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Alterungsprozesse und Komorbiditäten mit HIV
Rubrik

HIV weiterhin ernst nehmen! Fachärzte warnen vor leichtfertigem Umgang mit der Krankheit

ms - 09.08.2022 - 10:00 Uhr

Viele, gerade jüngere Homosexuelle blicken heute verständlicherweise ein Stück weit leichtfertig auf HIV, sie kennen die einstmals zumeist tödliche Virusepidemie nur noch als chronische Krankheit, die sich zum Glück in Deutschland in den allermeisten Fällen mit der Einnahme einer Tablette am Tag gut therapieren lässt. Vergessen wird dabei oftmals zum einen, dass es noch immer keine Heilung gegen HIV gibt und zum anderen, dass die Erkrankung auch unter bestmöglicher Therapie Auswirkungen auf den menschlichen Körper hat. Wissenschaftler konnten jetzt bestätigen, dass HIV nicht nur Komorbiditäten begünstigt, sondern auch zu einem schnelleren Alterungsprozess führt.

In einer der renommiertesten Wissenschaftspublikationen, der iScience, veröffentlichte ein Forscherteam der Universität von Kalifornien nun die Ergebnisse ihrer jüngsten Studie. Ein Kernaspekt dabei: Im Schnitt drei Jahre nach der HIV-Infektion beschleunigt sich die sogenannte epigenetische Alterung. Vereinfacht gesagt: In den ersten Jahren nach einer HIV-Infektion findet auf DNA-Ebene ein beschleunigter Alterungsprozess statt. Untersucht wurden dabei die Blutproben von rund 100 Männern, vor und nach einer HIV-Infektion. Der Alterungsprozess setzt vor allem bei Menschen ohne eine antiretrovirale Therapie ein – im Durchschnitt alterten die Männer in der Versuchsgruppe mit HIV 1,9 bis 4,8 Jahre schneller als Menschen ohne HIV. Die Daten für die Studie wurden der Multicenter AIDS Cohort Study entnommen. Dabei besteht allerdings die Möglichkeit, den schnelleren Alterungsprozess möglicherweise durch einen zeitnahen Start einer retroviralen Behandlung zu minimieren.

Ähnlich wie bei den Forschungen rund um Komorbiditäten bekräftigte das Forscherteam aus Los Angeles, dass eine frühe HIV-Diagnose und eine zeitnahe Therapie ohne Unterbrechungen der Schlüssel für ein gesundes Leben mit HIV sind. Ähnliches erklärte auch Dr. Stefan Esser vom Universitätsklinikum Essen gegenüber SCHWULISSIMO – der Facharzt geht seit 2004 als Leiter der HIV HEART Aging Studie der Frage nach, wie Menschen mit HIV altern. Die kontinuierlich laufende Studie mit rund 1.800 Teilnehmern bestätigte ebenso, dass HIV-positive Menschen nicht nur anders altern, sondern auch ein erhöhtes Risiko für Krebs –und Herzerkrankungen haben. „Bei HIV-positiven Menschen treten diese Erkrankungen häufiger und früher auf. Zudem haben HIV-positive Menschen häufiger mehrere Komorbiditäten, das heißt, dass zusammen mit ihrer Grunderkrankung gleichzeitig noch eine oder mehrere weitere Krankheiten vorliegen“, so Dr. Esser. Zudem warnt der Facharzt vor einem allzu leichtfertigen Umgang mit der Erkrankung: „Dieses leichtfertige Gerede, HIV ist ja heute gar nicht mehr gefährlich, teile ich nicht. Das ist eine Trivialisierung und nimmt die Bedürfnisse von HIV-positiven Menschen nicht ernst. Ich möchte keine Angst verbreiten, aber ich wünsche mir, dass sich wieder mehr Achtsamkeit im Umgang mit HIV entwickelt. Auch ein Status wie ´nicht nachweisbar´ bedeutet ja nicht, HIV ist weg. HIV verbleibt im Körper und macht auch dann noch etwas, wenn es nicht nachweisbar ist. Ich wünsche mir einen möglichst angstfreien Umgang mit der HIV-Infektion. Dennoch sollte man wissen: Bei allen Dingen, die man vielleicht sonst im Leben ohnehin bekommt, kommt HIV immer noch oben drauf. Für viele Erkrankungen stellt HIV einen zusätzlichen Risikofaktor dar.“

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