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Überraschung in den USA!
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Überraschung in den USA! Neuer Gesetzentwurf zur Homo-Ehe soll noch vor 2023 verabschiedet werden

ms - 15.11.2022 - 09:06 Uhr

Jetzt soll es plötzlich ganz schnell gehen – noch in dieser Woche will der US-Senat über den sogenannten Respect for Marriage Act abstimmen, der die gleichgeschlechtliche Ehe auf Bundesebene schützen soll. Das bekräftigte jetzt überraschend der demokratische Fraktionsführer Chuck Schumer. Die Demokraten hatten die Abstimmung im Senat kurzfristig eigentlich auf unbestimmte Zeit nach den Zwischenwahlen Anfang November verschoben, damit das Gesetzesvorhaben nicht als Wahlkampftaktik missbraucht und vorschnell niedergeschlagen werden kann.

Überraschende Wende im Senat

Schumer erklärte gestern, dass sich eine parteiübergreifende Gruppe von Senatoren jetzt auf einen Änderungsantrag zu dem Gesetzentwurf geeinigt hätte, der die bisherigen Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen auf die Religionsfreiheit zerstreuen soll. Der Änderungsantrag bestätigt, dass keine gemeinnützige religiöse Organisation Waren, Dienstleistungen oder Einrichtungen "für die Feier einer Eheschließung" bereitstellen muss, zudem müsse die Regierung auch keine polygamen Ehen anerkennen. Im Gegenzug würde der Respect for Marriage Act alle fünfzig Bundesstaaten dazu verpflichten, eine Ehe zwischen zwei Personen anzuerkennen, wenn die Ehe in dem Staat, in dem sie geschlossen wurde, gültig war, und verbietet es zudem, eine Ehe aufgrund des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Zugehörigkeit oder der nationalen Herkunft der Ehepersonen die volle Anerkennung zu verweigern. Das schließt somit homosexuelle Ehen mit ein.

Streichung des Ehe-Verbots für Homosexuelle

Gleichzeitig würde der sogenannte, bereits existierende Defense of Marriage Act (DOMA) aufgehoben, der die Regierung bisher daran hinderte, gleichgeschlechtliche Ehen landesweit anzuerkennen, und es den Bundesstaaten erlaubte, die in anderen Bundesstaaten geschlossenen Ehen nicht anzuerkennen. Zwar konnte das DOMA-Gesetz aufgrund einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in den Jahren 2013 und 2015 nicht mehr durchgesetzt werden, verlor aber trotzdem grundsätzlich nichts von seiner Gültigkeit als Bundesgesetz. Die Dringlichkeit, ein Bundesgesetz für die gleichgeschlechtliche Ehe zu verabschieden, war abermals aufgekommen, weil einzelne der mehrheitlich konservativen Richter am Obersten Gerichtshof im Sommer dieses Jahres angedeutet hatten, die landesweite Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe wieder kippen zu wollen. Damit wäre automatisch erneut das DOMA in Kraft getreten, was für gleichgeschlechtliche Ehepaare in stark konservativ und religiös geprägten Bundesstaaten bedeutet hätte, dass ihre Ehe von einem auf den anderen Tag illegal geworden wäre.  

Bestehen realistische Chancen?

Dem geplanten neuen Bundesgesetz zum Schutz der Homo-Ehe waren zuletzt nicht viel Chancen eingeräumt worden, zwar hatte eine Mehrheit der Abgeordneten aus beiden politischen Lagern im Repräsentantenhaus dafür gestimmt, im Senat fehlten dazu aber mehrere Stimmen von Seiten der Republikaner. Schumer ist es indes offenbar jetzt gelungen, mit einer überarbeiteten Fassung des neuen Gesetzentwurfes auch mehrere Republikaner mit ins Boot zu holen. Ein weiterer Grund für die Eile dürfte das neue Kräfteverhältnis im Kongress sein, während die Demokraten im Senat eine knappe Mehrheit bei den Zwischenwahlen für sich gewinnen konnten, droht die Gefahr, dass sie ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verlieren könnten – im Januar würde dann ein neues Repräsentantenhaus seine Arbeit aufnehmen. Der neue Gesetzentwurf für die gleichgeschlechtliche Ehe samt seinen Änderungen muss so nach einer erfolgreichen Abstimmung im Senat dann noch einmal final im Repräsentantenhaus verabschiedet werden – Änderungen in Gesetzestexten verlangen zwingend eine erneute zweite Abstimmung.

Ein politischer Spießrutenlauf

Schumer hat sich also einiges vorgenommen. Im ersten Schritt gilt es jetzt, den überarbeiteten Gesetzentwurf durch den US-Senat zu bekommen, dazu braucht er nach bisherigen Regelungen die Stimmen von zehn Republikanern. Drei Republikaner haben bereits dem neuen Entwurf zugestimmt und sogar mitgearbeitet, sodass die Hoffnung groß ist, dass sich weitere sieben Abgeordnete dafür gewinnen lassen können, noch dazu, wo auch die Mehrheit der Amerikaner selbst laut mehreren Umfragen eindeutig für eine Homo-Ehe ist. Sollte das gelingen, geht es noch vor dem neuen Jahr erneut ins Repräsentantenhaus, um die bisherigen Mehrheitsverhältnisse der Demokraten ausnutzen zu können. Vielleicht, so die Hoffnung, hat sich auch die aggressive Stimmung seitens der Republikaner ein wenig gelegt, da der Erdrutschsieg der Partei bei den Zwischenwahlen ausgeblieben ist – die Amerikaner wünschen sich also offensichtlich mehr Einheit denn Zerwürfnis. Schumer bekräftige jetzt in seiner Rede auch den Einsatz für das Bundesgesetz zur Homo-Ehe: "Kein Amerikaner sollte jemals wegen seiner Liebe diskriminiert werden, und die Verabschiedung dieses Gesetzes würde dringend benötigte Schutzmaßnahmen in das Bundesgesetz aufnehmen."

Ist ein Sieg für Homosexuelle denkbar?

LGBTI*-Organisationen zeigen sich sehr erfreut über den jüngsten Vorstoß seitens der Demokraten. Joni Madison von der Human Rights Campaign erklärte: „Wir danken Mehrheitsführer Schumer und den unterstützenden Senatoren für ihre Führungsrolle bei dieser wichtigen parteiübergreifenden Gesetzgebung, die den unhaltbaren Defense of Marriage Act offiziell aus den Gesetzen unserer Nation streichen und dazu beitragen wird, die landesweite Gleichstellung der Ehe zu sichern. Dank ihrer Führungsrolle bei der Verabschiedung des Respect for Marriage Act hat der US-Senat die Möglichkeit, ein historisches Unrecht zu korrigieren und ein integratives Gesetz zu schaffen, das den Willen der großen Mehrheit der Amerikaner widerspiegelt - 71 Prozent von ihnen befürworten die Gleichstellung der Ehe - und diejenigen beruhigt, die sich Sorgen machen, was die Auswirkungen für ihre Ehen bedeuten könnte. Es ist an der Zeit, den Respect for Marriage Act zu verabschieden, und wir fordern alle Senatoren nachdrücklich auf, dies zu tun."

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