Apropos Leben Gefühltes Tagebuch: Der Klügere gibt an
Unser Alien forscht weiter: „Bei meinen Erkundungen hier auf Erden bin ich auf eine interessante Studie aufmerksam geworden. Wissenschaftler haben wohl einen Zusammenhang zwischen Intelligenz und sexueller Attraktivität entdeckt. Grundlage war die Auswertung der Spermienqualität verschiedener Männer. Diese war höher, je klüger die jeweilige Person war. Für die Studie wurden Männer jüngeren Alters getestet. Der Begriff „Sapiosexualität“ wird mittlerweile teilweise für die Annahme verwendet, dass kluge Menschen sexuell erfolgreicher sind, weil sie Zusammenhänge besser begreifen und dadurch auch besser planen können. Tiefer greifende Studien dazu sind mir nicht bekannt.“
Klug, klüger, obergeil. Ob diese Annahme stimmt? Zunächst mal eine Frage hinsichtlich der Begriffe: Was ist klug, was ist intelligent? Bei näherer Betrachtung sind sich diese Worte in ihrer Bedeutung ziemlich ähnlich. Klug ist jemand, der Zusammenhänge schnell erfassen kann und dies vorteilhaft zu nutzen weiß. Das vorhandene Wissen wird optimal eingesetzt. Intelligenz ist die Fähigkeit, komplexe Aufgaben zu lösen. Intelligenz wird dadurch auch messbar. Klugheit und Intelligenz sind dabei keine moralischen Begriffe, diese Eigenschaften können also nicht als gut oder böse eingestuft werden. Emotionale Intelligenz, also empathisches Einfühlungsvermögen, ist nicht wirklich messbar. Smart und schlau bewegen sich auf einem anderen Level, hier spielen Intuition und Lebenserfahrung eine größere Rolle. Man kann natürlich auch lebensklug sein.
Intelligenz hat mit Bildung nicht viel zu tun. Aber Wissen hilft dabei, aus intelligenten Menschen kluge Menschen zu machen. Ist „klug“ jetzt wirklich sexy? Aus persönlicher Erfahrung denke ich, dass kluge Menschen auch anstrengend sein können. Denn geistige Überlegenheit kann sich uncharmant bemerkbar machen: Lange Monologe, Hochmut oder Ignoranz gegenüber der Meinung anderer sind manchmal die Folge. Sexy wäre allerdings, wenn mit Klugheit auch Bescheidenheit einherginge. Aber das ist in Zeiten von flächendeckender Selbstdarstellung und Ego-Marketing vielleicht zu viel verlangt. Außerdem kann Klugheit, wie alle positiven Eigenschaften, auch Neid hervorrufen. Wer zwischen akademischer Bildung und Klugheit nicht so genau unterscheidet, der landet schnell bei der Eliten-Diskussion. Und damit auch bei dem Zugang zu Aufstiegsressourcen und deren Netzwerken. Die Abwendung von Herrschaftseliten, die Brandmarkung von Medien als Helfershelfer der Mächtigen und die Ablehnung rationaler Erklärungen in jedwedem Zusammenhang sind allerdings nicht nur sozial begründete Erscheinungen. Mir fällt dabei auch die „Dialektik der Aufklärung“ ein. Die These der Frankfurter Philosophenschule aus den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts besagt sinngemäß, dass sich die Menschen mit verordneter Rationalität und beherrschendem Effizienzdenken immer weiter von ihren mythologischen Ursprüngen entfernen. Die Komplexität der bürgerlichen (Post-)Moderne überfordert viele Menschen und führt dazu, dass einfachen Erklärungen mit Mythen und Legenden mehr Glauben geschenkt wird. Davon profitieren vor allem diejenigen, die gute Storys als Hintergrund für simple Lösungen liefern - vor allem in der Politik.
Dieser Gegensatz von Vernunft und Mythos ist schwer aufzulösen. Denn es wird immer mehr zu einer Glaubensfrage, die sich Argumenten entzieht. Wenn die Vernunft scheitert, werden neue Wege gesucht. In diesem Prozess befinden wir uns wohl zur Zeit. Und ganz nebenbei: Wer beim Sex zu viel nachdenkt, ist wahrscheinlich eher im Nachteil. Wie heißt es so unschön: „Dumm f... gut!“