Anstieg bei Hinrichtungen auch bei LGBTI Amnesty International verzeichnet 20 Prozent mehr Tötungen
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat sich mit traurigen Fakten an die Öffentlichkeit gewandt – die Zahl der Tötungen und Todesstrafen haben binnen eines Jahres um 20 Prozent zugenommen. Insgesamt wurden in 18 Ländern im Jahr 2021 mindestens 579 Menschen hingerichtet, wobei die tatsächliche Zahl noch deutlich höher liegen dürfte. Die Informationslage ist gerade in vielen Ländern, die noch immer die Todesstrafe durchführen, mehrheitlich sehr schwierig, wie jüngst das Beispiel China zeigte. Mit Blick auf insgesamt 56 Länder stieg auch die Anzahl der bekannt gewordenen Todesurteile um 40 Prozent auf über 2.000 Fälle an. Drei Viertel der hingerichteten Menschen sind Männer. Vollstreckt werden Todesurteile zumeist durch Enthauptung, Erhängen, Giftinjektion und Erschießen.
Dabei stellt Amnesty mit einer gewissen Bitterkeit fest, dass die Fallzahlen nach mehr als zwei Jahren mit Corona nun wieder ansteigen, einige der "produktivsten Henker der Welt" seien zur Tagesordnung zurückgekehrt. Top-Kandidat in diesem Negativ-Ranking ist der Iran, mindestens 314 Menschen wurden hier im vergangenen Jahr hingerichtet. Der Iran geriet in den letzten Jahren immer wieder weltweit in die Schlagzeilen, weil der Staat mehrfach öffentlich auch junge Homosexuelle erhängen ließ. Generell werden homosexuelle Handlungen im Iran mit der Todesstrafe geahndet. Nach offiziellen Angaben wurden im Iran seit der islamischen Revolution vor rund 40 Jahren insgesamt mehr als 4.000 Homosexuelle öffentlich hingerichtet.
Ebenso ganz weit vorne in puncto Hinrichtungen ist Saudi-Arabien – das Land hat binnen eines Jahres die Zahl seiner offiziellen Hinrichtungen verdoppelt. Zuletzt wurden auch im März 2022 an einem einzigen Tag 81 Menschen hingerichtet. Auch im Königreich stehen Homosexuelle ganz weit oben auf der Abschussliste. Homosexuelle Handlungen werden hier ebenso mit der Todesstrafe oder jahrelangem Gefängnisaufenthalt sowie Körperstrafen belegt. Gängige Praxis ist beispielsweise auch die Verurteilung zu 7.000 Peitschenhieben für gleichgeschlechtlichen Sex.
Trotzdem: Inoffizieller Spitzenreiter bei Hinrichtungen weltweit dürfte nach Schätzungen von Amnesty International China sein. Das wahre Ausmaß der Tötungen bleibt allerdings wie die Jahre zuvor auch ungewiss, denn Hinrichtungen werden von der chinesischen Regierung als Staatsgeheimnis eingestuft und Informationen darüber gelangen nur selten an die Öffentlichkeit. Wenn in seltenen Fällen doch einmal Details publik werden, zeigt sich, dass das Land sehr rigoros gegen unliebsame Menschen vorgeht – darunter zählen auch LGBTI*-Aktivisten wie Menschenrechtler. Der jüngste Leak belegt ein brutales Bild von den Verhältnissen in Internierungslagern, in denen vor allem Uiguren teils lebenslang weggesperrt werden (Xinjiang Police Files). Amnesty rechnet insgesamt mit erneut mehreren tausend Menschen, die 2021 in China hingerichtet worden sind, darunter höchstwahrscheinlich auch homosexuelle und queere Menschen. Mit Blick auf die Lage für LGBTI* muss festgehalten werden: In 69 Ländern weltweit steht Homosexualität noch immer unter Strafe.
Licht am Ende des Tunnels gibt es aber trotzdem, so die Menschenrechtsorganisation weiter: Trotz der gestiegenen Fallzahlen um rund 20 Prozent gehe der internationale Trend in die entgegengesetzte Richtung: Immer mehr Staaten bekennen sich dazu, keine Todesstrafen mehr durchführen zu wollen. Nur noch eine "isolierte Minderheit" von 18 Staaten erlaube die Todesstrafe. Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, dazu: „Eine Welt ohne staatliches Töten ist nicht nur vorstellbar, sondern möglich – das zeigt die positive Entwicklung der letzten Jahrzehnte: Der Großteil der Staatengemeinschaft hat diese ultimativ grausame, unmenschliche und erniedrigende Strafe abgeschafft oder zumindest ausgesetzt. Doch Ende letzten Jahres saßen mindestens 28.670 zum Tode verurteilte Menschen weltweit in Todeszellen. Es braucht verstärkten Druck der internationalen Staatengemeinschaft auf die kleine, aber sehr aktive Gruppe der weiter hinrichtenden Staaten. Es ist höchste Zeit, die Todesstrafe in die Geschichtsbücher zu verbannen!"