Syphilis unaufhaltsam? Die Zahlen steigen stetig
Neben den Corona-Infektionsfällen gibt es in Deutschland, aber auch weltweit, noch eine zweite Zahl, die stetig steigt, nämlich die der Syphilis-Fälle: Darüber hinaus hat sich bei dieser sexuell übertragbaren Infektion eine gefährliche Resistenz gegenüber einem Antibiotikum entwickelt. Wie kommt es dazu, dass diese über 500 Jahre lang gefürchtete Seuche und dank Penicillin ab Mitte des 20. Jahrhunderts weitgehende eingedämmte Infektionskrankheit, nun wieder um sich greift?
Wie und wo infiziert man sich?
Durch ungeschützten, genitalen, analen oder auch oralen Sexualverkehr ist Syphilis leicht übertragbar und die Krankheit wird von Bakterien verursacht. Es handelt sich dabei nicht um eine reine Männerkrankheit, auch Frauen sind von der Geschlechtskrankheit betroffen. Das Thema „Safer Sex“ sollte also immer noch wichtig sein, auch wenn HIV und AIDS durch moderne Therapeutika bei manchen den Schrecken verloren haben sollten. In der Konsequenz erleben vor allem Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), eine lang ersehnte Befreiung vom Kondomzwang und damit eine sexuelle Revolution, die der mit Einführung der Antibabypille verbundenen durchaus vergleichbar ist und Kondome als verzichtbar gelten.
Wie gefährlich ist die Infektion?
Syphilis muss unbedingt behandelt werden, denn unbehandelt kann die Infektion schwerwiegende Verläufe haben. Früh erkannt, kann die Erkrankung heutzutage jedoch gut mit Antibiotika geheilt werden. Penicillin G (Benzathin-Benzylpenicillin) gilt dabei allerdings als Therapie der ersten Wahl. Sollte hier eine Allergie bestehen, werden meist die Antibiotika Doxycyclin oder Erythromycin verabreicht.
Wie besorgniserregend ist die festgestellte Resistenz?
Laut einer USZ-Studie sind 80% der Syphilis-Bakterien bereits gegen ein Antibiotikum resistent, das bei einer Penicillin-Allergie eingesetzt wird. Es gibt aber Antibiotika-Alternativen bei der Behandlung, sollten aber weitere Resistenzen dazu kommen, wird die Infektion kaum mehr behandelbar sein, wie auch die WHO warnt.
Welche Symptome hat man?
Leider sind diese sehr unspezifisch: Meistens bildet sich ein Hautausschlag, der – je nach Sexualpraktik – an verschiedenen Körperstellen entstehen kann. Die Syphilis-Symptome sind jedoch äußerst vielfältig: Fieber, Müdigkeit, Kopf-, Gelenk- oder Muskelschmerzen (also grippeähnlich Symptome) und zahlreiche Lymphknoten sind verhärtet und geschwollen. Die Diagnose erfolgt in der Regel anhand von Such- und Bestätigungstests mit dem entsprechenden Nachweis von Antikörpern.
Wie verläuft die Erkrankung?
Beim klinischen Verlauf unterscheidet man die Früh- von der Spätsyphilis. Die Frühsyphilis dauert bis zu einem Jahr nach der Infektion und umfasst die primäre Syphilis (Lues I) mit einer lokalen Manifestation an der Stelle, in der der Erreger eingedrungen ist (genital oder auch oral). Dann folgt die sekundäre Syphilis (Lues II) mit generalisierten Krankheitserscheinungen Zur Spätform zählen die tertiäre Syphilis (Lues III) und die Neurosyphilis.
Wie entstand die Syphilis eigentlich?
Wann die hochansteckende Form der Syphilis Europa erreichte, lässt sich recht genau datieren: 1492 mit der Crew des Seefahrers Christoph Kolumbus. Diese brachte das Bakterium „Treponema pallidum“ vom neu entdeckten Amerika nach Spanien, von wo es sich ausbreitete und viele Todesopfer in ganz Europa forderte. Der erste dokumentierte Ausbruch der Syphilis in Europa geschah im Jahr 1494 oder 1495 in Neapel, Italien, während der französischen Invasion im Italienischen Krieg von 1494–98. Damals wurde angenommen, dass die Krankheit durch die französischen Truppen verbreitet worden sei, weshalb die Krankheit zunächst unter dem Namen Franzosenkrankheit bekannt wurde. Der Name Syphils bezieht sich jedoch auf eine Sage um den Syphilus, der wegen Gotteslästerung (er errichtete verbotene Altäre) mit einer neuen Krankheit, nämlich der Syphilis, bestraft wurde. Berühmte Syphilis-Erkrankte waren im Übrigen zum Beispiel Katharina die Große, Franz Schubert, Paul Gauguin, Ludwig van Beethoven, Heinrich Heine, Friedrich Nietzsche und Oscar Wilde.
Syphilis in Corona-Zeiten?
Dem RKI wurden im Jahr 2020 von Januar bis Juli (Stand 29.1.2021) insgesamt 4.530 Syphilisneuinfektionen gemeldet. Das waren 136 Meldungen weniger als im Vergleichszeitraum 2019, aber immer noch 372 mehr als im Mittel der Vergleichszeiträume 2014 - 2019. Dies bedeutet, dass die Anzahl der monatlichen Syphilismeldungen bei Männern in den Lockdown-Monaten März bis Juni 2020 nur geringfügig unter den entsprechenden Vorjahreswerten blieb, jedoch zu keinem Zeitpunkt das statistische Mittel der fünf Jahre 2014-2019 unterschritt.
Es bleibt also eine Seuche innerhalb der Seuche... und die Schutzmaßnahmen ähneln sich, eine Maske über Mund und Nase ziehen und ein Kondom über eine andere hervorstehende Körperstelle ziehen!