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Die Schweizer sagen: Ja, ich will!
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Die Schweizer sagen: Ja, ich will! Nach einem politischen Kampf werden die Schweizer nun in der Ehe gleichgestellt

ms - 01.07.2022 - 08:30 Uhr

Eher nüchtern hatte der Schweizer Bundesrat nach einem jahrelangen Kampf im November 2021 final beschlossen, dass Homosexuelle ab dem 01. Juli 2022 heiraten können. Dem vorausgegangen war zuletzt eine Volksabstimmung im September 2021, initiiert vor allem von konservativen und politisch homophoben Kräften im Alpenstaat – genützt hat es glücklicherweise nichts, denn trotz medialer Hetzkampagnen gegenüber Homosexuellen hatte sich die Mehrheit der Schweizer am Ende trotzdem für die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe ausgesprochen.

Insgesamt votierten 64,1 Prozent der Eidgenossen für die umgangssprachliche Homo-Ehe, wobei ein Stadt-Land-Gefälle durchaus noch zu verzeichnen gewesen war. Je ländlich geprägter einzelne Kantone waren, desto mehr Einwohner stimmten oftmals gegen die Einführung der Ehe. Trotzdem: Selbst in konservativ geprägten Strukturen und Städten hatte eine Mehrheit der rechtlichen Ehe-Gleichberechtigung für Homosexuelle zugestimmt, die höchsten Zustimmungswerte kamen aus Basel (74%) und Zürich (69%).

Zürich dürfte auch in absehbarer Zeit das Zentrum für gleichgeschlechtliche Ehen sein, in der Stadt leben aktuell rund 1.400 homosexuelle Paare in einer eingetragenen Partnerschaft, die sie ebenso ab heute in eine Ehe umwandeln lassen werden können. Wie sehr die Möglichkeit der Eheschließung von schwulen und lesbischen Paaren künftig wahrgenommen wird, kann indes noch nicht beurteilt werden. Seit Januar konnten sich bereits Homosexuelle vormerken lassen, von dem Angebot hat bis Ende Mai allerdings in Zürich kaum jemand Gebrauch gemacht. In anderen Städten liegen die Anfragen im zweistelligen Bereich. Einzelne Städte haben trotzdem bereits zusätzliche Termine für die zweite Jahreshälfte freigeschalten, um homosexuellen Paaren bei Bedarf zeitnah ein Terminangebot machen zu können. Die Schweizer können also definitiv Ja sagen, wenn sie das denn wollen.

Zahlreiche LGBTI*-Verbände in der Schweiz begrüßen den heutigen Tag ausdrücklich, wohlwissend, dass die Aufklärungsarbeit in der breiten Gesellschaft noch lange nicht beendet ist. Die jüngsten Studienergebnisse der LGBT+Helpline zeigten erst vor kurzem auf, dass die Zahl der Hassverbrechen gegenüber LGBTI*-Menschen binnen eines Jahres um 50 Prozent angestiegen ist. Auffallend dabei: Fast die Hälfte der Angriffe geht auf die vier Monate der Abstimmungskampagne zur gleichgeschlechtlichen Ehe vor dem September 2021 zurück. Die Homo-Ehe bringt so zwar ab heute mehr Rechte und Gleichberechtigung für Homosexuelle, führte im Vorfeld aber auch zu Rissen innerhalb der Schweizer Gesellschaft, die jetzt erst nach und nach heilen können und müssen. Dass das gelingen kann, zeigten jüngste Umfragen vom Juni 2022 aus Deutschland: Nach fünf Jahren “Ehe für alle“ dort befürworten dies inzwischen 81 Prozent der Deutschen – so viele wie nie zuvor.   

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