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Endet die Ära des homophoben Bolsonaro?
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Bye, Bye, Jair?! Verliert Bolsonaro die Wahl, hofft er auf Bürgerkrieg wie in den USA

ms - 30.09.2022 - 16:00 Uhr

Brasiliens homophober Präsident Jair Bolsonaro hat in den letzten Monaten keine einzige Möglichkeit ausgelassen, um sich vermeintlich in ein besseres Licht zu rücken und seine politischen Gegner so wie grundsätzlich alle Kritiker schlecht aussehen zu lassen – ob UN-Vollversammlung, Unabhängigkeitstag oder der Tod der Queen, Bolsonaro wusste es stets besser. Zwischendurch erklärte er das altbewährte Wahlsystem in Brasilien für gefälscht, auch wenn es dafür keinerlei Hinweise gibt und seine Behauptung auch nur dann selbstverständlich stimmen würde, sollte bei der Wahl am Sonntag die Mehrheit der Brasilianer sagen: Bye, Bye, Jair.

Der rechtsnationale Präsident tut dabei wirklich alles, um in letzter Minute doch noch die nötige Stimmenmehrzeit zusammen zu bekommen, immer wieder hetzte er so auch in den letzten Wochen und Monaten gegen Homosexuelle und LGBTI*-Rechte. Wir erinnern uns, Bolsonaro war auch jener Politiker, der lieber einen toten denn einen homosexuellen Sohn haben wollen würde. Das Problem: Gerade die Lügen rund um den vermeintlichen Wahlbetrug glauben ihm aktuell nicht gerade wenige seiner Anhänger. Das Spiel indes ist altbekannt und wir kennen es aus den USA, nicht umsonst trägt Bolsonaro seit geraumer Zeit den Spitznamen des “Tropen-Trump“. Was Trump und den Republikanern die wahlerprobte Dreiheiligkeit “Gay, Guns, God“ ist, war für Bolsonaro zuletzt “Boi, Balas, Biblia", soviel wie: Bullen, Ballern, Bibel. Er ist mehr denn je entschlossen, nach vier turbulenten Jahren eine Wiederwahl zu seinen Gunsten zu erzwingen, koste es, was es wolle. Sollte die Mehrheit der Brasilianer gegen ihn stimmen, was nach den jüngsten Umfragen sehr wahrscheinlich ist, könnte es zu einem politischen und gesellschaftlichen Erdbeben im Land kommen – inklusive Bürgeraufständen und Straßenschlachten, angestachelt von seinen Anhängern, die ähnlich wie bei Trump Anfang 2021 auch ganz in seinem Sinne sein dürften. Die Frage wird dann sein, wie standhaft die Demokratie in Brasilien ist und ob es der Bevölkerung möglich sein wird, die Rechte des Volkes durchzusetzen oder nicht. Bolsonaro hatte indes erst diese Woche verkündet, er werde das Präsidentenamt nicht kampflos verlassen, für ihn gäbe es nur drei mögliche Optionen: "Gefängnis, Tod oder Sieg."

Wie angeheizt die Stimmung schon jetzt ist, zeigte sich in einigen der größeren Städte wie São Paulo oder Rio de Janeiro; tausende Menschen demonstrierten in den letzten Wochen immer wieder gegen den Präsidenten und trugen dabei Transparente durch die Straßen, auf denen zu lesen war: “Bolsonaro raus!“ Vielen seiner Landsleute geht Bolsonaro heute gegen den Strich, sie kritisieren die rapide Abholzung des Amazonas, der grünen Lunge der Welt, seine Stimmungsmache gegen Schwule und Lesben und auch den Niedergang der brasilianischen Wirtschaft. Bis heute versucht der 67-jährige auch beharrlich, die Corona-Pandemie als einfache Grippe kleinzureden und erklärte, dass die Impfstoffe die Menschen in Krokodile verwandeln würden. Die Folge: Heute hat Brasilien mit rund 690.000 Menschen weltweit die zweithöchste Todeszahl der Pandemie. Bolsonaros Gegenkandidat ist dabei der linke Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, der versucht, Vernunft und Ruhe in die Bevölkerung zu tragen – ob ihm das schlussendlich gelingt, wird sich nach den ersten Hochrechnungen zeigen. Bolsonaros Behauptung, dass elektronische Wahlsystem sei anfällig für Manipulationen, kann übrigens als blanker Blödsinn abgetan werden – das System existiert seit vielen Jahren, es gab zahlreiche unabhängige Untersuchungen und kein einziges Mal konnte etwas beanstandet werden, auch nicht vor vier Jahren, als Bolsonaro die Wahl für sich entscheiden konnte. Aktuell liegt er in den Umfragen stabil rund zehn Prozentpunkte hinter seinem linken Herausforderer – aber wir ahnen es, laut Bolsonaro sind auch diese Zahlen allesamt gefälscht.  

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