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Ex-Ministerpräsident warnt vor einem rechten Wahlsieg

Driftet Italien nach rechts ab? Bündnis der Rechtskonservativen lehnt LGBTI* teilweise ab

ms - 17.08.2022 - 10:00 Uhr

Der ehemalige Ministerpräsident (2013-2014) und Chef der Demokratischen Partei (PD), Enrico Letta, warnte jetzt mit eindringlichen Worten vor einem möglichen Rechtsruck in Italien – davon besonders betroffen sei gerade auch die LGBTI*-Community. Nach dem Rücktritt von Ministerpräsident Mario Draghi und der vorzeitigen Auflösung der beiden Parlamentskammern durch Staatspräsident Sergio Mattarella im Juli, wählen die Italiener nun Ende September ein neues Parlament.

In einer dreisprachigen Videobotschaft bekannte sich Letta zur europäischen Solidarität und bekräftigte die Zusammenarbeit mit der Europäischen Union. Immer wieder betonte Letta dabei auch die Wichtigkeit, dass Italien im Herzen Europas bleibe und bezog dies gerade auch auf die Menschenrechte. In englischer, französischer und spanischer Sprache erklärte er dann eindringlich, dass ein Wahlsieg des Rechtsbündnisses um die ultrarechte Partei Fratelli d'Italia (FDI) vermieden werden müsste. Beide Parteien liegen aktuell bei Umfragen in etwa gleichauf, die rechtsextreme Partei liegt aktuell bei 23 Prozent der Wählerstimmen. Parteichefin Giorgia Meloni hatte kürzlich erst bekundet, die Partei habe sich inzwischen von ihren neofaschistischen Wurzeln entfernt – Letta bezweifelt dies.

Besonders heikel ist die Situation aktuell auch deswegen, weil Melonis Partei bereits ein mögliches Bündnis mit der konservativen Forza Italia sowie der rechtsnationalen Lega des ehemaligen Vize-Regierungschefs Matteo Salvini vereinbart hat. Im Mitte-Links-Lager gibt es in Italien dagegen nach wie vor keine starken Bündnisse. Besonders in der Kritik ist Parteichefin Meloni auch deswegen, weil sie sich im Sommer auf einem Kongress in Spanien gegen die Rechte der LGBTI*-Community ausgesprochen hatte. Zudem wetterte sie wie viele andere rechte Politiker gegen die EU und die “Masseneinwanderung“. Allerdings gibt es auch Kritik an Lettas mitte-links Partei, beispielsweise distanziert sich diese bis heute nicht explizit von dem postfaschistischen Parteivorgänger, deren Mitglieder Benito Mussolini unterstützt hatten. Am Ende ist Lettas Warnung mit Sicherheit also auch Wahlkampftaktik, offenbart aber ein generelles Problem für die LGBTI*-Community in vielen Teilen Europas: Während sich rechte Gruppierungen immer stärker formieren, zersplittern linke Bündnisse oftmals aufgrund kleinster Streitigkeiten – keine gute Voraussetzung für die Rechte von homosexuellen und queeren Menschen. Das Thema Homosexualität ist seit mehr als einem Jahrzehnt politisch höchst umstritten in Italien, im Jahr 2016 verabschiedete das Parlament schlussendlich die Einführung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Italien war damit das letzte westeuropäische Land, in dem homosexuelle Partnerschaften eine rechtliche Grundlage bekamen. Die Homo-Ehe, das Adoptionsrecht für Homosexuelle oder ein umfassendes landesweites Antidiskriminierungsverbot gibt es bis heute nicht.   

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