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Brasiliens Präsident Bolsonaro // © instagram.com/bolsonarosp

Brasiliens Präsident buhlt um Elon Musk Totale Freiheit für die einen, totale Überwachung für die anderen

ms - 24.05.2022 - 18:30 Uhr

Es ist durchaus erstaunlich, welche Persönlichkeiten direkt wie indirekt sich in diesen Tagen abermals um den Tech-Milliardär Elon Musk scharren. Nachdem mehrere Republikaner auch im Namen von Ex-Präsident Donald Trump Musk hofiert hatten, kaum dass dieser bekanntgegeben hatte, den Nachrichtendienst Twitter kaufen zu wollen, kommen nun weitere Offerten aus Brasilien. In allen Fällen eint die Schmeichler der Wunsch, dass durch die Übernahme von Musk Twitter erneut zu einer extrem reichweitenstarken und rechtsfreien Spielwiese für Homophobe und alle jene Politiker werden kann, die durch das stetige Verbreiten von Fake News und Hass-Nachrichten gegenüber unliebsame Mitstreiter an Einfluss gewonnen haben.

Was in den USA Donald Trump und die Republikaner sind, ist in Brasilien Präsident Jair Bolsonaro. Nicht umsonst ist Bolsonaros Spitzname seit Jahren “Tropical Trump“. Der Politiker wandte sich immer wieder direkt gegen die LGBTI*-Community und förderte aktiv die Abgrenzung und Anfeindung von queeren Menschen in ganz Brasilien, gerade auch in ehemaligen queeren Hochburgen wie Rio de Janeiro. Generell ist Bolsonaro ein großer Freund von Verschwörungstheorien, insofern sie ihm und seiner Politik dienen.

Im Jahr 2020 erklärte er beispielsweise, dass die Weltgesundheitsorganisation Homosexualität bei kleinen Kindern fördern würde. Der brasilianische Präsident gefiel auch die Idee, anstatt eines Pride einen "Tag des Hetero-Stolzes" einzuführen. Und während das Oberste Gericht des Landes Homophobie als Verbrechen einstufte, erklärte Bolsonaro freimütig, weiterhin gegen Homosexuelle wettern zu wollen. Die Stimmungsmache hat Erfolg, nach Angaben der Organisation Grupo Gay de Bahia, die seit vier Jahrzehnten Statistiken mit Bezug auf LGBTI* erstellt, gibt es in Brasilien jährlich bis zu 400 Tötungsdelikte mit einem homophoben Hintergrund. Teilweise stiegen in den letzten Jahren die Fallzahlen um bis zu 30 Prozent jährlich an.

Beim Treffen mit Elon Musk erklärte Präsident Bolsonaro nun, dass er einen „Hauch von Hoffnung“ verspüre, seitdem bekannt geworden war, dass der Milliardär tatsächlich Twitter übernehmen wolle. Zudem drückte Bolsonaro sein Ziel aus, dass er mit der Hilfe von Musk die “Lügen“ über die Abholzung in Amazonien bekämpfen wolle. Bolsonaro bestreitet seit Jahren die illegalen Abholzungen sowie oftmals gerne auch den Klimawandel selbst. Das Treffen zwischen dem Präsidenten und dem CEO von Tesla sowie des Raketenunternehmens SpaceX fand anlässlich einer Kurzvisite von Musk in einem Luxushotel in der Nähe von São Paulo statt.

Musk stellte dabei ein neues Satellitenprogramm vor, mit dem tausende Schulen in Amazonien sowie in abgelegenen Gebieten an das Internet angeschlossen werden sollen. Ferner ermöglicht das neue Satellitensystem nicht nur eine lückenlose Überwachung des Amazonasraumes, sondern bietet auch die Möglichkeit, sehr genau zu filtern, welche Informationen via Internet überhaupt in Amazonien verbreitet werden. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Bolsonaro stellte beim Treffen in Aussicht, Musk auch die brasilianische Weltraumbasis Alcântara im Nordosten Brasiliens für Raketenstarts zur Verfügung zu stellen. Mit Bezug auf Twitter stellte Bolsonaro dabei zudem fest, dass er sich darauf freue, wenn Musk die Plattform zu einem Dienst mit „totaler Freiheit ohne Grenzen“ machen wird. Für die brasilianische LGBTI*-Community klingt das eher wie eine Drohung, denn wie eine positive Entwicklung.

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