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Frederik Guth

Frederik Guth „Mein Fokus liegt darauf, sich wieder neu zu vernetzen und einen Aufbruch nach Corona zu schaffen“

km - 05.11.2021 - 10:00 Uhr

Der Checkpoint „Hein & Fiete“ in Hamburg ist die Anlaufstelle für Prävention und Beratung für MSM. Aus einem Team von Ehren-und Hauptamtlichen leisten sie einen großen Beitrag für die Community. Ob Testung auf STIs, Beratung vor Ort oder Events in der schwulen Bewegung, „Hein & Fiete“ ist für euch da.
Ab dem ersten November 2021 mit einem neuen Gesicht unter den Hauptamtlichen: Frederik Guth. So ganz unbekannt ist sein Gesicht allerdings nicht, denn er ist schon seit 2019 für „Hein & Fiete“ als Ehrenamtlicher tätig.

Was er jetzt genau bei „Hein & Fiete“ macht, warum er jetzt Hauptamtlicher ist, was seine Ziele sind und vieles mehr erzählte er SCHWULISSIMO im Interview.
 

Moin Frederik, magst du dich einmal kurz vorstellen?
Gerne, ich bin Frederik oder auch Freddy und bin 37 Jahre jung. In meiner Freizeit spiele ich Gitarre und Klavier, außerdem versuche ich gerade meinen Motorradführerschein zu machen. Das bestimmt gerade meine Freizeit und natürlich der anstehende Berufswechsel.

Damit sind wir direkt beim Thema, du fängst zum ersten November bei „Hein & Fiete“ als Vor-Ort-Arbeiter an. Was hast du davor gemacht?
Davor habe ich als Erzieher gearbeitet und bin seit 2019 ehrenamtlich tätig bei „Hein & Fiete“. Als es dann hieß, da ist die Vollzeitstelle frei, habe ich mich direkt beworben und den Job bekommen.

Und wie kam es zum Berufswechsel vom Erzieher zu „Hein & Fiete“?
Ich habe sehr gerne als Erzieher gearbeitet, aber ich hatte das Gefühl, es war einfach Zeit für einen Berufswechsel. Ich hatte Lust, die Möglichkeit, bei Hein und Fiete mitzuarbeiten, wahrzunehmen. 

Und als Ehrenamtlicher habe ich das Haus, die Events sowie die Kolleg*innen bereits ausführlich kennengelernt. Das finde ich persönlich schon einen großen Pluspunkt, wenn man die Arbeit wechselt, dass man nicht vom Regen in die Taufe kommt, sondern genau weiß, auf was man sich einlässt. Als ich dann erfahren habe, dass wieder Hände gebraucht werden, habe ich die Chance genutzt.

Wie qualifiziert man sich für diesen Job?
Man muss in einem sozialen Beruf gearbeitet haben und inhaltlich auf dem neusten Stand sein, was die gesundheitlichen Forderungen von MSM angeht. Ich bin momentan noch in meinem Studium und schließe dieses auch nächstes Jahr ab. Außerdem sollte man eine generelle Bereitschaft mitbringen und Spaß an der Arbeit mit Menschen haben. Gute Kommunikationsfähigkeiten sollten vorhanden sein, da man nicht nur vor Ort mit den Menschen spricht, sondern auch Vernetzungsarbeit in der Community leisten muss.

© privat

Was werden deine Aufgaben sein?
Ich bin der Hauptamtliche für die Safety-Crew. Das sind die Ehrenamtlichen, die in den Bars, bei den Partys, im Pornokino und alle Orte, wo schwuler Sex stattfindet, dabei sind und Aufklärungsarbeit betreiben. Dafür bin ich der Ansprechpartner für Wirte, Veranstalter und Co. Je nachdem, welches Event bevorsteht, plane ich die entsprechenden Aktionen mit den Ehrenamtlichen. Zudem finden auch Aufgaben innerhalb unseres Checkpoints statt, wie zum Beispiel der Gay-Health-Chat, der deutschlandweit fungiert. Zudem werde ich hier und da die Beratungsangebote im Haus auch übernehmen. Aber der Hauptfokus liegt wirklich auf der Arbeit vor Ort, wie der Name Vor-Ort-Arbeiter auch schon vermuten lässt.

Also größtenteils Organisation und Vernetzung.
Genau und Durchführung von Angeboten innerhalb der Community. Auf den Gay Wiesen zum Beispiel, da konnten wir auch wieder Präsenz zeigen. Hamburg hatte ja relativ starke Auflagen und diese auch recht lang und deshalb sind wir froh, der Community wieder zu begegnen und aus dem Corona-Tiefschlaf zu erwachen. Unter 2G kann jetzt endlich wieder etwas gestartet werden und alle sind froh, dass es wieder losgeht.

Was sind die ersten Events, die jetzt wieder losgehen werden?
Also es ging ja schon los. Der CSD in Hamburg war eine Fahrrad-Demo und danach gab es im Schrödingers dank großer Außengastro die erste streng-limitierte Party. Da waren wir mit dabei und eben auch bei der Gay Wiesen in Hamburg, welches unter 2G eben das erste Event war, das drinnen stattfinden konnte. Auch die Mystery Hall eröffnete nach langer Zeit wieder und da waren wir auch mit dabei.

Was sind deine Ziele, die du bei diesem Job erreichen willst?
Das geht in die Richtung Vernetzung. Ich würde mir da wünschen, dass man wieder richtig guten Kontakt knüpft, der in den letzten Jahren aufgrund von Corona etwas gelitten hat. Und dass man den Teil der Community fördert, der bisher nicht so viel Sichtbarkeit erhalten hat. In Hamburg war vor Kurzem der erste Bi Pride, um Sichtbarkeit zu schaffen und sich eben gut zu vernetzen.
Ich möchte andere queere Menschen mehr mit in die Community integrieren. Es geht um verschiedene Männlichkeiten, es geht um Bi- und Transsexualität. Alles, was eben zu unserem LGBTI* gehört, soll sich als fester Teil der Community verstehen und sich willkommen fühlen.

Wie willst du diese Ziele konkret erreichen?
Zum einen mit gezielter Aufklärung in der Szene mit entsprechendem Infomaterial. Zum anderen, indem man ins Gespräch mit Wirten und Co. geht und dann eben auch neue Veranstaltungen ins Leben ruft – wie zum Beispiel das mit der Bi Pride dieses Jahr der Fall war. Und solche schon bestehenden Strukturen muss man dann auch weiterhin unterstützen und weiterentwickeln.

Was liebst du am meisten an deiner zukünftigen Arbeit?
Ich mag die großen Events und gerade da ist unsere Aufklärungsarbeit auch wichtig. Besonders schön finde ich jedoch die Einzelgespräche, die aber durchaus auch auf diesen Events stattfinden können. 

Also wenn ich eine Person im Einzelgespräch vor mir habe und diese interessiert fragt – egal ob es um Aufklärung, Beratung oder Sonstiges geht. Es ist einfach schön, wenn man einem Menschen direkt helfen kann. Der Impact auf einen Menschen und das Feedback, was man sofort bekommt, liebe ich an meiner Arbeit.

Schenken wir den Worten von Jens Spahn Glauben, wird die Pandemie im Frühjahr 2022 vorbei sein. Wie verändert das die Arbeit von „Hein & Fiete“ und im Speziellen auch deine Arbeit?
In Zeiten von Corona war die Vor-Ort-Arbeit dauerhaft nicht möglich. Was wir allerdings daraus gelernt haben bzw. umgestellt haben, ist die Vernetzung mit der Community über soziale Medien oder das Internet. Dadurch schafft man eine größere Erreichbarkeit. Da werden wir in Zukunft mehr Arbeit und Zeit reinstecken, da sich das in nächster Zeit immer mehr entwickeln wird. Da kommt man nicht drum herum. So können wir auf die Events, Institutionen usw. aufmerksam machen, die besonders durch die Krise gelitten haben. Gleichzeitig können wir darüber auch niedrigschwellig Aufklärungsbotschaften verbreiten.

Dementsprechend liegt mein Fokus darauf, sich wieder neu zu vernetzen und den Aufbruch nach Corona zu schaffen. Geschwächte Strukturen und Institutionen wieder zu stärken, damit sie erhalten bleiben. Durch den Erhalt von Bars, Kinos und Co. stärken wir gleichzeitig die Community. Daher ist unser Schlachtruf in der kommenden Zeit: „Leute, es geht wieder los! Raus aus euren Wohnungen und rein in die Kneipen!“.

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