LGBTI*-Kritik an Medien „Wir verdienen es, mit Würde und Gleichberechtigung behandelt zu werden.“
Mehrere LGBTI*-Verbände und Aktivisten übten jetzt lautstark Kritik an der bisherigen Berichterstattung der meisten überregionalen Mainstream-Medien. Der Vorwurf: Im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft im November in Katar würde zumeist ausschließlich positiv und sportbezogen berichtet, die dramatische Lebenssituation von Homosexuellen werde dabei oftmals vergessen. Abseits der LGBTI*-Medien finde eine Debatte oder Auseinandersetzung dabei kaum statt, sodass die Befürchtung im Raum steht, dass am Ende die WM als eine rein positive Veranstaltung wie jede andere im Gedächtnis bleiben werde. Abseits von LGBTI*-Portalen hatte sich bisher in Deutschland nur RTL an eine eigene Reportage zu dem Thema getraut – und die Dokumentation dann unter der Woche gegen Mitternacht weggesendet. Mehrfach wurde das Verhalten als grundsätzlich gut aber schlussendlich doch halbherzig kritisiert.
„Die Diskussion wurde fast vollständig auf das Recht von Besuchern, die Regenbogenflagge zu hissen, oder auf die Möglichkeit, gemeinsam ein Hotelzimmer zu mieten, verengt. Die eigentliche Diskussion sollte sich darum drehen, was mit den LGBTI*-Menschen in Katar geschieht, die inhaftiert und misshandelt werden“, so LGBTI*-Aktivist Tarek Zeidan gegenüber der Deutschen Welle. Und Rasha Younes von Human Rights Watch erklärte: „Die FIFA hat zwar versprochen, sich für Reformen bei den Rechten von Wanderarbeitern einzusetzen, war aber nicht in der Lage, Reformen in Bezug auf die Rechte von LGBTI*-Personen zu beschließen. Das heißt nicht, dass die FIFA die Weltmeisterschaft nicht an Katar hätte vergeben sollen. Aber es hätte für die FIFA eine Gelegenheit sein können, Katar zu Reformen in Bezug auf die Rechte von LGBTI*-Personen zu drängen, aber das hat sie nicht getan. In vielerlei Hinsicht ist der Ausschluss von LGBTI*-Inhalten und den Rechten von LGBTI*-Personen und allem, was mit ihren Geschichten zu tun hat, nur ein weiterer Schritt, um eine bereits bewaffnete Öffentlichkeit zu ermächtigen und LGBTI*-Personen weiter von der Öffentlichkeit zu entfremden.“
Im Vorfeld der Spiele hatte die Regierung des Emirats mehrfach betont, dass sie auch homosexuelle Gäste willkommen heißen wolle, allerdings nur dann, wenn diese ihre Sexualität geheim halten würden und auf jedwede Symbole der Community, beispielsweise Regenbogenflaggen, verzichten würden. Homosexuellen Bewohnern von Katar drohen bis heute indes mehrjährige Haftstrafen bis hin zur Todesstrafe. Tarek Zeidan zieht ein bitteres erstes Fazit gut drei Monate vor Beginn der Spiele: „Die Grundidee war doch stets, dass diese Veranstaltungen für jeden zugänglich sind. Dass diese Veranstaltungen nicht nur den Sport feiern, sondern auch die Menschen, die diesen Sport möglich machen. Queere Menschen gibt es im Mittleren Osten schon seit Jahrhunderten, wir sind Teil der Geschichte, der Kultur und der Gesellschaft dieses Landes. Wir verdienen es, mit Würde und Gleichberechtigung behandelt zu werden. Solange wir diese Diskussion nicht geführt haben, sind diese Sportereignisse leider immer noch ziemlich elitär.“