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Die glückliche Regenbogenfamilie
Rubrik

Regenbogenfamilie Kahl „Wir sind eine ganz normale Familie.“

km - 05.09.2020 - 10:00 Uhr

Christian und Marcel sind beide 40 Jahre jung und leben mit ihren fünfjährigen Zwillingssöhnen in Nordhessen bei Kassel. Sie sind bereits 20 Jahre zusammen: Zwölf davon verpartnert, seit fünf Jahren stolze Eltern und zwei Jahre verheiratet. Marcel im Interview mit SCHWULISSIMO.

 

Was sollte politisch in Deutschland getan werden, wenn es um das Thema „Regenbogenfamilie“ geht?
Nach unserem Empfinden sind wir auf einem guten Weg. Homosexuelle dürfen heute adoptieren oder Pflegeeltern sein. Wir persönlich haben das Gefühl, dass viele der Thematik gegenüber auch sehr aufgeschlossen sind. Bürokratie haben wir in Deutschland auch überall. Wir geben aber zu: In unserem Fall war es schon sehr kräftezehrend. Wir haben uns viel damit beschäftigt und Behörden kennengelernt, von denen wir gar nicht wussten, dass es diese überhaupt gibt. Es ist aber gut und absolut richtig, dass man die zukünftigen Eltern durchleuchtet und schaut, ob diese wirklich geeignet sind!

Ihr habt Euch für eine Leihmutterschaft im Ausland entschieden. Wie ist das gesetzlich in Deutschland geregelt?
Leihmutterschaft ist in Deutschland verboten.
Zuerst war ich alleinig als leiblicher Papa überall eingetragen. Christian war nach der Geburt aber auch als Vater bei den deutschen Behörden hinterlegt. Nach drei Gerichtsverhandlungen und einer Adoption der Jungs durch Christian wird er nun auch überall ganz offiziell als Vater stehen. Das war und ist uns sehr wichtig, da wir uns alle gegenseitig absichern „müssen“. Ganz besonders unsere Jungs.

Würdet ihr es mit der jetzigen Erfahrung wieder so machen? Und würdet ihr die Leihmutterschaft im Ausland anderen homosexuellen Paaren empfehlen?
Es war ein langer und sehr emotionaler Weg. Es war aber auch das Beste, was wir je gemacht haben – also ja! Wir sind so wahnsinnig gerne Eltern unserer wundervollen Zwillinge.
Man muss sich aber verdeutlichen, dass die ganze Geschichte nicht einfach ist. Wenn man sich entscheidet, den Weg der Leihmutterschaft zu gehen, dann würden wir als Land die USA empfehlen. Dort ist es relativ unkompliziert. Jedoch gibt es auch viele Kinder in Deutschland, die auf liebende Adoptionseltern warten.

Bücherprojekt soll für mehr Normalität für Regenbogenfamilien sorgen

Ihr wollt mit Offenheit und Engagement für mehr Akzeptanz sorgen und die längst überholte Definition von Normalität erweitern. Habt ihr das Gefühl, ihr kommt gut damit voran?
Ja. In unserem Dorf mit circa 15.000 Einwohnern werden wir gut angenommen und integriert. Wir leben so gerne hier. Wir denken aber, dass man stets weiter daran arbeiten kann. Jeder, der mit uns in Kontakt kommt, merkt, dass wir eine ganz normale Familie sind. Wir alle haben die gleichen Themen oder Probleme zuhause.

Auf Instagram postest du als „Regenbogenpapi“ aus deinem Familienalltag. Viele Eltern machen ihre Kinder auf Instagram unkenntlich. Wie stehst du zu dieser Thematik?
Auf meiner Instagram-Seite „Regenbogenpapi“ zeige ich, wie wir uns mit unseren Kindern beschäftigen. Ich bastle, male, experimentiere, koche und backe gerne mit ihnen. Wir empfehlen aber auch Bücher oder Ausflugsziele für Familien mit Kindern. Wir geben Einblicke in unsere Regenbogenfamilie, um anderen Mut zu machen. Nachdem wir von Zeitungen und Fernsehen angesprochen wurden, haben wir gesagt, dass wir nicht im Schatten leben und jährlich auf dem CSD demonstrieren können. Das passt nicht zusammen. Jeder geht anders damit um. Wir sahen es am Anfang auch ziemlich kritisch. Heute finden wir, dass es gelegentlich okay ist.

Du hast ein Kinderbuch-Projekt gestartet. Was hat es damit auf sich?
Wir haben zuhause Bücher die davon erzählen, dass ein Kind zwei Papas hat. Zum Beispiel „Zwei Papas für Tango“ oder „Raffi und sein pinkes Tutu“. Diese vermitteln, dass es okay ist „anders“ zu sein. Eine unserer Erzieherinnen hatte uns ein Buch dieser Art geliehen, das ich noch nicht kannte. Als Gesamtelternbeirat von sieben Kitas wollte ich daraufhin gerne all unsere Kindergärten mit diesen Büchern ausstatten.
Also habe ich auch bei unserem Regenbogenbrunch in Kassel nachgefragt, welche Bücher dort mit den Kindern gelesen werden. Ich kam ganz schnell auf zehn Bücher, die ich weitergeben wollte.

Darunter waren Bücher, die von zwei Mamas/Papas, von Adoptiv-, Pflege- oder Patchworkfamilien erzählten. Außerdem Bücher, in denen es Protagonisten mit anderer Hautfarbe gibt, Mama einen neuen Mann hat oder Oma und Enkelkind eine Familie sind. Ist das Modell „Mutter, Vater, Kind“ überhaupt noch so aktuell?
Nachdem ich das Projekt gestartet hatte, zog es schnell seine Kreise. Bekannte Gesichter aus dem Fernsehen teilten mein Projekt in ihrer Instagram-Story, ein anonymer Politiker spendete mehrere Bücher von meiner Liste, und das angelegte Crowdfunding wuchs enorm. Es bleibt also weiterhin spannend!

Warum glaubst du, dass Bücher das richtige Medium sind?
Wir sind der Meinung, dass Kinder es lieben, wenn man ihnen etwas vorliest. Auch die Illustrationen in den Büchern finden sie spannend. Durch das Vorlesen einer Geschichte geht man ganz beiläufig und offen mit den verschiedensten Themen um. 

Das Crowdfunding-Projekt gibt es hier.

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