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Weltmännertag – und nun?

Weltmännertag – und nun? Warum ein Aktionstag gerade für schwule Männer wichtig ist!

ms - 03.11.2022 - 09:00 Uhr

Heute ist internationaler Weltmännertag. Seit 22 Jahren wird der Aktionstag begangen, der vor allem auf die Gesundheit von Männern aufmerksam machen möchte. Ins Leben gerufen wurde der Tag im Jahr 2000 in der Stadt Wien und hat sich in den letzten Jahren zu einem international wichtigen Thementag entwickelt. Gerade für schwule Männer steht dabei eine rechtzeitige Gesundheitsvorsorge mehr denn je im Raum. Zudem haben Studien wie beispielsweise von anyway Köln aufgezeigt, dass vor allem auch die psychische Gesundheit von Schwulen in den letzten zweieinhalb Jahren seit Ausbruch der Corona-Pandemie massiv gelitten hat.

Angst und Unsicherheit verhindern eine gute Gesundheit

Auch der Lesben- und Schwulenverband Deutschland weist immer wieder darauf hin, dass homosexuelle Männer ein besonderes Augenmerk auf ihre Gesundheit haben müssen, so belegten die bisher vorhandenen Studien, dass homosexuelle Männer “weniger Chancen auf ein gesundes Leben haben und häufiger von psychischen Erkrankungen wie Depression, Angst-, Schlaf und Essstörungen oder Burn-out betroffen sind.“ Das Problem existierte bereits vor Corona, da gerade die Frage um das Coming-Out eine ist, die viele Männer in vielfältigen Situationen bis heute oftmals zögerlich reagieren lässt, beispielsweise auch bei wichtigen Vorsorge-Untersuchungen von Krebs bis zu diversen Geschlechtskrankheiten – die Angst vor einem erzwungenen Coming-Out vor dem Arzt oder dem medizinischen Personal ist oftmals noch heute groß. Wie schnell eine solche Situation ins Negative kippen kann, hat unlängst in den vergangenen Monaten der Umgang mit den Affenpocken-Virus gezeigt, das bis heute größtenteils unter schwulen Männern weitergegeben worden war. Während die Versorgungslage in Schwerpunktpraxen in Großstädten zumeist einfach funktionierte, sahen sich Homosexuelle bis zuletzt abseits jener Hotspots in mehreren Bundesländern oftmals immer wieder Schikanen bei der Vergabe des Impfstoffes oder einer generellen Stigmatisierung ausgesetzt.

Stigmatisierung und eine Vielzahl weiterer Probleme

Diese Stigmatisierung erleben bis heute auch viele Menschen mit HIV, zumeist auch im Alltag oder beispielsweise bei medizinischem Personal. Ein Grund, warum verschiedene Fach-Vereine hier zuletzt im Sommer massiv mehr Einsatz und bessere Schulungen forderten. „Diskriminierung in der Gesundheits-Versorgung ist deshalb besonders fatal, weil sich Menschen, die auf gesundheitliche Hilfe angewiesen sind, in einer besonders verletzlichen Situation befinden“, so der LSVD. Covid-19 hat viele der bereits vorhandenen Situationen dann abermals noch verschärft, im Besonderen auch die psychische Gesundheit von jungen Schwulen.

Jüngste Studien deuten auf eine Zunahme von depressiven Verstimmungen von bis zu 70 Prozent an. Sven Norenkemper vom Beratungsverein COMING OUT DAY dazu gegenüber SCHWULISSIMO: „Blicken wir jetzt auf die allgemeine LGBTI*-Community, sehen wir hier auch fundiert belegt eine zwei- bis dreifach höhere depressive Inzidenz als in der Allgemeinbevölkerung. Ähnlich sieht die Lage generell unter Jugendlichen aus, auch hier verzeichnen wir Zuwächse von bis zu 50 Prozent. Und dann erleben wir noch unter Jugendlichen, dass nach zweieinhalb Jahren Pandemie viele einen enormen Druck verspüren, all das, was sie in der Schule verpasst haben, jetzt nachholen zu müssen, um nicht sozial abgehängt zu werden. Von Entspannung konnte also auch im Sommer nicht die Rede sein. Queere Jugendliche sind dabei sozusagen im Zentrum all dieser Schnittmengen und deswegen in besonderer Weise davon betroffen. Noch dazu beschäftigen sie sich ja oftmals auch über Jahre vor ihrem eigentlichen Coming Out genau damit – auch dadurch steigt noch einmal der psychische Druck aufm Kessel. Ein weiterer Punkt ist eine gewisse Spaltung in der Gesamtgesellschaft: Auf der einen Seite erleben wir eine große Liberalisierung gegenüber queeren Menschen, auf der anderen Seite ist aber auch durch diese Offenheit ein Rollback zu beobachten inklusive einer radikaleren Form von Ablehnung bis hin zu Hass.“ Bessere Vorsorge, mehr Mut beim Gang zum Arzt, weniger Stigmatisierung, mehr Einsatz gegen Depressionen – es gibt also zahlreiche Gründe, am heutigen Weltmännertag die Gesundheit von schwulen Jungs und Männern besonders im Blick zu haben.

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