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250.000 Menschen in der Hansestadt erwartet

CSD Hamburg am Start! Der letzte große Pride des Jahres will Zeichen gegen Gewalt setzen

ms - 05.08.2022 - 09:30 Uhr

Der CSD am Samstag in Hamburg dürfte die letzte große Pride-Veranstaltung in diesem Sommer sein und erwartet rund 250.000 Menschen. Nach mehr als zwei Jahren Corona-Pandemie findet der beliebte Pride in der Hansestadt erstmals wieder ganz ohne Einschränkungen oder Schutzmaßnahmen statt. Rekordverdächtige 82 Gruppen mit 30 Trucks haben sich angemeldet, um von der Langen Reihe aus durch die Innenstadt bis zum Jungfernstieg gute vier Kilometer zu marschieren. Bereits seit Freitagmorgen sind einzelne Bereiche der Strecke abgesperrt, los geht es dann am Samstag um 12 Uhr mittags. Zuvor hat die Hansestadt mit einem Regenbogentag auf dem Sommerdom am gestrigen Donnerstag und dem Dyke March am heutigen Freitag ein klares Zeichen für Toleranz gesetzt – auch wenn es zuletzt bei der Demonstration für lesbische Frauen bereits im Vorfeld zu Streitigkeiten gekommen war. Als Gastrednerin war die trans-Politikerin Tessa Ganserer eingeladen worden und manch eine lesbische Hanseatin fragte leicht spöttisch nach, ob man in ganz Hamburg keine einzige Lesbe gefunden habe, die beim Dyke March eine Rede halten könne.  

Davon unbeeindruckt will der CSD in Hamburg alle Menschen willkommen heißen und mit seinem Motto auch gleich auf zentrale Probleme der LGBTI*-Community aufmerksam machen: “Auf die Straße! Vielfalt statt Gewalt!“ Auch in Hamburg ist wie in ganz Deutschland zuletzt binnen eines Jahres die Zahl der Hassverbrechen und Angriffe auf LGBTI*-Menschen sprunghaft angestiegen – in Hamburg selbst wurden 2021 mehr als doppelt so viele Straftaten verzeichnet (67) wie das Jahr zuvor, wobei auch hier davon ausgegangen wird, dass rund 90 Prozent der tatsächlichen Übergriffe gar nicht erst zur Anzeige gebracht und damit erfasst worden sind. Die Pride-Vorsitzende Nicole Schaening dazu: „Die zunehmende Gewalt gegenüber queeren Menschen bestürzt uns sehr. Die queere Community kann sich auch in Hamburg auf offener Straße längst nicht immer sicher fühlen und wir sind nicht bereit, diese Entwicklung hinzunehmen. Wir fordern von der Politik endlich mehr Maßnahmen, um LGBTI* vor Hass und Gewalt zu schützen.“ Mehr denn je ist es also wichtig, gegen Gewalt und für die Vielfalt der LGBTI*-Community auf die Straße zu gehen. Und wenn man nebenbei noch ein Fischbrötchen vernaschen kann, bleiben doch sowieso keine Wünsche übrig. Zur Demo werden unter anderem auch Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sowie die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) erwartet. Nach dem CSD wird dann im Rahmen der Pride Night noch der Pride Award vergeben, mit dem Preis werden jährlich Personen, Vereine oder Institutionen ausgezeichnet, die sich in besonderer Weise für LGBTI*-Menschen in Hamburg und Norddeutschland einsetzen – zwei LGBTI*-Aktivisten sowie das Lesbennetzwerk Hamburg gehören zu den Nominierten. Ein zusätzlicher Ehren-Pride-Award war bereits Anfang des Jahres an die Initiative #OutInChurch vergeben worden.

Der CSD in Hamburg blickt dabei auch auf eine lange Geschichte zurück, erstmals gingen im Jahr 1980 schwule und lesbische Hamburger für ihre Rechte auf die Straße – damit gehört der CSD in der Hansestadt zu den ersten seiner Art in ganz Deutschland. Im Jahr 2022 ist der CSD in eine Pride-Week eingebettet, diese startete bereits am vergangenen Wochenende mit dem Hissen der Regenbogenfahne am Hamburger Rathaus. Entgegen anderer Städte hat die Regenbogen-Beflaggung in Hamburg bereits seit 2008 Tradition. Und auch das dreitägige Straßenfest rund um die Binnenalster wird am Wochenende erneut viele tausend Menschen anziehen – die Lust und die Sehnsucht auf ausgelassenes Feiern nach Jahren der Pandemie sind groß, wie auch Christoph Kahrmann vom Organisationsteam des Pride bestätigte: „Das heißt, endlich wieder sichtbarer in der Stadt zu sein, aber auch, die Möglichkeit zu haben, sich zu vernetzen, Erfahrungen auszutauschen, für unsere Rechte gemeinsam auf die Straße zu gehen und mit aller Kraft auf allgegenwärtige Probleme wie Diskriminierung und Gewalt gegenüber LGBTI* hinzuweisen.“  

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