt umgehen, mehr Perspektiven und Menschen einbinden, uns noch stärker für Themen wie Herkunft, Behinderung, Alter usw. öffnen.

Das Netzwerk steht für Sichtbarkeit. Wie wird diese erreicht und wie sieht die genau aus?
Vernetzung und Sichtbarkeit schaffen wir z.B. über unseren jährlichen CSD-Empfang, der dieses Jahr hybrid stattfindet. In diesem Rahmen verleihen wir auch die Kompassnadel, dieses Jahr an #ActOut für ihr starkes Engagement für die Sichtbarkeit queerer Menschen.

Weitere Beispiele für mehr Sichtbarkeit, vor allem in Regelstrukturen, ist die gerade bei uns neu entstehende Stelle für trans*-Themen in der stationären Jugendhilfe, oder auch das Projekt LSBTIAQ* inklusiv, in dem wir uns für Stärkung von queeren Menschen mit Behinderung einsetzen – auch durch mehr Sichtbarkeit innerhalb der Angebote der sogenannten Behindertenhilfe.

Wie kann man eure Arbeit unterstützen?
Da gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, so dass jeder seinen Beitrag leisten kann. Von der Mitgliedschaft über ehrenamtliches Engagement bis hin zu Spenden und Firmenkooperationen. Seit unserer letzten Satzungsänderung ist es noch einfacher geworden, als Gruppe oder Initiative, die zu queeren Themen tätig ist, Mitglied unseres Netzwerks zu werden: Man braucht nun nämlich keine Vereinsform mehr dazu, wie es früher der Fall war. So wollen wir auch jungen Initiativen und gerade den Teilen der Community, deren Strukturen noch im Wachsen begriffen sind, die Möglichkeit geben, mit uns gemeinsam queeres Leben in NRW voranzubringen. Auch als Einzelperson kann man in unserem Netzwerk Mitglied werden – nämlich über eine Fördermitgliedschaft. So oder so: Wir freuen uns.

Weitere Information unter: https://queeres-netzwerk.nrw

Auch Interessant

Im Interview

Diego Breittmayer

Der in Chile geborene Künstler kam vor 10 Jahren nach Deutschland. Hier konnte er endlich seinen Lebens-Traum verwirklichen, von Kunst zu leben.
Horst und Manuel

Pärchen April 2024

Dieses Paar fand sich auf Anhieb eigentlich nicht so toll und ist inzwischen das perfekte Traum-Familien-Glück samt harmonischem Landleben.
Mario Adrion

Ein neues Bild von Männlichkeit

Wer Mario Adrion noch nicht kennt, hat etwas verpasst – das deutsche Multitalent macht seit einigen Jahren Karriere in den USA.
Ausgequetscht

Niklas Jandusch

arbeitet als Chef-Steward und wurde auf einem Flug von Heidi Klum angesprochen, ob er nicht bei der neuen Staffel von >Germany‘s Next Topmodel< ...
Dennis und Kevin

Pärchen März 2024

Kein Feuerwerk konnte so strahlen wie die Augen dieser beiden: Denn an Silvester funkte es gewaltig zwischen ihnen.
Ausgequetscht

Aaron Knappstein

ist Mitbegründer und derzeitiger Präsident des jüdischen Karnevalsvereins „Kölsche Kippa Köpp vun 2017 e.V.“
Fynn und Polo

Pärchen Februar 2024

Dieses Paar beweist: Liebe kennt keine (Landes-)Grenzen und keine Sprachbarrieren ...