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Keine Aktenvernichtung!
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Keine Aktenvernichtung! Hoffnung auf Aufarbeitung und Entschädigung möglicher Opfer des TSG

ms - 11.11.2022 - 16:03 Uhr

Ein großes Problem bei der Rehabilitierung sowie auch finanziellen Entschädigung von Homosexuellen, die nach dem Paragrafen 175 (Verbot von schwulem Sex) des deutschen Strafgesetzbuches in der Nachkriegszeit verurteilt worden waren, war die schlichte Tatsache, dass viele Akten vorschnell vernichtet worden sind. Oftmals konnten schwule Männer so nicht mehr nachweisen, dass sie Opfer dieses menschenunwürdigen Gesetzestextes geworden waren. Damit sich dies nicht in gleicher Weise jetzt bei Trans-Personen wiederholt, hat die Partei Die Linke mehrfach immer wieder darauf bestanden, die bisherigen Akten nach dem geplanten Wegfall des veralteten Transsexuellengesetzes zu sichern. Bisher gab es dazu keine zufriedenstellende Antwort seitens des Justizministeriums.

Forschung und Trans-Personen profitieren!

Jetzt wurde allerdings bei der Justizministerkonferenz von Bund und Ländern heute beschlossen, dass die TSG-Akten vor der Vernichtung gesichert werden sollen. Die queer-politische Sprecherin der Linken, Kathrin Vogler, dazu: „Das ist eine gute Nachricht für alle trans* Personen, denen durch die Anwendung des Transsexuellengesetzes in der Vergangenheit schweres Leid zugefügt wurde. Auch die Forschung wird davon profitieren können. Ich freue mich wie eine Schneekönigin, dass die Justizministerinnen und Justizminister meinen Vorschlag aufgegriffen haben, mit einem Schreddermoratorium die Grundlage für individuelle und gesellschaftliche Aufarbeitung der schweren Menschenrechtsverletzungen gegenüber trans* Personen zu sichern!“

Entschädigungszahlungen möglich

Erstmals im Februar dieses Jahres hatte Vogler bei der Bundesregierung nachgefragt, was diese zu tun gedenke, um sicherzustellen, dass sich das Drama der Aktenvernichtung nicht wiederhole. “Wenn das TSG, das immer wieder in Teilen vom Bundesverfassungsgericht korrigiert werden musste, hoffentlich bald durch ein Selbstbestimmungsgesetz ersetzt wird, welches die Rechte von trans* Menschen respektiert und ihre Menschenwürde anerkennt, ist die Arbeit noch nicht getan. Die Opfer des TSG erwarten zu Recht vom Bundestag eine Entschuldigung und eine Entschädigung für vielfaches Leid, zwangsweise Therapien und Operationen oder die Zerstörung von Ehen und Familien“, so Vogler weiter.

Streit ums Selbstbestimmungsgesetz

Nach den letzten Informationen des Bundesfamilienministeriums soll das neue Selbstbestimmungsgesetz bestenfalls 2023 in Kraft treten, erste Ausarbeitungsschritte des Gesetzestextes scheinen sich in den letzten Wochen immer weiter nach hinten verschoben zu haben. Zuletzt kurz vor der Sommerpause im Juli dieses Jahres hatten Justizminister Marco Buschmann (FDP) und Familienministerin Lisa Paus (Grüne) erste Eckpunkte vorgestellt.

Strittig teilweise in der Ampel-Koalition wie aber auch in Teilen der Gesellschaft sind einige Details des geplanten neuen Gesetzesvorhabens, darunter die Frage, ab welchem Alter Jugendliche mit oder ohne Erlaubnis der Eltern nur via Sprechakt eine Geschlechtsanpassung beim Passamt künftig durchführen lassen können. Ebenso strittig debattiert wird die Frage, wie künftig mit Schutzräumen für Frauen verfahren werden soll oder ob wie bisher eine medizinisch-therapeutische Abklärung ob der tatsächlich vorhandenen Geschlechtsdysphorie weiterhin erfolgen soll oder nicht.  

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