Gastbeitrag von Hartmut Evermann Sexuelle Gesundheit für schwule Männer
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschreibt sexuelle Gesundheit als einen Zustand des körperlichen, emotionalen, geistigen und sozialen Wohlbefindens. Bezogen auf die Sexualität bedeutet die Definition mehr als nur die Abwesenheit einer (sexuellen) Krankheit, einer Funktionsstörung oder Schwäche. Weiterhin heißt es in der Definition der WHO: „Sexuelle Gesundheit erfordert sowohl eine positive, respektvolle Herangehensweise an Sexualität und sexuelle Beziehungen als auch die Möglichkeit für lustvolle und sichere sexuelle Erfahrungen, frei von Unterdrückung, Diskriminierung und Gewalt. Wenn sexuelle Gesundheit erreicht und bewahrt werden soll, müssen die sexuellen Rechte aller Menschen anerkannt, geschützt und eingehalten werden.“ Das gilt auch und gerade für schwule Männer.
Und damit haben auch wir ein Recht auf Lust und sexuelle Zufriedenheit. Es klingt so einfach und so selbstverständlich – ist es jedoch leider nicht. Wir alle kennen die Vorurteile gegenüber schwulem Sex, stehen unter Rechtfertigungszwang, bemühen uns in bestimmten Kontexten, unsere Sexualität zu verheimlichen, und sollen dann auch noch als weltbeste Hengste oder mitgehende Bottoms alles Mögliche mitmachen und aushalten.
Stress auf der Arbeit oder in der Familie, die Scham vor der eigenen Homosexualität und der Leistungsdruck beim Aussehen und beim Sex führen nicht selten dazu, dass Männer beim Sex zu lust- und/oder leistungssteigernden Mitteln greifen – am häufigsten zu Alkohol.
Was kann ich für mein eigenes Wohlbefinden tun, wie kann ich meine Gesundheit erhalten und wie bekomme ich Unterstützung und Beratung, wenn ich sie denn brauche?
Gute Ernährung und Bewegung sind für das Wohlbefinden sehr wichtig, dabei solltest du allerdings nicht übertreiben und dir keinen Stress machen. Manche Männer sind mit ihrem Körper nicht zufrieden und wollen unbedingt so aussehen wie die Männer, die in der Werbung oder auch in Pornos zu sehen sind, auch wenn das die Realität weniger widerspiegelt. Wenn du dich in deinem Körper aber überhaupt nicht wohlfühlst, kann ein Gespräch in einer schwulen Beratungsstelle sehr hilfreich sein.
Auch das psychische Wohlbefinden ist wichtig. Kreativ und aktiv sein, Freundschaften pflegen und sich engagieren – das steigert nicht nur deine Lebensqualität, sondern kann auch deine Lust auf Sex stärken. Einsamkeit, Diskriminierung, Stress im Beruf und Privatleben oder Schwierigkeiten mit der sexuellen oder geschlechtlichen Identität sind dagegen belastende Faktoren, mit denen man(n) oft allein ist. Scheu dich nicht Unterstützung zu suchen, die auch professionell sein kann.
Aidshilfen informieren und beraten zu HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten, zur PrEP und zur PEP und so weiter – das ist allen bekannt. Oftmals kennen sie sich aber auch mit anderen Problemen sexueller Gesundheit und mit belastendem Drogenkonsum aus. Sie können dir direkt helfen oder unterstützen dich dabei, wenn du weitergehende Hilfen brauchst. Wir wollen, dass du mehr Lust und Mut zur Lust hast!
Je klarer und zufriedener du mit deiner Sexualität bist, desto besser wirst du auch in der Lage sein, dich vor Krankheiten, die sexuell übertragen werden, zu schützen.