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Die polnische Regierung verbietet LGBTI*-Inhalte an Schulen

Hass an Schulen Minister Czarnek will Bedrohung der Moral verhindern

ms - 12.01.2022 - 13:43 Uhr

Das polnische Parlament berät heute über einen Gesetzentwurf, dessen Ziel es ist, noch mehr Kontrolle über die Schulen im Land zu bekommen. Der Kernpunkt dabei ist wohl der stetig voranschreitende Kampf der nationalistischen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), LGBTI*-Lebensweisen immer mehr aus der Gesellschaft zu verdrängen.

Die PiS behauptet, dass Änderungen im Bildungssystem des Landes dringend notwendig seien, um Kinder vor den „liberalen“ Werten Europas zu bewahren. Angedacht ist damit in erster Linie, Informationen zum Thema LGBTI* im Unterricht weiter einzuschränken beziehungsweise gänzlich zu verbieten. Die Partei und allen voran Bildungsminister Przemyslaw Czarnek wollen alle schulischen Programme verbieten, die eine Bedrohung für die Moral der Kinder darstelle. Insbesondere die Sexualerziehung ist der Regierung ein Dorn im Auge, weswegen von der Regierung ernannte Schulaufsichtsbeamte diese künftig unterbinden soll. Der neue Gesetzentwurf sieht zudem vor, dass alle Aktivitäten von Nichtregierungsorganisationen in Schulen von einer Aufsichtsbehörde genehmigt werden müssen.

© instagram.com/przemyslawczarnek
Bildungsminister Przemyslaw Czarnek © instagram.com/przemyslawczarnek

„Perfekt“ abgerundet im Sinne der homophoben Parteiführung würde das Gesetz künftig auch zulassen, Schulleiter leichter zu entlassen, wenn diese nicht die Vorgaben einhalten. Die polnische Lehrergewerkschaft sieht dabei die große Gefahr, dass so auch die Rechte der Eltern eingeschränkt werden, frei über die Bildung ihrer eigenen Kinder zu entscheiden. Der stellvertretende Vorsitzende der polnischen Lehrergewerkschaft Krzysztof Baszczynski spricht gegenüber Reuters von einer „einfrierenden Wirkung“. Weiter sagte er: "Wenn man eine Schule leitet, Entscheidungen trifft (...) und man weiß, dass sie jemandem nicht gefallen könnten, dann wird die Autonomie der Schule, des Schulleiters, der Eltern und der Lehrer zu einer reinen Fiktion."

Eisig indes ist die aktuelle Lage für LGBTI*-Personen in Polen schon seit einigen Jahren und das nicht nur in den Wintermonaten. Immer wieder betreibt die Partei Hetze gegenüber schwulen und lesbischen Menschen. Etwa ein Drittel der Städte und Gemeinden haben sich als „LGBTI*-freie-Zone“ definiert. Und auch Bildungsminister Czarnek selbst ist bereits negativ aufgefallen. Er setzt sich dafür ein, dass die Schulen Mädchen nur „weibliche Tugenden“ nahebringen sollten. Ferner erklärte er, dass Homosexuelle für ihn nicht gleichwertig mit normalen Menschen seien.

Nebst der Tilgung von queeren Lebenswelten verfolgt die PiS dabei auch das Ziel, die Geschichte selbst zu ihren Gunsten umzuschreiben. So soll im Fach "Geschichte und Gegenwart" der Unterricht auf die Jahre 1945 bis 2015 verkürzt werden. Ryszard Terlecki, ein Parlamentssprecher der Regierungspartei, hatte bereits 2020 erklärt, dass das Ziel der neuen Schulreform sei, Schüler zu regierungstreuen Polen zu erziehen. Sein Statement bekräftigte er erst Anfang 2022 erneut gegenüber TVN24: "Die Bildung sollte dazu führen, dass junge Polen Patrioten werden, und wenn sie das sind, werden sie sicherlich wählen!" Wen die künftigen, rein heterosexuellen Vasallen dann wählen sollen, kann man sich getrost denken. 

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