Bistum Limburg Kontaktpersonen für LGBTI „Egal ob hetero-, homo-, bi-, trans- oder intersexuell: Bei uns sind alle willkommen!"
Am 12. Oktober machte das Bistum Limburg über Facebook darauf aufmerksam, dass Susanne Gorges-Braunwarth und Holger Dörnemann Kontaktpersonen für LGBTI*-Menschen sein werden: „Egal ob hetero-, homo-, bi-, trans- oder intersexuell: Bei uns sind alle willkommen! Susanne Gorges-Braunwarth und Holger Dörnemann sind die Kontaktpersonen in unserem Bistum für LGBTI*-Menschen. Sie sollen zukünftig den Austausch fördern und queere Themen sichtbar machen.“
Die neue Stelle im Bistum knüpft an einen Beschluss des Diözesansynodalrates an. Dieser hatte sich bereits im letzten Jahr für „einen wertschätzenden Umgang mit Menschen verschiedener sexueller Orientierungen und eine Offenheit für die Vielfalt partnerschaftlicher Lebens- und Familienformen" ausgesprochen.
Sie beschäftigen sich mit der Frage nach einer LGBTI*-Pastoral im Rahmen ihrer Verantwortung für die lebensbegleitende Seelsorge. Außerdem gehört zu ihren Aufgaben die Beschreibung eines Konzepts, das Austausch und Begegnung mit LGBTI*-Menschen fördert und Ausgrenzung entgegenwirkt. SCHWULISSIMO fragte die Kontaktpersonen wie man Kirche LGBTI*-freundlicher gestaltet, wie es um die Konzeptbeschreibung steht und was in der Bibel zu diesem Thema zu lesen ist.
Warum haben LGBTI* oft nicht das Gefühl, Teil der Kirche zu sein und warum braucht es gesonderte Kontaktpersonen?
Lesben, Schwule, Bi-,Trans- und Intersexuelle Menschen haben leider auch in Kirche Ausgrenzung erleben müssen.
Bereits vor der Beauftragung von LGBTI*-Kontaktpersonen gab es vielfache Angebote vor allem in den Metropolen des Bistums Limburg, etwa der Frankfurter Stadtkirche oder in der Landeshauptstadt Wiesbaden bei der Jugendkirche Kana.
Das Zeichen einer Beauftragung auf Bistumsebene erwächst aus einem Diskussions- und Beratungsprozess im Bistum Limburg, der sich für Vielfalt und gegen Diskriminierung ausgesprochen hat.
Wie kann man die Kirche attraktiver für LGBTI* gestalten?
Zunächst einmal muss das Zeichen, Menschen aller sexuellen Identitäten und Orientierungen gleichermaßen willkommen zu heißen, deutlich ausgesprochen sein und auch glaubhaft. Dazu braucht es das Engagement und die Offenheit auf allen Ebenen und insbesondere in den Pfarrgemeinden und Einrichtungen vor Ort.
Was sind Ihre Aufgaben als Kontaktperson?
Wir möchten die Angebote, die es im Bistum Limburg gibt, vernetzen, vor allem aber auch dazu beitragen, dass Menschen sich in der Kirche willkommen fühlen und es auch sind. Dazu gehört auch die Sensibilisierung und Qualifizierung der hauptamtlichen Mitarbeitenden.
Zu ihren Aufgaben gehört die Beschreibung eines Konzepts, das Austausch und Begegnung mit LGBTI* fördert und Ausgrenzung entgegenwirkt. Wie sieht dieses Konzept konkret aus?
Die Konzeptbeschreibung ist zunächst einmal unser Auftrag, vor dem wir jetzt stehen. Und wir möchten es im Kontakt, im Gespräch mit den Kolleginnen und Kollegen in der Seelsorge vor Ort, vor allem aber auch mit Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und Intersexuellen zusammen entwickeln. Das muss vielleicht nicht alles in Schriftform gefasst sein, obwohl wir auch das wollen und vieles davon auch auf der Bistumshomepage veröffentlichen und kommunizieren.
Was unterscheidet eine LGBTI*-Pastoral von einer heterosexuellen-Pastoral?
Das ist eine spannende Frage, weil sie sich ja auch in der Weise erstmals so ganz ausdrücklich stellt. Ich vermute – das ist unsere bisherige Erfahrung vor allem mit Homosexuellen –, dass die Themen und Weisen der Seelsorge sich gar nicht so sehr unterscheiden.
In der Seelsorge für LGBTI*-Personen brauchen die Seelsorgerinnen und Seelsorger eine besondere Sensibilität, weil nicht-heterosexuelle Menschen und ihre Angehörigen oftmals auch Verletzung und Ausgrenzung erlebt haben.
Wie kam es zur Entscheidung etwas gegen die Diskriminierung zu tun?
Der Synodalrat, das Laiengremium, das den Bischof im Bistum Limburg berät, hatte sich bereits 2020 für einen wertschätzenden Umgang mit Menschen verschiedener sexueller Orientierungen und eine Offenheit für die Vielfalt partnerschaftlicher Lebens- und Familienformen ausgesprochen. Die jetzt ausgesprochenen Beauftragungen sind auch darauf zurückzuführen.
Wie sind Sie Kontaktpersonen geworden und welche Erfahrungen im Bereich LGBTI* bringen Sie mit?
Wir sind jeweils schon lange verantwortlich in der lebensbegleitenden Pastoral, zu der die Seelsorge für homosexuelle Menschen implizit immer schon dazugehörte. Holger Dörnemann hatte bereits eine Beauftragung für Homosexuellenpastoral im Erzbistum Köln, bevor er in das Bistum wechselte. Frau Gorges-Braunwarth bringt ihre Erfahrungen aus der Frauenarbeit und der Netzwerkarbeit ein.
Wie ist das Feedback aus der Community? Wurde das Angebot bereits genutzt?
Die Resonanzen waren durchweg positiv und ermutigend. Das Wichtigste ist, dass die Signale nach innen und außen auch so verstanden werden und zu mehr Angeboten und Begegnung vor Ort führen. Von einer Bistumsebene ist manches nur anzustoßen, aber es ist so wichtig, dass dies auch geschieht und Entwicklungen in Gang setzt.
Was steht in der Bibel über Homosexualität?
Über Homosexualität als Disposition oder eine mit der Identität einer Person zusammenhängende sexuelle Orientierung steht in der Bibel – wie die Bibelwissenschaft heute sehr eindeutig sagt – nichts. Sie war den Autoren den biblischen Schriften schlicht unbekannt. Verurteilende Aussagen finden sich aber zu sexuellen Gewalthandlungen.
Wie ist die allgemeine Haltung in der katholischen Kirche gegenüber LGBTI*?
Die Haltung der katholischen Kirche ist derzeit sehr in Bewegung. In zahlreichen Bistümern gibt es Kontaktpersonen oder Beauftragungen. Auf einem ‚Synodalen Weg‘ der Kirche in Deutschland wird derzeit sehr intensiv über das Thema in einem Forum gesprochen, weil klar ist, dass die Katholische Sexualmoral neu bewertet werden muss.
Die Beauftragung von Ansprechpersonen in allen Bistümern ist auch eine Forderung, die auf dem Tisch liegt – ebenso Handlungstexte, die sich für Segenfeiern aussprechen. Ziel ist es hier, alle Bistümer in Deutschland mitzunehmen und auch ein deutliches Zeichen in die Weltkirche zu senden. Das ist unsere Verantwortung vor Ort.