Apropos Leben Gefühltes Tagebuch: Die Rolle rockt
Unser Alien untersucht eine wichtige Nebensache: „Ende August wurde hier auf Erden ein Tag begangen, der durch die gegenwärtige Zivilisationskrise eine besondere Bedeutung hat: der Toilet Paper Day. Ich habe durch das Studium der Geschichtsbücher erfahren, dass dieser ernährungsbedingte Hygieneartikel stets in Ausnahmesituationen der Menschheit zum elementaren Thema wurde. In Kriegen, bei Seuchen und auch in ökonomischen Krisen war die Versorgung mit der mehr oder weniger weißen Ware nicht immer gewährleistet. Dank der Kreativität und Fantasie der Menschen konnte allerdings stets ein Ausweg gefunden werden.“
Archäologen wissen es: Wer etwas über frühere Kulturen erfahren möchte, der sollte einfach tiefer graben. Sehr aufschlussreich sind da die Latrinen, wo schon damals allerhand landete, was dort eigentlich nicht hingehörte. „Ex oriente lux“ – im Osten geht die Sonne auf. Dieser auch metaphorisch zu verstehende Spruch findet ebenfalls Anwendung bei der Analhygiene. Denn die Chinesen haben das Papier erfunden und damit auch eine gute Möglichkeit, das tägliche Geschäft zu einem sauberen Abschluss zu bringen. Im Westen war man noch lange nicht soweit. Hier halfen Pflanzenblätter, ausgediente Lumpen und sogar Federn bei der Säuberung der Ritze. Bei den alten Römern war der Toilettengang eine quasi öffentliche Veranstaltung, wenn Dutzende auf den steinernen Bänken Platz nahmen - in Rom sogar mit einer Kanalisation. In orientalischen Ländern wurde früh schon individuell mit Wasser gereinigt. Das hat sich bei uns aber nicht so richtig durchgesetzt. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass das erste WC-Papier ab Mitte des 19. Jahrhunderts industriell gefertigt wurde. Dieses war sogar mit Aloe befeuchtet und somit schonend für die Haut und besonders gründlich. Wenn die Grundversorgung der Bevölkerung in schwierigen Zeiten gefährdet war, galt es kreativ zu werden. Man hört, dass im Krieg nicht nur Zeitungen, sondern auch manche Klassiker zweckentfremdet wurden. In der Kultur tief verwurzelt ist außerdem das Wischen mit der linken Hand. Daher gibt man sich bis heute vorzugsweise die rechte Hand.
Die Knappheit an WC-Papier scheint in der gegenwärtigen Krise überwunden zu sein. Man kann sogar davon sprechen, dass Toilettenpapier gerade eine Art kreative Renaissance erlebt. Denn lustige Aufdrucke können der unumgänglichen Verrichtung noch schöne Seiten abgewinnen. Porträts von Persönlichkeiten, Kreuzworträtsel und Sinnsprüche sind hier als Beispiele zu nennen. Was aber auf keinen Fall im Klo entsorgt werden sollte, sind Papiertaschentücher und Küchenrollenpapier. Denn diese verstopfen die Rohre und sind in den Kläranlagen nur schwer abbaubar. Die Industrie hat hier auch nachhaltige Alternativen parat: das gute alte Bidet und die mobile Po-Dusche. Auch moderne WCs sind oft mit einer bereits integrierten Duschvorrichtung ausgestattet. Eine saubere und ebenfalls nachhaltige Alternative ist der Waschlappen, welcher anschließend in die Kochwäsche gehört.
Ein Kriterium bei der Wahl des passenden WC-Papiers ist die Anzahl der Lagen, was zu Auseinandersetzungen in Partnerschaft und Familie führen kann: Manche begnügen sich aus Kostengründen und ökologischen Erwägungen mit dünnerem Recyclingpapier, andere wiederum sehen die Reißfestigkeit und Weichheit im Vordergrund. Dann scheiden sich auch die Geister bei der Parfümierung. Schließlich kann die Farbe noch eine wichtige Komponente sein: Passt das Klopapier zu den Kacheln und den Handtüchern? Schwarzes WC-Papier ist vielleicht nicht für jeden das Richtige, kann allerdings als Ausdruck einer existenzialistischen Gesinnung dienen.