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Christian Giebel (links) und Michael Rack (rechts) // © js

Lust aufs Leben im Alter Dietrich, wollen wir Buddies sein?

js - 24.10.2018 - 07:00 Uhr

Um ältere Schwule, die sich zurückgezogen haben wieder ins Gay-Life zurückzuholen, etabliert die AIDS-Hilfe Hamburg ein neues Projekt namens „Dietrich“. Wir haben uns das Projekt einmal genauer erklären lassen und deshalb mit Christian Giebel und Michael Rack von der AIDS-Hilfe Hamburg gesprochen.

Was ist das Projekt „Dietrich“ und was bedeutet der Name?

Christian: Man versucht ja immer, irgendwas Projektbezogenes als Namen zu finden, der dann aber auch irgendwie kreativ sein soll. So haben wir in einem wirklich längeren Prozess überlegt, was so ein Name, sein könnte, der aber auch alles ausdrückt, was wir mit dem Projekt sagen wollen. Und „Dietrich“ ist ein alter, deutscher Männer-Name. Unsere erste Idee dazu war Marlene Dietrich. Ein Dietrich ist außerdem ein Schlüssel, der jede Tür öffnen kann und das versuchen wir mit dem Projekt zu vermitteln. Einsamkeit ist kein schönes Wort, welches wir in diesem Zusammenhang auch nicht wirklich benutzen wollen, aber wir wollen versuchen den älteren schwulen Mann in das Gay-Life zurückzuholen. Ihm wieder ein soziales Leben ermöglichen. Wobei wir das Alter an dieser Stelle hier nicht klar definieren. Je nach den Bedürfnissen, der Person, die uns gerade anfragt, versuchen wir das zu ermöglichen.
Michael: Viele ältere Schwule haben sich aus dem Leben zurückgezogen und sind nicht mehr aktiv. Wir haben schon ein ähnliches Projekt seit vielen Jahren. Das „Buddy“ Projekt für Menschen mit HIV. „Dietrich“ ist daran angelehnt, jedoch für Menschen mit und ohne HIV gedacht. Erst einmal wird es ein Einzelkontakt mit einem Ehrenamtlichen geben, der zur Verfügung steht und jemandem, der das Angebot nutzen möchte. Ich bin für das Zusammenbringen der beiden zuständig. Wir schauen, wo genau die Bedürfnisse dieser Person liegen und welcher Ehrenamtliche*r dies dann anbietet. Beziehungsweise schauen wir natürlich auch, worauf die ehrenamtliche Person Lust hat, ihnen muss es ja schließlich auch Spaß machen. Wenn jemand zum Beispiel gerne die Oper besucht und der Ehrenamtliche sich dafür gar nicht begeistern kann, dann macht diese Konstellation eher weniger Sinn. Wenn die Chemie stimmt, dann können die beiden loslegen und nach drei Monaten haben wir wieder ein Gespräch zu dritt und holen uns Feedback ein.
Christian: Es geht hierbei aber nicht um diese großen dramatischen Dinge, wie „ich kann nicht mehr allein einkaufen“. Es geht eher um die kleinen Dinge des Alltags: An die Alster gehen, Spazieren, Schwäne gucken, an die Ostsee fahren oder in die Oper gehen. Der HIV-Status der Person ist uns völlig egal. Es geht eher um Freundschaft.

Wenn die Sympathie nicht stimmen sollte, dann ändert ihr die Konstellation nochmal?

Michael: Genau, manchmal ist es von Anfang an klar, dass es nicht passt. Wenn sich das erst später herausstellen sollte, dann gibt es immer das Angebot, dass beide mich kontaktieren können. Zusätzlich haben die Ehrenamtlichen eine Supervision von mir oder einem Kollegen, wo sie sich dann in der Gruppe mit anderen Ehrenamtlern austauschen können. Wenn akut, etwas sein sollte, können sie mich jederzeit ansprechen und müssen nicht auf das nächste Treffen warten.

Wo seht ihr allgemein die Problematik der Einsamkeit im Alter?

Christian: Ich glaube, Einsamkeit ist erstmal ein grundsätzliches Problem. Und bei schwulen Männern vielleicht aufgrund der nicht so heteronormativen Lebensweise, die sie haben. Die Zeit dreht sich schneller, auch in Community-Kreisen. Wer mit Instagram nichts anfangen kann, ist als schwuler Mann schon mal raus. Das Leben des schwulen Mannes hat sich in den letzten zehn oder zwanzig Jahren einfach massiv verändert. Man wird älter und kann auch nicht mehr alles machen, Freunde sind vielleicht schon gestorben. Bei allen Teilnehmern unseres Projekts spielt das Alter keine Rolle, der Ehrenamtliche kann ein 20-Jähriger, ein 60-Jähriger oder auch eine Gabi sein.
Michael: Vieles ist in der Szene außerdem sexualisiert, GayRomeo oder wie sie alle heißen. Da fallen viele eben raus. Oft ist es eben ein Split der Generationen. Jüngere haben ihre Bereiche und Ältere haben ihre Bereiche. Da gibt es wenig Überschneidungen. Mit unserem Projekt bringen wir Jung und Alt zusammen. Der Jüngere hat wahrscheinlich auch etwas davon, wenn der Ältere Geschichten erzählt, zu einem Zeitpunkt, wo man noch nicht einmal geboren war. Es ist auch ganz klar, dass es bei diesem Projekt nicht um Sex geht. Wir sind keine Dating-Vermittlungsagentur und kein Escort-Service.

Ab wann startet das Projekt „Dietrich“?

Michael: Also, aktuell sind wir noch dabei den Flyer in der Endphase zu produzieren. Der soll dann am 1. Dezember, also am Welt-Aids-Tag ausliegen. Dann hoffen wir, dass das Projekt gut angenommen wird. Und ab dann kann es losgehen.
Christian: Es wird leichter sein, Menschen auf ehrenamtlicher Basis zu akquirieren, als den älteren, schwulen Mann im Hamburger Umland zu erreichen.
 

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