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Bayern im Wahlkampfmodus

Bayern im Wahlkampfmodus Landesaktionsplan, mehr Einsatz gegen Hassverbrechen – nur heiße Luft?

ms - 18.04.2023 - 11:00 Uhr

Kommentar

Alles nur Populismus? Die Frage drängt sich automatisch auf, blickt man in dieser Woche erneut nach Bayern – erst am vergangenen Wochenende hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verkündet, er wolle gerne eigene Atomkraftwerke bauen. Eine Ankündigung, die wohlweislich in der Entscheidungsgewalt der Bundesregierung und nicht eines Bundeslandes liegt und daher kaum Chancen auf Erfolg haben dürfte – aber als Wahlkampfthema vor den Landtagswahlen im Oktober allemal passend ist. Ebenso ergeht es momentan der LGBTI*-Community im Freistaat.

"Ja! Nein! Doch! Ohh!” bei LGBTI*-Themen

Beinahe beiläufig hatte Söder im März angekündigt, die bayerische Landesregierung wolle nun doch auch einen Landesaktionsplan für die Akzeptanz von LGBTI*-Menschen ins Leben rufen. Bayern ist bereits jetzt das einzige Bundesland in Deutschland, dass sich bisher noch immer vehement dagegen geweigert hat. Dabei wäre ein Einsatz hier dringender notwendig denn je, denn jedes sechste Hassverbrechen gegen LGBTI*-Menschen in ganz Deutschland wird in Bayern festgehalten – die Fallzahlen haben sich binnen eines Jahrzehnts versiebenfacht.

Und noch während LGBTI*-Verbände und Vereine im Freistaat darüber diskutieren, wie ernst es Söder tatsächlich damit überhaupt meinen könnte, stellte die regierende CSU jetzt ihr neues Grundsatzprogramm vor, in dem abermals direkt wie indirekt gegen LGBTI*-Menschen Stimmung gemacht wird – beispielsweise wird von einem „Kulturkampf“ geschrieben und von „Ideologien“ einer „Identitätspolitik“. Veilleicht hat Söder auch einfach zu oft den Film „Hasch mich – ich bin der Mörder" mit Louis de Funès gesehen? "Ja! Nein! Doch! Ohh!”

Söder, der „Versprechens-Brecher“

Natürlich benennt die CSU nicht klar Ross und Reiter, einmal mehr lässt sich viel bis wenig in die Ankündigungen hineininterpretieren, sodass für alle etwas dabei sein soll. Die konservativen Hardliner, denen die Ehe für alle bis heute ein Dorn im Auge ist, fühlen sich ebenso abgeholt, wie jene, die vielleicht nur kritisch auf „Wokeness“ und „Cancel Culture“ blicken. Und von außerhalb erfolgt ein Zuckerl für alle Schwulen, Lesben und queeren Menschen, der angekündigte Landesaktionsplan. Man ahnt beinahe schon, dass die Umsetzung leider sehr lange dauern könnte...

Wie ernst es die bayerische Regierung damit wirklich meint? Beauftragt damit wurde ausgerechnet Sozialministerin Ulrike Scharf, die zuletzt gegen die LGBTI*-Ideologie wetterte. Ein erster Brief seitens der Münchner LGBTI*-Beratungsstelle Sub an das Sozialministerium bezüglich einer fachorientierten Zusammenarbeit ist bis heute unbeantwortet. Gegenüber Buzzfeed News erklärte so auch Florian Siekmann, queer-politischer Sprecher der bayerischen Grünen und Mitglied des Landtages: „Markus Söder kündigt viel an und setzt fast nichts um. Er ist Bayerns oberster Versprechens-Brecher. Wir queere Menschen dürfen uns nicht von seinen wertlosen Wahlkampfankündigungen blenden lassen.“ Vielleicht wäre es einmal an der Zeit, gerade als homosexueller Mensch, die CSU bei der Wahl im Oktober an ihren Taten bis dahin zu messen? Dann allerdings könnte es geschehen, dass einige CSU-Herren am Ende überrascht ausrufen: "Ja! Nein! Doch! Ohh!”

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