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Aidshilfe: Impfung gegen Affenpocken jetzt!

Männer mit wechselnden Partnern im Fokus „Impfen jetzt - alles andere wäre homosexuellenfeindlich!“

ms - 24.06.2022 - 10:00 Uhr

Die Deutsche Aidshilfe hat sich jetzt den Empfehlungen zur Impfung gegen Affenpocken (MPX) angeschlossen. Im Interview mit dem magazin.hiv erklärte Dr. Dirk Sander von der Deutschen Aidshilfe (DAH): „Wir müssen jetzt nicht breit, sondern gezielt impfen, und zwar die mit dem höchsten Risiko: Männer, die Sex mit häufig wechselnden Partnern haben.“

Aufgrund der Affenpocken hat die Weltgesundheitsorganisation WHO gestern das Notfallkomitee einberufen, das prüfen soll, ob es einen sogenannten internationalen Gesundheitsnotstand ausruft. Es gebe ähnliche Anfangsschwierigkeiten wie 2020, sagte dabei die Genfer Virologin Isabella Eckerle gegenüber der Tagesschau – sie leitet das Genfer Zentrum für Neuartige Viruserkrankungen und vermutet eine hohe Dunkelziffer, denn die Infizierten hätten oft Symptome, die den Bildern in den medizinischen Lehrbüchern kaum ähneln. Grundsätzlich würde auch das Ausrufen der Notlage nur bedeuten, dass Ärzte ihre Aufmerksamkeit erhöhen und ihre Patienten über die Erkrankung aufklären sollten. Nach wie vor gilt es als sehr unwahrscheinlich, dass sich MPX zu einer Pandemie entwickeln wird – das Virus übertragt sich zumeist nur bei engem Körperkontakt mit einer infizierten Person, kann allerdings laut WHO auch lange auf gemeinsam genutzten Gegenständen überleben.

Grundsätzlich kann jeder Mensch infiziert werden, aktuell wurde das Virus bisher 3.300 Mal in rund 40 Ländern außerhalb des Ursprungslandes Afrika diagnostiziert. Mit Stand von gestern (23.Juni) sind 592 Affenpockenfälle aus 14 Bundesländern in Deutschland ans Robert-Koch-Institut übermittelt worden. Eine Gefährdung für die Gesundheit der breiten Bevölkerung in Deutschland schätzt auch das RKI nach derzeitigen Erkenntnissen als gering ein. Betroffen von der Infektion sind zum allergrößten Fall nach wie vor Männer, die Sex mit anderen Männern haben (MSM). Bei zwei Drittel dieser Männer treten Ausschläge und “Pocken“ am Mund, den Genitalien oder am Anus auf, die auch mitunter sehr schmerzhaft sein können. Rund 12 Prozent der infizierten Personen in Deutschland sind aufgrund besonders starker Schmerzen im Krankenhaus. Nach drei bis vier Wochen schwächen sich die Symptome zumeist wieder ab.

Großbritannien meldet aktuell rund 800 Fälle von MPX. Die britische Gesundheitsbehörde (UKHSA) erklärte in dieser Woche, dass der Impfstoff Imvanex, der zum Schutz gegen Humane Pocken entwickelt wurde, nun auch eingesetzt werden soll, um homo- und bisexuelle Männer mit einem erhöhten Risiko aufgrund ihres Sexualverhaltens präventiv zu impfen. Eine Impfung explizit gegen Affenpocken gibt es nicht, Imvanex soll aber zu über 80 Prozent gegen den Erreger schützen. Auch in Deutschland ist aktuell angedacht, besonders vulnerable Personengruppen gezielt zu impfen, um die weitere Verbreitung zu stoppen. Derzeit herrscht noch eine Knappheit bezüglich des Impfstoffes. Sander von der DAH dazu: „Gerade deswegen müssen diejenigen im Zentrum stehen, die das Risiko haben. Und das sind bisher ausschließlich sexpositive Männer, die Sex mit vielen anderen Männern haben – und gesundheitsbewusst und verantwortungsvoll sind und sich schützen wollen. Bei Impfstoffknappheit müssen diejenigen im Zentrum stehen, die das Risiko haben. Es darf deshalb nicht sein, dass erst mal Pflegepersonal, Sprechstundenhelfer und so weiter geimpft werden wollen, weil sie Kontakt mit MPX-Patienten hatten.“

Sander betont dabei zudem allerdings auch, dass die Bundesregierung bisher sehr vorbildlich gehandelt habe: „Zunächst einmal muss man sagen, dass nirgendwo sonst – bezogen auf die Bevölkerung – so früh so viel Impfstoff vorhanden ist wie in Deutschland. Deutschland hat hier schneller gehandelt als die meisten anderen Länder. 40.000 Dosen sind auf dem Weg ins medizinische System, im Laufe des Jahres sollen noch 200.000 hinzukommen. Das reicht aber hinten und vorne nicht für eine vorbeugende Impfung, denn in der Regel braucht man zwei Dosen für eine Grundimmunisierung. Das Problem ist: Die Anzahl der verfügbaren Impfungen ist weltweit begrenzt. Das kann auch Herr Lauterbach nicht ändern. Umso wichtiger ist es, dass der Impfstoff schnell bei den ´Richtigen´ mit dem höchsten Risiko ankommt, also sinnvoll verteilt wird.“

Aktuell ist der Verteilschlüssel noch unklar – rund zwei Drittel der bisherigen Fälle wurden allerdings aus Berlin gemeldet, sodass es wahrscheinlich ist, dass hier auch der meiste Impfstoff zum Einsatz kommen wird. Kritisch sieht die Deutsche Aidshilfe die jüngsten Informationen, demnach das Bundesgesundheitsministerium auf Begleitforschung bei der Impfung besteht – laut Sander könnte dies eine zügige Impfung verhindern: „Diejenigen MSM, die sehr riskiert sind, haben die Signale gehört und sind bereit, sich impfen zu lassen. Das muss jetzt beginnen, angefangen bei den Hotspots wie Berlin. Alles andere wäre meines Erachtens homosexuellenfeindlich. Noch einmal: Impfen, jetzt, und zwar die MSM, die am meisten riskiert sind.“

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