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Kampf um LGBTI* in Polen

Kampf um LGBTI* in Polen Widerstand gegen hasserfüllten Gesetzentwurf wächst in Polen

ms - 15.11.2022 - 12:00 Uhr

Der Kampf um die Rechte für Homosexuelle und queere Menschen in Polen verschärft sich immer mehr – seit Anfang November haben bereits rund 25.000 Menschen in einer Petition die Regierung dazu aufgerufen, kein Anti-LGBTI*-Gesetz durchzusetzen, wie das bereits seit 2013 in Russland existiert. Von Tag zu Tag scheinen die Fronten sich dabei immer mehr zu verhärten, auf seiner jüngsten Rede hetzte Jaroslaw Kaczyński, der Vorsitzende der nationalkonservativen PIS-Partei und eine der einflussreichsten Stimmen des Landes bei einer Rede, jetzt erneut gegen Homosexuelle: "Wir wollen kein Land, in dem sich bereits 12-jährige Mädchen als Lesben outen!"

Tiefpunkt in der polnischen Politik

Kern der Debatten ist der Gesetzentwurf namens “Stop LGBT“, der Ende Oktober mit einer knappen Mehrheit von 235 zu 205 Stimmen im polnischen Parlament verabschiedet worden war. Ähnlich wie in Russland würde das neue Gesetz dann auch in Polen “Werbung“ für sexuelle oder geschlechtliche Vielfalt verbieten, wobei ein besonderes Augenmerk der PIS-Partei offensichtlich auf homosexuelle Menschen liegt. Damit wären auch jedwede Pride-Paraden oder Demonstrationen sowie Informationsveranstaltungen über LGBTI* grundsätzlich verboten. Die Süddeutsche Zeitung hatte die Lesung im Parlament als “neuen Tiefpunkt“ in der polnischen Politik bezeichnet, mehrfach war die LGBTI*-Bewegung dabei mit der NSDAP gleichgesetzt worden. Homophobe Unterstützer des Gesetzentwurfes erklärten, man müsse die Zerstörung der Familie mit allen Mitteln verhindern.

Protest nimmt immer mehr zu

Bereits am Tag der Lesung hatte sich auf den Straßen in mehreren Städten Polens Protest formiert, inzwischen sprechen sich von Woche zu Woche durch Petitionen oder ganz direkt immer mehr Menschen aus Polen wie aber auch aus ganz Europa gegen das geplante neue Gesetz aus. Hoffnung ruht nun auf dem Innenausschuss, der den Gesetzentwurf prüfen muss. Die Kommission wird dabei von Wiesław Szczepański geleitet, einem Mitglied von Lewica (Die Linke), einem fortschrittlichen Mitte-Links-Bündnis, das sich gegen die Angriffe auf LGBTI*-Personen ausgesprochen hat. Dabei mehren sich auch anderweitig die Zweifel, ob der Gesetzentwurf überhaupt den Weg zurück zur finalen Abstimmung ins Parlament schafft. Nebst verfassungstechnischen Bedenken ist es nicht unwahrscheinlich, dass das Gesetzesvorhaben auch gegen geltendes EU-Recht verstößt. Sollte Polen abermals sich mit einer Verabschiedung des Gesetzes gegen die Grundwerte der EU stellen, drohen weitere Zahlungsstopps oder Kürzungen von EU-Geldern.

Ein Armutszeugnis für Polen

Selbst wenn das Gesetz es aus diversen Gründen final nicht schaffen wird, ist das Zustandekommen des Gesetzentwurfes an sich bereits ein Armutszeugnis für die polnische Gesellschaft. Über 140.000 Polen hatten, angestachelt von der katholischen Kirche, den Entwurf der konservativen Bürgerinitiative “Stiftung Leben und Familie“ unterschrieben und so erst dafür gesorgt, dass der Gesetzestext seinen Weg ins Parlament finden konnte.

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