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Zak Abel
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Zak Abel "Ich würde Männlichkeit gar nicht definieren"

km - 07.12.2021 - 10:00 Uhr

Der 26-jährige britische Sänger und Songwriter Zak Abel, der eigentlich Zak David Zilesnick heißt, wuchs im Nordwesten Londons auf. Begleitet von der Musik von Ray Charles, Amy Winehouse und James Brown wusste er bereits mit 14 Jahren, dass er irgendwann seine eigenen Songs schreiben wollte. Fünf Jahre später (2014) unterschrieb er bei Atlantic Records und veröffentlichte nach einigen Kollaborationen 2017 sein Debütalbum: „Only When We're Naked“. Große Aufmerksamkeit erlangte er 2020 schließlich durch den Song „Freedom“, den er für den DJ und Musikproduzenten Kygo schrieb. Dieser Track hat inzwischen allein auf Spotify schon über 79 Millionen Streams erreicht und zählt damit zu seinen bisher erfolgreichsten Kollaborationen.
Mit SCHWULISSIMO sprach Zak über seine neue Single „Less Of A Man“, mentale Gesundheit, die LGBTI*-Community, seine geplante Europatour und vieles mehr.


Was war deine Inspiration für den Song “Less Of A Man”? Hattest du Erfahrungen mit toxischer Maskulinität gemacht?
Ich wollte einen Song über Maskulinität schreiben, in dem ich zeige, dass es nicht nur einen Weg gibt, männlich zu sein. Als ich klein war, sah ich immer diese „richtigen Männer“ überall und dachte: ‚Vielleicht werde ich auch ein „richtiger Mann“, wenn ich erwachsen bin‘. Doch als ich dann älter wurde, lernte ich, dass es so etwas wie einen „richtigen Mann“ gar nicht gibt. Ich konnte mich nie mit den Idealen von Männlichkeit, die in unserer Gesellschaft herrschen, identifizieren. Aufgrund dieser Diskrepanz fühlte ich mich teilweise fehl am Platz. Daher schrieb ich diesen Song, um zu betonen, dass es okay ist, nicht in das Ideal des „richtigen Mannes“ hineinzupassen.
Ein weiterer großer Aspekt dieses Songs war außerdem, auf Suizid von Männern aufmerksam zu machen. Denn die Mehrheit der Menschen, die sich das Leben nehmen, sind männlich-gelesen. Ein Grund dafür ist, dass Männer in unserer Gesellschaft schon früh lernen, nicht über ihre Gefühle zu sprechen oder sich bloß keine Hilfe von anderen zu holen. Ich wollte betonen, dass es niemanden weniger männlich macht, wenn man in schweren Zeiten nach Hilfe fragt oder seinen Emotionen Raum gibt.

Wie würdest du einen Mann als solchen definieren? Was ist männlich?
Ich würde Männlichkeit gar nicht definieren. Ich denke nicht, dass die Art und Weise, wie wir Männer kategorisieren, irgendwas mit Geschlechtern zu tun hat. Es sollte daher auch nicht auf Geschlechter beschränkt werden. Wir sollten aufhören, in männliche oder weibliche Eigenschaften zu unterscheiden – das ist eher schädlich als nützlich.
Wenn ich jemanden beschreiben müsste, würde ich erzählen, wie die Person ist und diese nicht in „männlich“ oder „weiblich“ einordnen.

Wie können wir als Gesellschaft gegen toxische Männlichkeit kämpfen, um die mentale Gesundheit der Menschen zu verbessern?
Wir sollten Dinge normalisieren, die vorteilhaft für alle sind. Also wenn es von Vorteil ist, über seine Gefühle zu sprechen, da man so mentale Gesundheit kultiviert, sollten das eben alle Menschen tun. Es sollte bestenfalls nicht nur normalisiert, sondern auch gefördert werden – und das unabhängig von Geschlecht oder Identität.

© Aaron J Hurley
© Aaron J Hurley

Du sagtest mal in einem Interview, dass du für den Song “Be Kind” eine Liste angefertigt hast. Wie war der kreative Prozess bei “Less Of A Man”? Hast du wieder eine Liste gemacht?
(lacht) Ja! Ich liebe Listen. Es ist eine gute Möglichkeit, nichts zu vergessen und sich dann das Wichtigste auszusuchen, um es in Songs einzuarbeiten. Ich habe alles aufgeschrieben, was man nicht damit in Verbindung bringt, ‚männlich zu sein‘ – was auch immer das bedeutet. Es hat viel Spaß gemacht, diese Dinge dann im Song auszureizen. Zum Beispiel, dass man als Mann beigebracht bekommt, nicht zu weinen. Was ist also, wenn man zum kitschigsten „Frauenfilm“ heult? Es macht dich nicht weniger männlich. Im Studio war es ein bestärkender Prozess, den Song zu produzieren. Ich habe den Song mit drei anderen Männern geschrieben und wir konnten die Prämisse des Liedes sehr gut nachfühlen. Wir haben viel darüber diskutiert, warum bestimmte Dinge einen angeblich weniger männlich machen. Diese Erfahrung und auch, darüber zu sprechen, war sehr erleichternd.

War da etwas auf der Liste, das es nicht in den Song geschafft hat?
Können wir direkt mal nachschauen, ich habe die Liste noch auf meinem Smartphone. Es waren auch Dinge wie ‚eine Mani- und Pediküre bekommen‘, ‚Roll-On-Deodorant benutzen‘ (lacht), ‚keine gruseligen Filme anschauen zu können‘, ‚mehr Klamotten zu besitzen als meine Freundinnen‘ darauf – es gab jede Menge Beispiele. Aber der Song ist nur drei Minuten lang, also muss man sich das Beste raussuchen.

Eine andere Sache, bei der Menschen oft sagen, sie sei ‚unmännlich‘, ist der Verzicht auf Fleisch. Ich habe gehört, dass du seit vier Jahren Veganer bist. Macht dich das weniger männlich? Was hat dich dazu bewegt, vegan zu leben?
(lacht) Nein, nein auf keinen Fall bin ich dadurch weniger männlich. Ich hatte damals mit einem Freund, der Veganer war, darüber diskutiert und wirklich versucht, gute Argumente zu finden, um weiter tierische Produkte zu konsumieren. Aber es gibt aus moralischer Hinsicht kein Argument, das standhält. Also habe ich mich selbst hinterfragt, da meine moralischen Ansichten offensichtlich nicht mit meinen Taten zusammenpassten. Erst änderte ich meine Ernährung, dann meine verwendeten Pflege-Produkte bis hin zum späteren Verzicht auf Leder und Wolle bei Klamotten. Es war ein langer Weg und ich habe auch Fehler gemacht, aber das ist Teil der Reise. Wichtig ist, sein Tempo zu finden. Man muss nicht immer von jetzt auf gleich alles umstellen. Ich wollte Menschen beweisen, dass ich alles richtig mache und ein lupenreiner Veganer bin. Dadurch entstand ein hoher Druck an mich selbst. Heute weiß ich, dass es egal ist, was die Leute von einem denken.

© Aaron J Hurley
© Aaron J Hurley

Wie stehst du zur LGBTI*-Community?
Ich gebe mein Bestes, respektvoll zu sein und versuche die Community zu unterstützen, soweit ich kann. Die Welt sollte ein besserer Ort für alle Menschen sein – egal wen sie lieben oder wie sie sich identifizieren. Mit meinem Song „Be Kind“ habe ich unter anderem versucht, genau diese Botschaft auszudrücken. Ich habe viele negative Aussagen und Hass online gesehen, besonders gegen LGBTI*-Personen. Es war so frustrierend und traurig, dass ich mir wünschte, dass die Menschen netter zueinander sind und die Welt allein dadurch schon ein deutlich besserer Ort wäre. Außerdem ist mir auch wichtig, Menschen der Community vermehrt zuzuhören und zu lernen. Nur so kann man sich weiterentwickeln. Ich glaube, viele der Probleme, die wir momentan haben, sind nur da, weil sich die Menschen nicht die Zeit nehmen, um zuzuhören und zu lernen. Darauf sollte das Hauptaugenmerk gesetzt werden.

„Less of a Man“ ist aber auch ein guter Song für die Gay-Community, da schwulen Männern oft abgesprochen wird, dass sie „echte“ Männer sind.
Danke dir für das Feedback, dass weiß ich zu schätzen. Ein sehr guter Freund von mir ist schwul und sagte zu mir, dass es ein wichtiger Song für ihn war. Als schwuler Mann hört er leider häufiger, dass das Schwul-Sein ihn weniger männlich macht. Solche Aussagen haben absolut gar nichts mit der Wahrheit zu tun und ich bin froh, dass der Song das in die Welt trägt.

Du sagtest mal, dass es dein Traum ist, einen Grammy zu gewinnen und mit deiner Musik die Welt zu bereisen. Planst du eine Welt-Tournee für das kommende Jahr?
Keine Welt-Tournee, aber im April 2022 soll meine Europa-Tour starten.

War es schwierig, Locations für die Auftritte zu buchen, weil gefühlt alles aus den letzten Jahren 2022 stattfinden soll?
Ja, und einen Tourbus zu bekommen ist auch nicht so einfach. Das wird noch spannend werden. (lacht)

Planst du zu der Tour auch eine Veröffentlichung eines neuen Albums?
Ja, ich bin fast fertig mit meinem neuen Album und bin sehr stolz auf das, was ich bisher habe.

Wie kreierst du Alben? Hast du einen „Vibe“, ein Thema oder Motto?
Ich habe noch nie ein Album angefangen und mir von vornerein gedacht „dieses Album wird über dieses oder jenes sein“. Stattdessen habe ich eine Grundidee, weiß, was ich mit einzelnen Songs ausdrücken möchte und was ich mir gerade wichtig zu kommunizieren ist. Nachdem ich dann mehrere Songs produziert habe, fällt mir oft auf, dass diese Songs ein ähnliches Thema haben. Das findet sich dann im Titel wieder – und so ergibt sich ein schlüssiges Album.

Was liebst du daran, Musiker zu sein?
Ich liebe viele Dinge. Erstens, dass ich das Privileg habe, mich immer wieder selbst auszudrücken, das ist ja mein Job. Dafür bin ich sehr dankbar. Zweitens genieße ich es, live zu spielen und dabei direktes Feedback zu bekommen. Und drittens kann ich reisen und andere Kulturen kennenlernen. Zum Beispiel war ich schon in Korea, Indonesien und Malaysia, aber auch in Deutschland – und dies sind noch mal völlig andere Erfahrungen für mich. Das ist eine wundervolle Art, das Leben zu leben.

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