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Sascha Heyna Im Interview

vvg - 25.09.2020 - 09:00 Uhr

Du hast als Journalist schon Lagerfeld, Madonna, Bowie und Cindy Crawford interviewt. Wolltest du jetzt selber gerne ein Promi sein?
Ich war nie jemand, der Autogramme gesammelt hat. Mir ging es immer nur darum, interessante Menschen zu treffen. Ob ich selber Promi werden wollte oder das überhaupt bin, weiß ich nicht. Aber ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich nie bekannt werden wollte. Das sieht man schon an meiner Berufswahl.

Ab wann ist man prominent?
Ein Prominenter war für mich immer ein Mensch, der durch seine Leistung bekannt ist und ein Vorbild sein kann. Heutzutage wird man ja schon prominent, wenn man eine große Oberweite hat oder sich in einer Realityshow entsprechend auffällig präsentiert.

Du hast als Radiomoderator und als Redakteur für die TV-Talk-Show Andreas Türck gearbeitet. Danach hast du 20 Jahre beim Shoppingsender QVC moderiert. Warum bist du vom „seriösen“ Journalismus zum Shopping-TV gewechselt?
Ich habe tatsächlich als Paris-Korrespondent für das deutsche und britische Fernsehen berichtet, bin dann aus finanziellen Gründen wieder nach Deutschland gekommen und habe mich dem Boulevard gewidmet.

Als ich merkte, dass das Genre Talk-Show auf dem absteigenden Ast war, wollte ich zur Überbrückung bei QVC für ein halbes Jahr arbeiten. Dass daraus fast 20 Jahre wurden, war nicht geplant.

Warum hast du deine musikalische Ader so spät entdeckt und brauchtest du wirklich den Zuspruch von Isabel Varell?
Ich bin mit Schlager und Volksmusik aufgewachsen, war immer schlageraffin und habe meine erste Ausbildung bei einem Schlagersender gemacht. Irgendwann hatte ich mir mal vorgenommen, im Leben einen Baum zu pflanzen, ein Buch zu schreiben und…? Ach ja, eine CD zu machen. Isabell und ich trafen uns bei einem Event, nahmen uns eine Flasche Schampus und philosophierten über Träume. Sie ermutigte mich, dass meine Chancen gut stünden, da ich schon Schlagerfans als Zielgruppe hätte und sagte: „Probiere es einfach! Wenn es nicht funktioniert, hast du eben einen Traum gehabt, der nicht funktioniert.“ Dann kamen meine ersten Schritte. Ich halte mich aber nicht für einen großen Sänger. Ich bin eher das Unterhaltungspaket, das gute Laune macht.

Im August warst du einer von achtzehn Mitbewohnern beim Promi Big Brother (nachfolgend PBB). Warum hast du dich gleich zu Anfang geoutet?
Ich lebe seit Jahren schwul. Mein Freundes-, Kollegen- und Bekanntenkreis wusste Bescheid, nur öffentlich habe ich es nie kundgetan. Es gab zwar Gerüchte, die habe ich aber nie kommentiert. Bei PBB war mir klar, dass die Frage kommen wird. Bei der Begrüßung fragte Emmi direkt, und als Udo mich dann in einer emotional schwachen Phase erwischte, ist es einfach so passiert.

Wie lebt es sich ungeoutet in der Öffentlichkeit?
Ich habe nie unter dem fehlenden öffentlichen Outing gelitten oder mich in irgendeiner Weise eingeengt gefühlt.


Wie war die Resonanz deiner Fans aus der Schlager- und Fernsehszene?
Als ich aus der Sendung kam, war ich von den Reaktionen überwältigt. Ich habe nie mit einer so gewaltigen Resonanz gerechnet: Über 3000 positive Mails haben mich nach PBB erreicht.

Nur QVC zeigte sich „enttäuscht und erschüttert“.
Ich war erstaunt, wie dies bei QVC ankam und dass sie meinen, in der Sendung verwendeten, Begriff „konservatives Genre“ so für sich vereinnahmt haben. Ich arbeite in mehreren Branchen, nicht nur im TV. Ich besitze mit meinem Partner zwei Pflegefirmen und singe Schlager. Die Reaktion von QVC fand ich total übertrieben und man hätte damit auch nicht zur Bildzeitung gehen müssen.

Wie fühlst du dich heute damit?
Wenn ich mit meinem Outing auch nur einer einzigen Person geholfen habe, sich als schwul, lesbisch, trans etc. zu outen, dann habe ich etwas erreicht. Wir Großstädter dürfen nie vergessen, dass wir auf Inseln leben, die von Homophobie umspült werden. Nicht unbedingt die sichtbare, sondern eher die unterschwellige Homophobie.

Was hat dich bewogen, bei Promi Big Brother mitzumachen?
Ich wurde bereits vor zwei Jahren gefragt, ob ich Interesse hätte, daran teilzunehmen. Meine erste Reaktion war ein „Nein", weil ich die Promi-Ausgabe nur wenig kannte und sie als Inbegriff von Trash-TV empfand. Mein damaliger Agent meinte, wir sollten mit der Produktion doch zumindest mal Essen gehen. Dabei haben wir uns alle so gut verstanden, dass daraus ein Casting wurde und ich meine Meinung schließlich änderte.

Mit wem hast du dich am besten verstanden?Udo war ein großer Bezugspunkt, weil wir ein gemeinsames Humorlevel haben. Aaron steht mir wahnsinnig nahe und daraus ist tatsächlich eine Freundschaft geworden. Ich habe aber auch freundschaftlichen Kontakt zu Katy und natürlich zu Icke.

Die Community hat bei PBB nicht zusammengehalten. Katy Bähm aus „Heidi Klums Drag-Show“ hat dich nominiert, was auch Aaron sehr enttäuschte. Wie war deine Reaktion?
Als Katy, Aaron und ich einmal zusammensaßen meinte Katy, sie würde keinen von uns nominieren, damit die queere Geschichte in der Sendung weiter besteht. Aaron sagte, er lasse das so nicht stehen, denn auch ein schwules Arschloch sei ein Arschloch! Ich war schon überrascht, als mich Katy nominierte. Sie entschuldigte sich später unter Tränen, dass sie sich unter Druck gesetzt fühlte, um mit ihrer Gruppe gleichzuziehen. Ich bin aber nicht nachtragend. PBB ist ein Spiel - mehr nicht.

Sascha Heyna // © vvg

Nominierungen sahen oft feige aus. Wenn man öffentlich nominierte, kam immer der Spruch: „Nimm das nicht persönlich!“. Friede, Freude, Eierkuchen – außer Icke hat doch nie einer seine wahre Meinung gesagt?
Man kann das auch „feige“ nennen, aber ich habe wahnsinnige Angst, jemanden zu verletzen oder zu enttäuschen. Ich wusste ja auch, dass die Nominierung auf mich zukommt. Wenn man spürt, dass eine Person im Haus leidet, ist es fair, sie zu benennen, damit derjenige das Haus mit erhobenem Kopf verlassen kann. Ich habe aber weder aus taktischen noch aus strategischen Gründen nominiert.

Wen hast du anfangs falsch eingeschätzt, wer hat dich überrascht?
Icke war für mich die Wundertüte der Sendung, der sich – im Gegensatz zu seiner Kunstfigur – als liebevoller, unfassbar netter und vernünftiger Familienvater entpuppte. Auch Mischa, der tätowierte Bodybuilder, hat sich als sensibler, hilfsbereiter und sehr emotionaler Typ entpuppt. Und selbst Emmy, die in einer mir völlig fremden Welt lebt, hat mich überrascht. Bei vielen ihrer verbalen Attacken habe ich nur gedacht „Oh Gott, meine Mutter schaut zu!“. Aber wenn eine Person im Herzen liebenswert und gut ist, kriegt sie mich.

Wie reagierst du auf die Satire von Oliver Kalkofe, bei welcher du Zielscheibe seines Spotts warst?
Mich verbindet mit Oliver so eine Art Medienfreundschaft. Als er mich zu ersten Mal imitierte hatte ich Angst, dass er mich als Arschloch darstellt. Er sagte mir, dass er unterscheiden könne, wer ein Arschloch ist und wer nicht. Als ich mich von ihm dargestellt sah, habe ich mich totgelacht. Es ist ein Ritterschlag, von Oliver imitiert zu werden.

Wie geht es in Zukunft weiter?
PBB hat eine große Popularität ausgelöst, die mich überrannt hat. 20 Jahre QVC sind kein Vergleich zu drei Wochen PBB. Ich habe in der letzten Woche gefühlt 500 Selfies auf der Straße gemacht und nur positive Reaktionen erfahren.

Beruflich ist meine Schlagertournee wegen Corona auf Eis gelegt, aber es gibt nach PBB einige Anfragen in beruflichen, aber auch in karitativen Belangen. Ich hoffe, dass ich im LGBTI*- Bereich helfen kann. Wo immer man mich anfragt, werde ich, wenn es zeitlich passt, gern dabei sein.

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