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Twitter entsetzt mit Werbeaktionen seine Kunden

Werbung für Kinderpornografie Disney, Coca-Cola, und Forbes stoppen ihre Werbeanzeigen

ms - 30.09.2022 - 11:00 Uhr

Bitte nicht! Mit diesen Äußerungen drücken amerikanische LGBTI*-Aktivisten online ihre Verzweiflung über den neusten Skandal bei Twitter aus. Twitter soll neben Werbeanzeigen namhafter internationaler Firmen wie Disney, Coca-Cola, Dyson, Forbes oder Mazda Anzeigen platziert haben, die für Kinderpornografie werben. Insgesamt sollen mehr als dreißig werbetreibende Unternehmen davon betroffen gewesen sein, wie Reuters berichtet. Konkret seien dabei zudem Anzeigen der Unternehmen auf Twitter-Accounts angezeigt worden, die auf kinderpornografische Inhalte verlinkten. Die Cybersicherheitsgruppe Ghost Data hatte zuvor insgesamt rund 500 Konten ausfindig gemacht, die im September über einen Zeitraum von rund drei Wochen kinderpornografisches Material geteilt hatten. Trotz massiver Beanstandungen sollen viele dieser Accounts nach Angaben von Reuters einen längeren Zeitraum über vorerst online geblieben sein.

Twitter hat inzwischen reagiert und musste zugeben, "dass Anzeigen innerhalb von Profilen liefen, die mit dem öffentlichen Verkauf oder der Aufforderung zum sexuellen Missbrauch von Kindern zu tun hatten". Des Weiteren erklärte der Nachrichtendienst, dass er eine breit angelegte Untersuchung eingeleitet habe und dass Twitter selbst "null Toleranz gegenüber der sexuellen Ausbeutung von Kindern" habe. Künftig wolle man mehr in Mitarbeiter investieren, die zeitnaher solche Accounts entdecken und löschen würden. Die großen Unternehmen von Disney bis Coca-Cola zeigten sich vorerst skeptisch und erklärten, dass sie ihre Werbeanzeigen bis auf Weiteres pausieren oder auch gänzlich einstellen wollen.  Für Twitter dürften diese Schritte besonders schmerzhaft sein, 90 Prozent seiner Einnahmen generiert das Unternehmen aus Werbeanzeigen, erst im Sommer dieses Jahres hatte Twitter einen Umsatzrückgang im Zuge der Übernahme-Gespräche mit Elon Musk verzeichnen müssen – insgesamt machte Twitter im zweiten Quartal 2022 einen Verlust von rund 270 Millionen US-Dollar.

Für amerikanische LGBTI*-Aktivisten hat das jüngste Fehlverhalten von Twitter nebst der offensichtlichen Problematik noch eine weitere Komponente: Der Nachrichtendienst ist der einzige Big-Player auf dem Markt, der LGBTI*-Content noch weitestgehend ohne Zensur veröffentlicht und auch erotische homosexuelle sowie queere Inhalte zulässt. Wie bereits Anfang des Jahres einmal kurz im Gespräch, befürchten viele Kreative, Künstler aber auch Hardcore-Content-Creator nun, dass Twitter durch Aktionen wie diese schlussendlich doch seine Richtlinien ändern könnte – für die LGBTI*-Community könnte das abermals ein herber Verlust in puncto digitaler Meinungs- und Kunstfreiheit bedeuten. Zudem kommen die jüngsten Fehler von Twitter zu einer Unzeit kurz vor den Zwischenwahlen in den USA, in denen homophobe Hardliner und viele konservative Republikaner vor allem Homosexuellen vorwerfen, allesamt pädophil zu sein. Ein solches Fehlverhalten wie jetzt bei Twitter, so befürchten LGBTI*-Aktivisten, dürfte in den nächsten Wochen vor der Wahl nun für diese Klientel genau das sein, was sie argumentativ im Kampf gegen die LGBTI*-Community noch bestärken könnte.

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