Tag des Grundgesetzes auch für LGBTI*? Wo bleibt der Tatendrang der FDP in puncto Grundgesetzänderung?
Bundesjustizminister Marco Buschmann hebt am heutigen Tag des Grundgesetzes die Wichtigkeit unserer fundamentalen rechtlichen Demokratie hervor und ermuntert dazu, stolz auf das deutsche Grundgesetz sein zu können. Im Gastbeitrag für die Welt am Sonntag schreibt der FDP-Politiker weiter von den Anfängen des Grundgesetzes vor 73 Jahren, der Geburtsstunde einer neuen Rechtssicherheit nach dem Ende der NS-Terrorherrschaft.
Am 23. Mai vor 73 Jahren wurde das neue Grundgesetz der Bundesrepublik verkündet, tags darauf trat es in Kraft. Im weiteren Verlauf bemüht Buschmann mehrfach Vergleiche mit der Bibel, erklärt, dass das deutsche Grundgesetz sich heute vielen Herausforderungen stellen müsse und bemüht dabei das Bild aus der Offenbarung des Johannes und den vier Reitern der Apokalypse. Diese, Unheil bringenden Reiter seien heute aktuelle Dinge wie Corona, Armut, Mangel, Krieg, Tod, Unterdrückung und Verfolgung.
Er spricht von Menschen im Allgemeinen und auch von den Ukrainern – einzig die LGBTI*-Community erwähnt er nicht.
Ein schlichtes Vergessen? Eine erste Einsicht ob der wahrscheinlichen Unmöglichkeit einer Grundgesetzänderung für queere Menschen? Oder ein bewusster Seitenhieb zum Koalitionspartner Die Grünen?
Zu diesem Zeitpunkt ist das Schweigen Buschmanns dabei durchaus von besonderem Interesse, denn erst letzte Woche hatte der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, rund 100.000 Unterschriften für eine Ergänzung des Grundgesetzes entgegengenommen und dabei ausdrücklich betont, wie wichtig ihm dieses Anliegen sei.
Auch die FDP hatte sich anfangs dieses Vorhaben auf die regenbogenbunten Fahnen geschrieben, aktuell agiert die Partei deutlich zurückhaltender in diesem Punkt. Immer wieder haben Verfassungsrechtler zuletzt erklärt, dass sie das Vorhaben in der aktuellen Legislatur-Periode für unrealistisch und nicht durchsetzbar halten.
Für eine geplante Grundgesetzänderung müssten Zweidrittel der Abgeordneten im Bundestag dafür stimmen – ohne zahlreiche Stimmen von Seiten der Union ist das nicht durchsetzbar. Zudem wird noch immer darüber diskutiert, wie konkret eine solche Änderung schriftlich umgesetzt werden soll. Ziel wäre es, im Artikel 3 Absatz 3 den besonderen Schutz in puncto “sexuelle Identität“ eines Menschen hervorzuheben.
Justizminister Buschmann äußerste sich eher allgemein zur Wichtigkeit des Grundgesetzes – auch für “Minderheiten“, mit denen Buschmann wahrscheinlich auf die LGBTI*-Community eingehen will, ohne sie wirklich zu benennen.
Kein einziges Wort findet sich konkret über queere Menschen in seiner Erklärung – ein mutiger Einsatz im Sinne einer LGBTI*-Community würde anders klingen, will man meinen: „Die Würde und die Freiheit des einzelnen Menschen sind kein Auftrag, der irgendwann einmal für immer erledigt ist. Sie lassen sich nicht abhaken. Es gibt kein Ende der Geschichte, und daher gibt es auch kein Ende der Frage, was Freiheit und Würde des einzelnen Menschen in der jeweils aktuellen Gegenwart bedeuten. Wenn wir heute fragen, welches Verhältnis von Freiheit und Sicherheit in der digitalen Welt angemessen ist, welches Familienrecht der gesellschaftlichen Wirklichkeit besser entsprechen könnte, ob es Minderheiten gibt, denen unsere Rechtsordnung vielleicht noch nicht mit dem angemessenen Respekt gegenübertritt, dann erfüllen wir genau diesen ewigen Auftrag unserer Verfassung.“ Wahre Worte, mit Sicherheit.
Für queere Menschen dürfte es dabei ein bisschen viel heiße Luft sein.