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Fünf zentrale Forderungen zum IDAHOBIT // © IMAGO / Chris Emil Janßen
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LSVD macht Druck Bundesregierung hat für die Legislatur einen queerpolitischen Aufbruch versprochen.

ms - 17.05.2022 - 10:30 Uhr

Der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) nutzt den heutigen Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie (IDAHOBIT), um mit einem kritischen Blick die aktuelle Politik der Ampel-Koalition zu bewerten.

Dabei stellt der LSVD fest: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Dieses großartige Versprechen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte muss sich auch für Lesben und Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen erfüllen. Die neue Bundesregierung hat für die Legislatur einen queerpolitischen Aufbruch versprochen. Dieser muss nun endlich an Fahrt aufnehmen.“

 

In vielen Punkten geht es dem LSVD zu langsam, der Verein erhofft sich, dass die zentralen Vorhaben des Koalitionsvertrages jetzt endlich zügig umgesetzt werden und eine spürbare Verbesserung für LGBTI*-Menschen zu sehen ist. Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, hatte zuletzt erklärt, dass er im Sommer weitere Details zu den aktuellen Plänen der Bundesregierung mit Bezug auf LGBTI* präsentieren will.

 

Fünf Punkte sind dabei für den LSVD von zentraler Bedeutung. Mit Blick auf die deutlich gestiegene Zahl von Hassverbrechen gegenüber queeren Menschen fordert der Verein eine Fachkommission gegen queerfeindliche Hasskriminalität und den baldigen Startschuss für den mehrfach angekündigten, landesweiten Nationalen Aktionsplan.

„Der LSVD setzt große Hoffnungen in den von der Bundesregierung vereinbarten ressortübergreifenden und finanziell unterlegten Nationalen Aktionsplan. Ein wirksamer, nachhaltiger und auf die Zukunft gerichteter Aktionsplan muss in enger Abstimmung zwischen den Ministerien und der Community erarbeitet werden. Wichtig ist zudem, dass Maßnahmen zur Bekämpfung von LGBTI*-Feindlichkeit nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit der Prävention und Bekämpfung anderer Erscheinungsformen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit angegangen werden“, so der LSVD in seiner Erklärung.

 

Weitere Forderungen sind ein effektives Demokratiefördergesetz sowie die Absicherung von Regenbogenfamilien im Abstammungsrecht. Dabei nimmt der Verein auch Justizminister Marco Buschmann in die Pflicht, der angekündigt hatte, bis zum Herbst 2023 eine umfangreiche Reform diesbezüglich im Kabinett der Bundesregierung verabschieden zu wollen.

Als vierten Punkt drängt der LSVD auf eine zügige Umsetzung des neuen Selbstbestimmungsgesetzes: „Das ist seit Jahrzehnten überfällig. Die Änderung des Geschlechtseintrags im Personenstandsrecht darf nicht länger an demütigende und langwierige Fremdbegutachtungen geknüpft sein. Die Verwirklichung der Menschenrechte für nichtbinäre, trans- und intergeschlechtliche Menschen duldet keinen Aufschub.“

 

Zuletzt fordert der LSVD eindringlich, auch die Rechte von queeren Geflüchteten sicherzustellen und die Gesamtlage deutlich zu verbessern. “Dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge scheint es weiterhin ein großes Anliegen zu sein, LGBTI* in Verfolgerstaaten abschieben zu können. Prognoseentscheidungen über das Verhalten queerer Schutzsuchender im Heimatland oder die Aufforderung, sich dort ´diskret´ zu verhalten, sind unzulässig und verstoßen gegen die bereits seit 2013 bestehende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Trotzdem findet das sogenannte ´Diskretionsgebot´ weiterhin Anwendung in der Bescheidungspraxis des BAMF. Dem muss Innenministerin Faeser endlich Einhalt gebieten und für faire, rechtskonforme Asylentscheidungen Sorge tragen.“

Im Blick dabei ist auch die noch immer schwierige Ausgangslage, dass queere Ukrainer aus Kriegsgründen eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland bekommen, während ebenso Geflüchtete aus der Ukraine mit einer anderen Staatsangehörigkeit dies nicht erhalten.

 

Mit Blick auf die Aufnahme von queeren Menschen aus Afghanistan übt der LSVD auch scharfe Kritik an der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock: „Die Zusagen der Bundesregierung bezüglich der Aufnahme gefährdeter Afghanen dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Außenministerin Baerbock muss endlich ihre Blockadehaltung aufgeben und eine klare Zusage zur Aufnahme gefährdeter LGBTI* aus Afghanistan geben. Jeder Tag des Wartens bringt die betroffenen Personen weiter in Gefahr.“

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