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Etiketten sollen Jugendliche in Florida vor Homosexualität warnen

Warnhinweise auf LGBTI*-Büchern „Jedes Kind sollte freien Zugang zu den Büchern zu haben, die es lesen möchte!“

ms - 10.08.2022 - 14:00 Uhr

Welcome in Absurdistan! In Florida geht der Wahnsinn im Kulturkampf weiter und erreichte jetzt eine neue Stufe des Irrsinns – in einigen Schulbezirken im Südwesten Floridas wurden nun in mehr als einhundert unterschiedlichen Büchern Warnhinweise angebracht. Grund dafür sind die LGBTI*-Themen in den Schriftstücken. Amerika erlebt in diesen Tagen also die Renaissance der verbotenen Bücher.

Die Warnhinweise befinden sich dabei nicht nur in den physischen Werken, sondern werden auch bei Online-Exemplaren sofort sichtbar. Im Detail steht dort: "Dieser Hinweis soll Sie darüber informieren, dass dieses Buch von einigen Gemeindemitgliedern als ungeeignet für Schüler eingestuft wurde. Die Entscheidung darüber, ob dieses Buch geeignet oder ungeeignet ist, liegt bei den Eltern, die das Recht haben, die Erziehung ihres Kindes im Einklang mit dem staatlichen Recht zu überwachen." Die Schriftsteller-Organisation PEN America hat die brandgefährlichen Printerzeugnisse näher unter die Lupe genommen – wohlgemerkt befindet sich kein einziges Werk mit pornografischen Inhalten darunter, sehr wohl aber beispielsweise mehrfach Sachbücher über die Lebensläufe verstorbener LGBTI*-Künstler. Bei der Aufschlüsselung der Bücher stellte die Gruppe fest, dass 50 Werke LGBTI*-Charaktere oder Themen hatten, 16 Bücher mit trans-Themen versehen waren und weitere 34 Texte mit schwarzen Haupt- oder Nebenfiguren ausgestattet waren, denn auch die Erwähnung von Rassismus gehört inzwischen zu jenen Aspekten, die für Kinder und Jugendliche “nicht geeignet“ sind.

Hintergrund all dieser Aktionen ist das sogenannte “Don´t Say Gay“-Gesetz, dass seit Juli dieses Jahres LGBTI*-Themen an Schulen gesetzlich verbietet. Mehrere andere Bundesstaaten in den USA liebäugeln aktuell damit, ein ähnliches Gesetz zu verabschieden. Die gemeinnützige Organisation PEN America indes bekräftigte einmal mehr, dass diese Aktionen eindeutig dem Recht auf freie Meinungsäußerung widersprechen. Und Stephana Ferrell, die Mitbegründerin des Florida Freedom to Read Projects, das sich gegen Zensur in den Schulen Floridas einsetzt, erklärte gegenüber NBC News, dass bereits Monate vor dem Inkrafttreten des eigentlichen Gesetzes einzelne Schulbezirke damit begonnen hatten, Warn-Etiketten zu erstellen. Für die Befürworter der Aktion seien alle LGBTI*-Themen gleichzusetzen mit Pornografie und Pädophilie. Allesamt sei es "unanständiges und anstößiges Material". Dabei wurde zuletzt auch mehrfach betont, dass die Warnhinweise sogar einen "Kompromiss" darstellen würden, anderenorts seien die Bücher schlicht entfernt und vernichtet worden. Immer wieder war in den vergangenen Monaten auch von Bücherverbrennungen berichtet worden. In vielen anderen Bundesstaaten vor allem im ländlichen Raum im Mittleren Westen werden Schul- und öffentliche Bibliotheken außerdem dazu gezwungen, alle Bücher mit LGBTI*-Themen zu entfernen, anderenfalls würden ihnen die finanziellen Mittel gestrichen werden. Hilft auch das nichts, drohen Gemeindevertreter oder der örtliche Pastor auch gerne direkt mit Protesten, Gewalt oder christlicher Verbannung.

"Diese besorgniserregende Entwicklung ist nur die jüngste in einer Reihe von Angriffen auf die Lesefreiheit von Schülern in Florida. Auch wenn der Zugang zu diesen Büchern technisch gesehen noch nicht ganz eingeschränkt ist, birgt die Kennzeichnung dieser Bücher die große Gefahr, dass die darin behandelten Themen und die Bücher selbst mit einem Stigma behaftet werden. Jedes Kind sollte aber das Recht, von einer Vielzahl von Stimmen und Perspektiven zu lernen und freien Zugang zu den Büchern zu haben, die es lesen möchte!“, so Jonathan Friedman, Direktor für freie Meinungsäußerung und Bildungsprogramme bei PEN America.

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