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Wo bleibt der LGBTI*-Aktionsplan in Bayern? // © bayern.lsvd.de

Wo bleibt der LGBTI*-Aktionsplan? Einzelne Projekte reichen nicht aus – das Thema LGBTI* muss überall mitgedacht werden

ms - 09.03.2022 - 16:03 Uhr

In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung hat Markus Apel vom Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) gefordert, dass endlich auch das Bundesland Bayern einen eigenen LGBTI*-Aktionsplan brauche. Der Freistaat ist das letzte Bundesland Deutschlands, das bis heute noch keine Pläne dazu vorgelegt hat. Apel dazu:

 

„Der Plan enthält Maßnahmen, die sich der Abschaffung von Queerfeindlichkeit widmen, etwa durch Aufklärungsarbeit an Schulen. Bayern ist bisher das einzige Bundesland, das keinen derartigen Aktionsplan besitzt. Es ist wichtig, dass diese Lücke endlich gefüllt wird, zumal die strukturelle Arbeit zur Abschaffung von Vorurteilen und Diskriminierung nicht Aufgabe der Länder, sondern des Bundes ist.“

 

Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung Sven Lehmann hatte bereits zuvor im Januar 2022 klargestellt, dass der Startschuss für den Aktionsplan noch vor dem Sommer fallen solle. Geplant ist dabei, einen sogenannten Dialogprozess zu starten und dabei Verbände und Initiativen der LGBTI*-Community mit einzubinden.

In Zusammenarbeit mit den beteiligten Bundesministerien soll ein Nationaler Aktionsplan erstellt und umgesetzt werden, um die Akzeptanz und den Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt umzusetzen. Zudem sei ein weiteres Ziel auch, mehr queere Themen und Informationen in die Öffentlichkeit zu tragen, um so ein breiteres Verständnis für die LGBTI*-Community zu erreichen. Dabei beruht die Gesamtstrategie darauf, von der Polizei über Bildung und Gesundheit bis hin zur Justiz alle an Bord zu holen, um wirklich umfassende Maßnahmen angehen zu können.

Der LSVD fordert seit langem einen wirksamen Nationalen Aktionsplan gegen LGBTI*-Feindlichkeit: „Es braucht klare zeitlich definierte Zielvereinbarungen, belastbare Selbstverpflichtungen der zuständigen staatlichen Stellen und angemessene Haushaltsmittel zur Prävention und Bekämpfung von Homophobie und Transfeindlichkeit.“ Die Einsicht scheint in allen Bundesländern mit Ausnahme von Bayern bereits vorhanden zu sein. In den anderen fünfzehn Bundesländern existieren teilweise seit rund zehn Jahren ähnliche Initiativen.

Bayern bezieht sich auf Rückfrage immer wieder auf ein Netzwerk, das die queeren Organisationen in Bayern selbstständig ausbauen sollen, wenngleich auch finanziell unterstützt vom Freistaat. Zuvor im Jahr 2015 hatte die bayerische Regierung noch erklärt, es gäbe gar keine Notwendigkeit für einen Aktionsplan, da man bereits „auf allen fachlichen Ebenen Homophobie“ entgegenwirken würde.

Ein weiterer wichtiger Aspekt dabei ist gerade auch die Jugendarbeit an den Schulen, wie Markus Apel weiter erklärt:

 

„Wir haben in der Jugendarbeit ein ähnliches Problem wie in der Schulbildung. Das Thema LGBTI* wird meist als Sonderthema behandelt. Es gibt dann ein paar Veranstaltungen im Jahr, sonst spielt es aber kaum eine Rolle. Gerade die Jugendarbeit hat aber den Anspruch, Jugendliche in ihrer Selbstfindungsphase zu unterstützen, etwa durch Aufklärung, Projekte und Informationskampagnen. Das Thema sollte in andere Bereiche integriert werden und im Gesamtkontext von Anti-Diskriminierungsarbeit neben beispielsweise Rassismus, Ableismus und Antisemitismus mitgedacht werden.“

 

So soll der Nationale Aktionsplan auch an den Schulen das Thema LGBTI* ganzjährig mitdenken, gerade auch, um Hass und Gewalt entgegenzuwirken.

 

„Deutschlandweit werden 80 bis 90 Prozent der queerfeindlichen Straftaten nicht zur Anzeige gebracht. Jugendarbeit kann dazu beitragen, ein flächendeckendes Netz aufzubauen, um queerfeindliche Straftaten zu erfassen und den Menschen zu helfen. Oft versuchen Opfer, allein mit dem, was ihnen passiert ist, zurecht zu kommen, weil sie sich nicht trauen zur Polizei zu gehen. Gerade im ländlichen Raum ist die Schwelle, derartige Fälle bei der örtlichen Polizei zu melden, sehr hoch“, so Apel abschließend.

Bleibt die Frage offen, wann die bayerische Regierung die Situation allumfassend versteht und ihre Abneigung zum Nationalen Aktionsplan überdenkt.

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