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Gedenken zum Welt-Aids-Tag // © Too-Ibrahim

Welt-Aids-Tag Wo stehen wir und wo geht die Reise hin?

id - 01.12.2020 - 08:00 Uhr

Auch wenn in diesem Jahr ein gänzlich anderer Virus die Welt beherrscht, sollte nicht vergessen werden, dass es auch noch andere Viren gibt, die tödliche Verläufe mit sich bringen können. Einer von ihnen ist dabei der HI-Virus. Darum sollte man gerade in diesem ungewöhnlichen Jahr die Gelegenheit nutzen, sich anlässlich des Welt-Aids-Tages am 01. Dezember zu engagieren.

Doch wie sieht die Lage derzeit überhaupt aus? Weltweit gesehen stimmen aktuelle Zahlen durchaus positiv:

Neuesten Studien zufolge wurden die AIDS-bedingten Todesfälle seit dem Höhepunkt im Jahr 2004 um rund 60% reduziert. In Zahlen bedeutet dies beispielsweise, dass die Anzahl der Verstorbenen von 1,7 Millionen im Jahr 2004 und 1,1 Millionen Menschen im Jahr 2010 auf nunmehr rund 690.000 im Jahr gesunken ist.

Doch leider sorgt COVID-19 für einen kleinen Rückschlag, denn es macht sich hier in verschiedenster Weise bemerkbar. Eine aktuelle Analyse von UNAIDS hat die möglichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen auf die Versorgung mit antiretroviralen Generika zur Behandlung von HIV aufgezeigt. Dabei führten vor allem Grenzschließungen dazu, dass sich die Corona-Pandemie sowohl auf die Herstellung als auch auf den Vertrieb von Arzneimitteln ausgewirkt hat. Das führte vielerorts zudem zu Engpässen bei der Versorgung und zugleich zu einer Steigerung der Kosten. So wurde beispielsweise geschätzt, dass die Endkosten für exportierte antiretrovirale Arzneimittel aus Indien in Zukunft zwischen 10% und 25% über den normalen Preisen liegen könnten.

Eine weitere Folge könnte sein, dass eine sechsmonatige vollständige Unterbrechung der HIV-Behandlung zu mehr als 500 000 zusätzlichen Todesfällen aufgrund von AIDS-Erkrankungen führen könnte.

Hand mit "Red Ribbon" // © Chinnapong

In den Industrienationen kommt man dabei sicher noch recht glimpflich davon. Was die unterschiedlichen Therapien bewirken können, zeigt beispielsweise eine aktuelle Untersuchung aus Großbritannien. Die britische Gesundheitsorganisation „Public Health England“ hat vor Kurzem einen aktuellen Bericht veröffentlicht: Die Organisation spricht von einem Rückgang von HIV-Neuinfektionen bei Männern, die Sex mit Männern haben (kurz: MSM) um rund 47 % seit dem Jahr 2004. Regelmäßige HIV-Tests und die gute Akzeptanz von PrEP unter denjenigen, die das höchste HIV-Risiko haben, sind besonders wichtig, um HIV-Übertragungen bis 2030 generell zu beenden. Dieses wird vor allem auch auf die Pre-Expositions-Prophylaxe, kurz PrEP, zurückgeführt, die mit regelmäßigeren Untersuchungen der Patienten einhergeht. Für Deutschland ist es noch zu früh, Aussagen treffen zu können, da hierzulande die PrEP erst seit September 2019 zugelassen ist und von den Krankenkassen übernommen wird. Man kann aber sicherlich davon ausgehen, dass sich die Zahlen in ein bis zwei Jahren auch in Deutschland verändern werden.

Auch in Verbindung mit den mittlerweile auch in Deutschland zugelassenen HIV-Schnelltests ergibt sich ein zunehmend positiveres Bild. So sind die Möglichkeiten, eine HIV-Infektion frühzeitig zu erkennen, dadurch deutlich gestiegen. Dies bedeutet im Weiteren, dass hier mit einer frühzeitigen Therapie begonnen werden kann. Letztendlich kann das sogar dazu führen, dass es zu einer der Säulen der Verhütung von Neuansteckungen wird – nämlich durch „Schutz durch Therapie“, also dem Sinken der Viruskonzentration unter die Nachweisgrenze.  

Solidarität mit Menschen mit HIV & AIDS // © Vasyl Dolmatov

Nichtsdestotrotz gibt es auch hierzulande immer noch Baustellen, an denen gearbeitet werden muss. Beispiel Diskriminierung:

Obwohl HIV-positive Menschen bei rechtzeitiger Behandlung eine fast normale Lebenserwartung haben und leben können wie alle anderen Menschen, müssen sie oft immer noch mit Ablehnung oder Benachteiligung rechnen. Bei der Studie „positive stimmen“ gaben mehr als drei Viertel (77 Prozent) der Befragten an, sie hätten im Jahr vor der Befragung Diskriminierung erlebt – von Tratsch über Beleidigungen bis hin zu tätlichen Angriffen.

Erstaunlich dabei: Vor allem im Gesundheitswesen scheinen noch viele Vorurteile zu herrschen. Rund 20 Prozent der Befragten wurden im Jahr vor der Befragung aufgrund von HIV eine medizinische Behandlung verweigert. Sie erhielten zum Beispiel keinen Termin beim Zahnarzt. Oft wird Menschen mit HIV auch nur der letzte Termin des Tages angeboten, weil Ärztinnen, Ärzte sowie Praxispersonal fälschlich davon ausgehen, dass danach besondere Reinigungsmaßnahmen notwendig seien. Noch immer berichten HIV-Positive von überzogenen Vorsichtsmaßnahmen: Der Röntgenarzt trage plötzlich Handschuhe, oder man bekommt beim Krankenhausaufenthalt eine eigene Toilette zugewiesen. Nicht selten kommt es auch zum Bruch der Schweigepflicht: In vielen Krankenhäusern werden noch immer Patientenakten gekennzeichnet – oft sichtbar für Dritte. All das, obwohl die normalen Hygienemaßnahmen völlig ausreichen.
Auch im Arbeitsleben kommt es immer wieder zu Schwierigkeiten. Manche Arbeitgeber fordern nach wie vor HIV-Tests, obwohl es dafür keinen plausiblen Grund gibt – so zum Beispiel einige Unternehmen im Gesundheitswesen und in der Luftfahrt. Oft herrscht auch die veraltete und falsche Vorstellung, dass HIV-positive Menschen weniger leistungsfähig oder häufiger krank wären.

Das sind Probleme, die es sich zu bekämpfen lohnt. Und dafür ist der alljährliche Welt-Aids-Tag doch eine gute Möglichkeit. Hier kann man sich in vielfältiger Art und Weise einbringen: Man geht zu Candle Light Walks, um seine Solidarität zu zeigen, man ersteht die sogenannten AIDS-Teddys, um die Arbeit der Aidshilfe-Organisationen zu unterstützen oder man wird ehrenamtlich bei ebendiesen tätig – gerade in einer Zeit, in der vielen Organisationen die Spendengelder weggebrochen sind. Einmal mehr kann man jetzt zeigen, dass einem Menschen mit HIV und AIDS nicht egal sind!

Mehr Infos:
www.welt-aids-tag.de

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