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Münchner Priester sorgt mit seinen Aussagen für Eklat // © IMAGO / Wolfgang Maria Weber
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Münchner Priester sorgt für Eklat „Für Homophobie gibt es in der Bibel keine Grundlage!“

ms - 28.04.2022 - 11:30 Uhr

Der Münchner Priester Wolfang F. Rothe hat jetzt in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung kritisch auf die aktuelle Gesinnungslage der römisch-katholischen Kirche geblickt und stellte dabei klar, dass die Bibel selbst kein homophobes Buch sei:

"Es gibt einige wenige Bibelstellen, die immer wieder angeführt werden, um zu belegen, dass Homosexualität für Gott ein Gräuel sei. Nur werden diese Bibelstellen in aller Regel komplett falsch verstanden und in einen neuen Zusammenhang gestellt! Für Homophobie gibt es in der Bibel keine Grundlage!"

Rothe plädiert indes dafür, die Bibel auch und gerade als ein Buch zu verstehen, das in seiner Zeit der Entstehung verankert ist. Homosexualität als fester Bestandteil der eigenen Identität eines Menschen, hätte so in biblischer Zeit offiziell noch nicht existiert: "Man ist in der damaligen Zeit davon ausgegangen, dass es sich um eigentlich heterosexuelle Personen handelt, die aus einer Perversion heraus homosexuelle Handlungen begehen. Man hat das Phänomen überhaupt nicht verstanden", so Rothe weiter gegenüber der SZ.

Die meisten dieser, oftmals herangezogenen Bibelstellen, die gerne als Beleg für die Sünde der Homosexualität verwendet werden, beträfen dabei gar nicht die Homosexualität im heutigen Verständnis. Vielmehr ginge es laut Rothe um die kritische Betrachtung von Missbrauch, Prostitution oder Vergewaltigung, wobei letzteres in der Antike gerade gegenüber männlichen Gefangenen oft ausgeübt worden war.

"Das wird in der Bibel mit gutem Grund verurteilt. Aber zum Thema homosexuelle Orientierung, Liebe oder Partnerschaft findet sich in der Bibel nichts!“, so Rothe.

Rothe geht noch weiter und kritisiert mit scharfen Worten auch die Leitung der katholischen Kirche in Rom. In den vergangenen Monaten war es zwar immer wieder beispielsweise auch durch den Münchner Kardinal Marx zu Annährungsversuchen mit homosexuellen Menschen gekommen, doch stets wurden bei jedem kleinsten Schritt nach vorne Stimmen aus den obersten Reihen der Glaubensinstitution laut, die eine Hinwendung zu Homosexuellen oder auch gar eine Segnung von schwulen und lesbischen Paaren strikt ablehnten und darauf beharrten, den angeblich so festen Regeln der Bibel zu folgen.

Rothe wirft im Interview dem Vatikan nun vor, die entsprechenden Stellen im Buch zur Begründung der homophoben Haltung innerhalb der Kirche heranzuziehen, auch wenn dabei die „nahezu einhelligen Erkenntnisse der Bibelwissenschaft" komplett ignoriert werden.

Ohne es im Detail zu erwähnen, lässt Rothe weiter durchblicken, dass die heutigen Vertreter der Kirche nicht im Einklang mit der langen Tradition der Kirche agieren würden, denn diese kenne keine Homophobie:

"Sie hat sie zwar mitgemacht, aber nicht selbst hervorgebracht. Die Kirche hat schlichtweg darin versagt, sich schon früher, als Staat und Gesellschaft einhellig homophob waren, diesen Tendenzen entgegenzustellen und diesen Minderheiten Schutz zu bieten."

Diese Schuld sei schwer, so Rothe, und dauere bis heute an, weswegen er seine Kirche mehr denn je in der Verpflichtung sieht, jetzt und möglichst schnell die bisherige ablehnende Haltung gegenüber Homosexuellen zu ändern. Anfangs hatte Rothe dabei viel Hoffnung auf den neuen Papst Franziskus gelegt, der in der Tat  dafür gesorgt habe, dass „diese Themen auf den Tisch kommen und auf dem Stand der neusten humanwissenschaftlichen und theologischen Erkenntnisse diskutiert werden. Schlussendlich sei Papst Franziskus aber leider doch in die alten und altbekannten Denkmuster und Handlungsverweigerungen zurückgefallen.

Der Münchner Priester setzt sich seit Jahren für die Rechte von Homosexuellen ein und segnet auch gleichgeschlechtliche Paare.

Bereits in den 2010er Jahren outete er sich selbst als schwul. In den letzten Jahren hatte Rothe immer wieder medial für Aufsehen gesorgt. Im Jahr 2019 erklärte er, dass ein damaliger Bischof sexuell übergriffig geworden war und erstellte Anzeige.

Der beschuldigte Bischof soll von Rothe daraufhin einen forensisch-psychiatrischen „Schwulentest“ verlangt haben. Die Kirche legte schlussendlich die Untersuchungen zu den Akten und drohte Rothe mit Rauswurf. 2021 sorgte Rothe abermals für Schlagzeilen, als er einen polnischen Priester wegen Volksverhetzung anzeigte, da dieser homosexuelle Priester in mehreren Artikeln einer kirchennahen Zeitung als „Parasiten“, „Krebsgeschwür“ und „Plage“ verunglimpft hatte. Die Staatsanwaltschaft Köln lehnte die Anzeige ab.

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