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Im Interview Bella Lesnik

vvg - 02.09.2018 - 07:00 Uhr

Bella Lesnik moderiert bei RTL die Abendsendung „Exclusiv“. Plötzlich wurde sie selbst zur „Schlagzeile“ der Sendung, weil sie ihre Beziehung zum Transmann Jill öffentlich machte. Grund für Schwulissimo sich mit Bella zu treffen.

Bella, woher wussten deine Eltern bei deiner Namensgebung dass du so eine schöne Frau wirst?
Das ist ja süß, Danke. Eigentlich heiße ich ja Isabela, aber schon in der 5. Klasse gab mir eine Schulkameradin den Namen Bella und den haben dann alle übernommen.

Gibst du uns einen kleinen Einblick in deine Vita?
Ich bin in Niedersachsen geboren und habe dort meine Sozialisationsstufen vom Kindergarten, über die Schule bis zur Uni mit Studium auf Lehramt durchlaufen. Nachdem ich relativ schnell gemerkt hatte, dass mich ein Job an einer Schule nicht glücklich machen würde, habe ich verschiedene Praktika gemacht und bin darüber schließlich in NRW gelandet. In Unna habe ich dann mein Volontariat bei „Antenne Unna“ gemacht. Es folgten unter anderem 1LIVE in Köln. Irgendwann kam das Fernsehen dazu und mittlerweile bin ich schon im vierten Jahr bei „Exclusiv“ und moderiere dort regelmäßig um 18.30 Uhr unsere Sendung bei RTL.

Was wolltest du als Kind werden?
Eigentlich wollte ich Tänzerin werden, habe neben der Schule sogar eine Tanzausbildung gemacht. Mit 17 war meine Idee für die Zukunft Grundschullehrerin; das Studium an sich hat mir auch sehr viel Spaß gemacht. Aber als ich während des Studiums nebenbei als Vertretungslehrerin gearbeitet habe, war mir schnell klar, dass Schule nicht mein Arbeitsplatz ist. Heute bin ich für all die beruflichen Abweichungen sehr dankbar.

Als Moderatorin musst du immer gute Laune haben…
Jede Kassiererin an der Kasse ist zu ihren Kunden ja auch freundlich, egal ob ihr Tag vielleicht nicht so gut war. Also die gute Laune im Studio kriege ich in den ca. 10 Minuten auf jeden Fall hin - in der Regel bin ich bei der Arbeit aber den ganzen Tag sehr gut gelaunt, weil ich sehr tolle Kollegen habe und meinen Job wirklich sehr liebe. Aber klar, es gibt natürlich auch Tage, wo ich nicht so gut drauf bin, das kennt sicherlich jeder.

Du moderierst in „Exclusiv - Das Star-Magazin“ aktuelle Ereignisse aus der Welt der Promis: Von der Becker-Trennung, dem Zoff im "Sommerhaus der Stars“ oder über den Notruf bei Demi Lovato. Welche Meldung hat dich persönlich betroffen gemacht?
Sehr betroffen gemacht, hat mich die Meldung über Jan Ulrich. Mir war gar nicht bewusst, dass der in so einer schweren Krise steckte. Das finde ich schon sehr traurig.

Und welche hat dich amüsiert?
Wir machen ja in der Sendung am Ende immer die Bilder des Tages. Da werden z.B. Situationen gezeigt, die sonst beim „Roten Teppich“ im Blitzlicht gar nicht auffallen. Während alle Augen auf das Gesicht und Dekolleté gerichtet sind, zeigen wir den Assistenten, der ständig die Schleppe richtet. So etwas finde ich herrlich.

Zwischen all den Infos „Wer mit wem" wurdest du plötzlich selbst zur Schlagzeile - Was ist passiert?
Wir haben gespürt, dass da ganz großes Interesse war. Ein Interesse was in der Form wohl nicht dagewesen wäre, wenn Jill als biologischer Mann auf die Welt gekommen wäre. Ich bin jemand, der nicht über sein Privatleben spricht und bei den Interviews, die wir dazu gegeben haben, haben wir auch nicht die Schlafzimmertür geöffnet, das werden wir auch nicht. Wir haben es öffentlich gemacht, weil wir das Gefühl hatten, da ist ganz viel positives, echtes Interesse vorhanden und da darf sich was befreien. Da darf eine Selbstverständlichkeit mit dem Thema Transsexualität eine Öffentlichkeit bekommen.

Du hast nach der Fernseh-Doku „Frau oder Mann" die Bilder von Transmann Jill Deimels mit einem Like versehen und danach „gehofft, dass er sich bei dir meldet, weil du dich nicht getraut hast, ihn direkt anzuschreiben“. Warum so schüchtern?
Nein, so etwas kann ich nicht. Was schreibt man denn da? Gott sei Dank hat er ja auf meine Likes reagiert und mir geschrieben. Ich hatte einfach das Gefühl, dieser Mensch gehört in mein Leben und ich wollte ihn kennen lernen. Ich weiß nicht, was ich gemacht hätte, wenn er sich nicht gemeldet hätte…

Nach Wochen das Erste Date, was sich gleich zur „Liebe auf den 1. Blick“ entwickelte, was machte dich da so sicher?
Das war vom Gefühl anders, als alles Bisherige. Als ich ihn in der Doku sah, hatte ich das Gefühl, da sitzt mein Seelenverwandter. Das war mir schon bewusst, bevor ich ihn persönlich gesehen und gesprochen habe.
 

Kannte er dich vom Fernsehen?
Vom Fernsehen nicht. Meine Bilder auf Instagram haben ihm nichts gesagt. Aber nachdem er mich gegoogelt hatte, hat er erkannt, dass er mich hörend von 1Live kennt. Er erzählte mir, dass ich jahrelang bei ihm im Auto war; er als Fahrer und ich als die Stimme aus dem Radio. Wir denken oft, dass wir uns vielleicht schon öfter fast über den Weg gelaufen sind. Und dass es bestimmt schon Situationen gab, in denen man aus der Luft betrachtet, gesehen hat, wie wir uns über Umwege immer weiter auf uns zu bewegt haben im Leben.

Also ein ganz anderes Gespür als bei dem ehemaligen Nirvana-Schlagzeuger & Foo-Fighter-Mitglied Dave Grohl, den du mal als „besten Menschen“ bezeichnet hast.
Dave fand und finde ich als Mensch super, weil er in sich ruht und einen tollen Humor hat. Ich fand die Idee immer toll, mit dem Mal auf der Veranda zu sitzen und ’ne Apfelschorle zu trinken. Ich hab ihn aber nie angehimmelt. Er ist optisch auch nicht mein Typ. Auch Jill ist eigentlich gar nicht mein Typ, ich stehe eher auf Milchbubis, aber Jill hat mich als Mensch fasziniert und verzaubert.

Wie war das Gefühl bei 1LIVE – hier ist beim 1. Live-Treffen gemeint?
Ich hatte gehofft, dass das Gefühl, was ich von ihm hatte, auch beim ersten Treffen so bleibt. Dass es nicht passiert, dass man beim Date denkt, wie bekomme ich jetzt die Stunde rum? Das kennt man ja auch, dass Erwartungen nicht immer erfüllt werden.

Das Gefühl ist geblieben, du hast gehofft, dass Jill nicht wie eine Frau küsst…
Nun, ich war froh, dass Jill gut küsst. Die Angst, dass er wie eine Frau küsst, kam ohne dass ich wusste, was ich überhaupt damit meine. Ich weiß nicht wie Frauen küssen. Lediglich eine Freundin, die diese Erfahrung gemacht hat, erzählte, dass Frauen anders küssen, weil sie weichere Lippen haben. Aber offensichtlich küssen Männer und Frauen doch gleich.

Bist du nie von einer Frau angemacht worden?
Nicht das ich das gemerkt hätte. Ich bin bisher weder von einem Mann noch von einer Frau jemals angesprochen worden.

Wie war das Outing in der eigenen Familie - schließlich ist es nicht alltäglich, dass man sich in jemanden verliebt, in dessen Brust 2 Herzen schlagen?
Meine Familie hat Jill relativ schnell kennen gelernt und sich auch in ihn verknallt. Er ist einfach ein Super-Mensch. Eine Freundin hat zuerst geweint: Wohl aus dem gleichen Grund, wie es auch für manche Eltern erstmal schwer ist, wenn sie erfahren, dass ihr Kind homosexuell ist. Weil dann unter Umständen Sorgen entstehen, dass das Kind in der Gesellschaft unter Umständen aneckt und dadurch Probleme im Leben bekommt, weil es anders ist, als die Mehrheit. Eltern wollen für ihre Kinder ein sorgenfreies, glückliches Leben. Bei meiner Freundin war die Sorge ähnlich gelagert. Aber in dem Augenblick als die Jill kennengelernt hat, waren alle Sorgen verflogen und auch sie hin und weg.

Jill kann sich sowohl in die weibliche, als auch in die männliche Gefühlswelt hineinversetzen – wärst du gerne mal für einen Tag ein Mann – vielleicht sogar ein schwuler Mann?
Ich weiß nicht, ob ich das als eigene Erfahrung bräuchte, aber ich interessiere mich grundsätzlich für Menschen. Mit so einer Erfahrung könnte man sich manche Frage ersparen - und vielleicht sogar auch besser verstehen.

Hattest du Angst vor negativen Äußerungen, bösen Kommentaren oder vor einem Shitstorm von Leuten, die das zwar nichts angeht, die aber zu allem ihren Senf abgeben müssen?
In der Fernseh-Branche ist das sicherlich anders, als in einer eher konservativen Branche oder in einer reinen Männerdomäne. Da kann das sicherlich ein ernstzunehmendes Problem sein. Klar gibt es online immer den einen oder anderen Verwirrten, der mit sich selbst unglücklich ist. Auf unseren Profilen waren es 99% positive Statements. „BILD“ hatte auf Facebook auch den Artikel, da waren die Reaktionen etwas „ausgewogener“ aber trotzdem mehrheitlich positiv bis neutral. Persönlich habe ich bisher nichts Negatives erlebt.

Hattest du vor dieser TV-Doku Berührungen mit der LSBTI*-Welt?
Ich habe viele schwule und lesbische Kolleginnen und Freunde, aber ich war nicht aktiv in der Szene unterwegs. Das ist ein ganz normaler selbstverständlicher Bestandteil in meinem Leben.

Chers Tochter ist heute ein Mann , Brad Pitt und Angelina Jolies Tochter Shiloh möchte ein Junge sein und John heißen. Und Balian Buschbaum war einst erfolgreiche Deutsche Meisterin im Stabhochsprung. In Deutschland haben ca. 80.000 Menschen den Wunsch ihr inneres dem äußeren Geschlecht anzugleichen. Ist mit dem Beschluss des BVG und der gerade stattgefundenen Verabschiedung im Bundestag das 3. Geschlecht einzuführen, alles erreicht?
Wichtig ist, dass das Thema präsent ist, denn nur wenn darüber gesprochen wird, wenn es im Alltag wahrgenommen wird, kann man sich selbst darin erfahren: Was macht es mit mir, wenn ich so einen Menschen im Fernsehen sehe oder in der Öffentlichkeit begegne? Kenne ich vielleicht schon Menschen, von denen ich es nicht wusste und gehe ich ganz unbekümmert mit ihnen um?

Worauf freust du dich in der Zukunft?
Ich möchte einfach glücklich sein, in welcher Form und welcher Phase auch immer das ist. Ich habe nichts manifestiertes oder Materielles, dass für mich Glück bedeutet. Ich brauche weder den ewigen Sonnenschein, keine materiellen Güter, noch eine tolle Villa.

Danke Bella für deine Worte und grüß bitte Jill von uns.

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