Susanne Bonnemann Aktionsplan der Stadt Köln zur Akzeptanz von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt
Köln ist eine Stadt, die für ihre Weltoffenheit, Toleranz und Vielfalt bekannt ist und sowohl bundesweit als auch international als Hochburg von Lesben und Schwulen wahrgenommen wird. Dennoch gibt es Handlungsbedarf und dieser wird festgehalten in Form eines Aktionsplans zur Akzeptanz von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. Zu diesem Thema befragte SCHWULISSIMO Susanne Bonnemann. Sie leitet in der Stadt Köln die Fachstelle für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und intergeschlechtliche Menschen.
Warum ist ein Aktionsplan so wichtig?
Köln ist eine weltoffene und tolerante Stadt, in der mehr als 10 % der Stadtbevölkerung lesbisch, schwul, bisexuell, trans- und intergeschlechtlich sind. Dennoch erfahren einige immer noch Ausgrenzung, Hass, Hetze oder gar Gewalt – sei es zu Hause, auf dem Schulhof, am Arbeitsplatz oder auf der Straße. Der Abbau von Diskriminierung und die Wertschätzung der Vielfalt der Kölner Stadtgesellschaft sind gesamtstädtische Ziele.
Damit gehört es auch zu den Aufgaben der Kölner Stadtverwaltung, die Akzeptanz von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt zu fördern und allen LSBTI-Menschen in Köln eine diskriminierungsfreie Teilhabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen. Und um diese Ziele zu erreichen, ist ein Aktionsplan für eine Stadtverwaltung ein gutes Instrument: Er bündelt erstmalig alle Maßnahmen der Stadt Köln mit LSBTI-Bezug in einem Handlungskonzept. Aufgenommen wurden bereits laufenden Projekte sowie Maßnahmen, die künftig umgesetzt werden sollen.
Welche Themen müssen enthalten sein? Und wer bestimmt, welche Themen reinkommen bzw. Priorität haben – das klingt nach einer großen Verantwortung?
Grundsätzlich sind LSBTI-Themen Querschnittsthemen, die die unterschiedlichsten Lebenslagen und Lebensbereiche von LSBTI-Menschen betreffen. Dies geht auch aus den zehn Handlungsfeldern im Aktionsplan hervor. Diese reichen von dem Bereich Kinder, Jugend und Familie, über Schule, Arbeit, Sport bis hin zu Alter und Pflege. Durch alle Bereiche hindurch sind immer wieder ähnliche Dinge erforderlich: Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit zu leisten, Sichtbarkeit und Teilhabe zu schaffen sowie Standards und Ressourcen bereitzustellen.
Bei der Erarbeitung unseres LSBTI-Aktionsplans wurden die Themen von einer Steuerungsgruppe gesetzt. Diese bestand aus Vertreter*innen der Kölner LSBTI-Communities sowie Mitarbeitenden der Stadtverwaltung. Die von der Steuerungsgruppe erarbeiteten Maßnahmenvorschläge wurden dann mit den Kolleg*innen aus den zuständigen Fachämtern abgestimmt und auf ihre Umsetzbarkeit geprüft. Das Ergebnis dieser Rückkopplung ist das, was uns jetzt vorliegt. Und ja, die Verantwortung und die Erwartungen sind groß, das spüren wir auch.
Welche Punkte erfordern mehr Geld, Zeit und Aufwand oder sind in irgendeiner anderen Form schwierig umsetzbar?
Ein Bereich, der sowohl Geld, Zeit als auch Aufwand erfordert, ist der Ausbau von Schulungen für Mitarbeitende der Kölner Stadtverwaltung zu sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. Unser Ziel ist es, möglichst viele Kolleg*innen, vor allem aber die in Bereichen mit erhöhtem Kundenkontakt arbeiten, für die besonderen Lebenslagen von LSBTI-Menschen zu sensibilisieren.
Ein anderes komplexes Thema ist z.B. die mögliche Einführung von Toiletten für alle Geschlechter – zusätzlich zu den als Standard vorgesehenen Frauen- und Männertoiletten – sei es für Bestandsbauten oder bei der Planung von Neubauten. Des Weiteren gibt es auch Themen wie z.B. aus dem Bereich Schule, bei denen nicht die Stadt, sondern die Bezirksregierung oder das Land NRW die Entscheidungskompetenz hat.
Wurden bestimmte Themen dank des Aktionsplans bereits angegangen?
Der LGBTI-Aktionsplan befindet sich derzeit noch zur Vorberatung in verschiedenen kommunalpolitischen Gremien, bevor er dann in der Ratssitzung am 14.12.2021 verabschiedet werden soll. Die Umsetzung von neuen Maßnahmen hat somit momentan noch nicht begonnen. Das Gleiche gilt für das Controlling, also die Überprüfung aller fortlaufenden Maßnahmen. Aber schon dadurch, dass der Aktionsplan jetzt in der Vorberatung ist, haben die Themen eine erhöhte Aufmerksamkeit in der Kommunalpolitik bekommen. Ganz konkret hat das Ratsbündnis für die Umsetzung und Überprüfung der Maßnahmen des LSBTI-Aktionsplans mit der Verabschiedung des Haushalts 2022 in der letzten Ratssitzung eine zusätzliche Stelle für die Fachstelle LSBTI und einen Betrag von 200.000 Euro vorgesehen.
Als queere Hauptstadt sieht man sich da auch in der Vorbildfunktion für einen Aktionsplan, der dann hoffentlich bald auch auf Bundesebene erstellt wird? Und würde man sich dann auf Bundesebene mit Ideen und Vorschlägen sowie Erfahrungen einbringen?
Unser Aktionsplan ist der Aktionsplan der Stadt Köln und somit ein kommunales Maßnahmenprogramm, das sich vorwiegend an lokalen Bedarfen und der existierenden bzw. ausbaufähigen lokalen Infrastruktur in Köln orientiert. Kommunen haben nun mal andere Zuständigkeitsbereiche als Bundesländer oder eben die Bundesregierung. Und genau deswegen würden wir es sehr begrüßen, wenn es bald auch auf Bundesebene einen Aktionsplan gibt. Denn als Kommune können wir weder das Transsexuellengesetz noch das Abstammungsrecht reformieren.
Es gibt ja sowohl auf Landesebene als auch auf kommunaler Ebene bereits eine Vielzahl von LSBTI-Aktionsplänen, die sicher alle ihre Stärken und Schwächen haben. Sollten wir von der Bundesebene aus gefragt werden, werden wir uns im Namen der Stadt Köln natürlich gerne mit unseren Erfahrungen einbringen.
Momentan beteiligen wir uns bereits auf europäischer Ebene als Mitglied des internationalen Rainbow Cities Netzwerks (RCN) im Rahmen eines EU-Projektes an der Erstellung von Leitlinien für Städte, die momentan noch keine Handlungskonzepte zur Förderung der Akzeptanz und Teilhabe von LGBTI*-Menschen haben, dies aber angehen wollen.