Ab Herbst gleichberechtigt Diskriminierung ist trotzdem wahrscheinlich weiter möglich
Und es bewegt sich doch – lange hatte man gebangt, gehofft und dann erneut resigniert, wenn es um das Blutspende-Verbot für homo- und bisexuelle Männer in Österreich ging. Doch jetzt scheint sich das Land nach einer jahrelangen politischen Hinhalte-Taktik tatsächlich zu bewegen. Die beiden Parteien ÖVP und die Grünen haben sich auf eine neue Blutspende-Verordnung geeinigt. Im Mittelpunkt künftiger Entscheidungen bei einer möglichen Blutspende soll nicht mehr pauschal eine ganze Gruppe von Menschen ausgeschlossen werden, sondern explizit anhand des Risikoverhaltens jedes Einzelnen geurteilt werden.
Bisher gilt in Österreich wie bis 2021 auch in Deutschland die Regelung, dass schwule Männer zwölf Monate keinen Sex haben dürfen, bevor sie für eine Blutspende überhaupt in Frage kommen. Trans-Personen dürfen bis heute gar nicht spenden, so die Richtlinie des Roten Kreuzes. LGBTI*-Gruppen in Österreich sehen in diesen Maßnahmen eine generelle Diskriminierung von queeren Menschen, weil nicht das individuelle Verhalten einer Person, sondern die Zughörigkeit zu einer Gruppe von Menschen bisher zählt.
Künftig soll ab Herbst 2022 die sogenannte “3x3“-Regel greifen: Wer in den letzten drei Monaten mit (mindestens) drei Menschen Sex hatte, darf drei Monate lang keine Blutspende abgeben – unabhängig von der sexuellen oder geschlechtlichen Orientierung. Nach zwei Jahren will die Bundesregierung dann überprüfen, wie und ob sich die neuen Regelungen in der Realität umsetzen lassen.
Kritik kommt trotzdem auf, weil noch unsicher ist, wie genau diese neue Richtlinie im Gesetzestext verankert wird. LGBTI*-Organisationen, die Aids-Hilfe sowie auch Politiker der SPÖ fordern, dass auch ein Diskriminierungsverbot mit aufgenommen wird. Geschieht dies nicht, könnten nach Gutdünken weiter homo- und bisexuelle Männer ausgeschlossen werden – ein Verfahren, für das sich bis zuletzt immer wieder das Rote Kreuz in Österreich ausgesprochen hatte. Momentan verdichten sich die Hinweise, dass ein Diskriminierungsverbot nicht in den Gesetzestext aufgenommen werden wird.
Gesundheitsminister Johannes Rauch von den Grünen will die Änderung der Verordnung trotzdem als großen Schritt verstanden wissen und betonte gegenüber dem ORF: „Wir beseitigen damit eine vollkommen aus der Zeit gefallene Ungleichbehandlung.“ Einige LGBTI*-Organisationen und Parteien wie die Neos kritisieren auch, dass die Bundesregierung die geplante neue Richtlinie als eigenen Erfolg verkaufe, dabei sei ein Einlenken in dieser Sache nur durch den fortlaufenden Druck von vielen tausend Bürgern und der Opposition zustande gekommen.