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Russland und das Propaganda-Gesetz gegen Homosexuelle

18.000 Unterschriften gegen Putin Unbeirrt soll das Verbot von Homosexualität auf alle Russen ausgeweitet werden

ms - 18.08.2022 - 12:15 Uhr

Mitte Juli war bekannt geworden, dass die russische Regierung das sogenannte Propaganda-Gesetz von 2013 noch in diesem Jahr verschärfen und ausweiten will, sodass künftig Homosexualität im Grunde gänzlich verboten werden würde. Dagegen regt sich nun massiver Widerstand – in einer Petition der LGBTI*-Organisation ALL OUT fordern nach einem Monat bereits rund 18.000 Menschen, dass Russland das menschenrechtsunwürdige Gesetz aufheben soll.

Das "Gesetz über die Propagierung nicht-traditioneller sexueller Beziehungen unter Minderjährigen" wurde 2013 in Russland verabschiedet und verbietet die “Werbung“ für Homosexualität – der Gesetzestext ist dabei weit gefasst und erlaubt einen großen Interpretationsspielraum für die russische Regierung. Im Kern bedeuten die Richtlinien, dass zum angeblichen Schutz von Kindern jedes Gespräch, jede Information oder auch nur Zuschaustellung (beispielsweise als Berichterstattung in den Medien) von Homosexualität für Minderjährige verboten ist. Bei Zuwiderhandlung drohen Geldstrafen von bis zu 16.000 Euro und ebenso auch mögliche, hohe Haftstrafen, frei nach dem Ermessen der jeweiligen Gerichte. De facto hat das Gesetz seit seiner Einführung für viel Hass und physische Gewalt gegenüber Homosexuellen in Russland geführt und die ohnehin schon extrem schwierige Lebenssituation von LGBTI*-Menschen überdies weiter verschlechtert. Nicht nur in den Medien wurde über Themen rund um LGBTI* fortan gar nicht mehr berichtet, auch ermöglichte das Gesetz, aktiv gegen diverse LGBTI*-Hilfsorganisationen vorzugehen.

Im Juli dieses Jahr nun hatte Alexander Khinshtein, der Vorsitzende des Informationsausschusses der Staatsduma, erklärt, dass das bisherige Verbot schlicht “unzureichend“ sei und man deswegen daran arbeite, noch in diesem Jahr das Gesetz für ein “Publikum aller Altersgruppen“ auszuweiten. Konkret würde das bedeuten, dass Darstellungen, Informationen oder auch kulturelle Angebote mit einem (auch nur scheinbaren) Bezug zu Homosexualität landesweit für alle verboten werden. Auch der Sprecher des russischen Parlaments, Wjatscheslaw Wolodin, bekräftigte, das Russland die Förderung "nicht-traditioneller Werte" verstärkt verbieten werde, nachdem das Land im Zuge des Ukraine-Krieges seine Beziehungen zum Europarat abgebrochen habe. Zuvor hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wiederholt festgestellt, dass das Gesetz gegen die allgemeine Meinungsfreiheit sowie gegen das Verbot der Diskriminierung der Europäischen Menschenrechtskonvention verstößt.

Die Organisation ALL OUT startete daraufhin eine Petition, um ein klares Statement gegen den homophoben Hass auszusenden. Dieses Gesetz und eine mögliche Erweiterung fördern massiv die Angst unter Jugendlichen und trügen dazu bei, dass Drohungen und Angriffe sowie selbst Morde von Homosexuellen und queeren Personen in Russland immer weiter zunehmen würden. Für gewaltbereite Täter sei das Gesetz schon jetzt eine Legitimation, auf Homosexuelle einzuschlagen oder sie direkt zu töten, so ALL OUT. Das Propaganda-Gesetz schüre feindselige Einstellungen gegenüber homosexuellen Menschen in der Gesellschaft, habe verheerende Folgen für alle LGBTI*-Personen und gehöre daher ein für alle Mal abgeschafft.

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