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LGBTI* und kirchliche Trauung – passt das noch zusammen?

Die Kirche muss sich ändern! LGBTI* und kirchliche Trauung – passt das noch zusammen?

ms - 17.01.2022 - 12:30 Uhr

Es scheint die letzte Bastion verliebter queerer Menschen zu sein – eine Trauung vor dem Altar. Was für Protestanten in weiten Teilen Deutschlands bereits möglich ist, ist für queere Menschen mit katholischem Glauben noch immer unvorstellbar. Ähnlich sieht die Situation in Großbritannien aus. Hier hat sich nun Pfarrer Dr. Stephen J. O'Connor zusammen mit seinem Kollegen Pater Alec Mitchell eindeutig für die kirchliche Trauung von LGBTI*-Personen eingesetzt. Gegenüber dem britischen Guardian sprach O´Conner von einer unsinnigen Haltung der Kirche von England. O´Conner selbst ist homosexuell und seit 22 Jahren mit seinem Lebensgefährten verpartnert:

„Die derzeitige Praxis der Kirche könnte nicht weiter von der herrlichen Freiheit des christlichen Evangeliums entfernt sein, die darin besteht, dass Gott Liebe ist und diejenigen, die lieben, in Gott leben (…) Wir werden nicht ruhen, bis es eine vollständige und totale Gleichberechtigung für alle bei der Bereitstellung des sakramentalen Dienstes der Kirche gibt, der ein Geschenk Gottes an alle ist und auf alle Paare ausgedehnt werden sollte, die ihre Beziehung im Angesicht Gottes und seiner Kirche feierlich begehen wollen.“

Dass die Kirche ihre Haltung zur gleichgeschlechtlichen Ehe schnellstmöglich ändern muss, sieht auch Pater Alex Mitchell so. In den aktuellen Debatten rund um das Thema Gender und Diversität erkennt er zudem die Gefahr, den eigentlichen Aspekt gänzlich aus dem Auge zu verlieren: „Die gegenwärtigen Verwirrungen und Konflikte über die "wahre" Bedeutung von und die Unterschiede zwischen Wörtern wie Sex, Gender, männlich und weiblich machen die Debatten über die gleichgeschlechtliche Ehe immer problematischer. Vielleicht wäre es die einfachste Lösung, wenn die Kirche von England eine Definition der Ehe als Verbindung zwischen zwei Personen definieren würde, unabhängig von anderen angeblich angeborenen - oder unveränderlichen - Merkmalen.“

Auch wenn in Deutschland das Verfahren zur kirchlichen Trauung bei evangelischen Kirchen von Landeskirche zu Landeskirche noch einmal unterschiedlich ist, ist der Gang zum Altar grundsätzlich fast überall möglich. Laut evangelischem Pressedienst (epd) nutzen allerdings nur sehr wenige schwule und lesbische Paare diese Möglichkeit. Im Durschnitt sind von allen Trauungen jährlich rund ein Prozent homosexuell. Der Bonner Pfarrer Oliver Ploch macht laut epd drei Gründe dafür aus:  Neben der allgemeinen Säkularisierung haben Schwule und Lesben in der Vergangenheit vermehrt schlechte Erfahrungen mit der Kirche gemacht und viel Diskriminierung erfahren. Schlussendlich lehnen auch viele Schwule und Lesben generell "heteronormative Ideale" wie die kirchliche Trauung ab.

 

Bonner Pfarrer Oliver Ploch © @epd-bild
Bonner Pfarrer Oliver Ploch © @epd-bild

 

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