Direkt zum Inhalt
Premierministerin in spe stolpert über geheime Tonaufnahmen
Rubrik

Machtwechsel in London? Kann sich Liz Truss als Kandidatin halten? Was bedeutet das für die LGBTI*-Community?

ms - 18.08.2022 - 10:00 Uhr

Die britische LGBTI*-Community schwankt in diesen Tagen immer mehr zwischen Hoffen und Bangen, andere LGBTI*-Urgesteine wie Peter Tatchell, Gay-Aktivist der ersten Stunde, erklärte inzwischen bereits, dass die Wahl des neuen Premierministers Anfang September für die gesamte LGBTI*-Community so oder so ein Tiefschlag sein wird, egal wer der beiden Kandidaten am Ende bei der Befragung der Mitglieder der Konservativen Partei das Rennen macht.

Bisher galt die aktuelle Außenministerin und Gleichstellungsbeauftragte Liz Truss als aussichtsreichste Kandidatin, doch in dieser Woche veröffentlichte, eigentlich geheime Tonaufnahmen werfen kein gutes Licht auf die 47-jährige Politikerin. Der Guardian publizierte ein Gespräch, in dem Truss erklärte, dass es in Großbritannien ein grundlegendes Problem mit der Arbeitskultur gäbe, es fehle den Briten schlicht an der richtigen “Mentalität und Einstellung“ sowie an ausreichend “Fertigkeit und Eifer“. Abschießend schwärmt Truss, dass dies in einem Land wie China ganz anders sei. Ein wenig erinnern Truss´ Äußerungen an die berühmte eiserne Lady, Premierministerin Margaret Thatcher, die während ihrer gesamten Amtszeit das Leben von Homosexuellen massiv erschwerte. Die Briten insgesamt hegten und hegen bis heute eine Hass-Liebe zu der, inzwischen verstorbenen Politikerin. Wird es Truss ebenso ergehen? Ihr Beraterstab erklärte inzwischen, die Aufnahme des Guardians sei ein halbes Jahrzehnt alt und es fehle jedweder Kontext. Dabei stehe allerdings auch heute außer Frage, dass Großbritannien seine Produktivität verbessern müsse.

Die LGBTI*-Community blickt mit Spannung auf die weiteren Entwicklungen, auch wenn selbst innerhalb der Szene die Frage heftig umstritten ist, welcher Kandidat die bessere beziehungsweise weniger schlimmere Wahl sein könnte. Sowohl Truss wie auch ihr Gegenkandidat, der ehemalige britische Finanzminister Rishi Sunak, bekräftigten ihren Einsatz für Schwule, Lesben und Bisexuelle, sprechen sich aber zeitgleich immer vehementer gegen  den “woken Blödsinn“ aus. Beide wollen Gesetze überarbeiten lassen, sodass der Begriff "Geschlecht“ als biologisches Geschlecht festgehalten wird. Beide wollen sich für Frauenrechte stark machen und Frauen vor einer “Auslöschung durch die trans-Ideologie“ bewahren. In puncto Konversionstherapieverbot ist nach den letzten Äußerungen der beiden Kandidaten völlig offen, ob dieses überhaupt noch kommt und falls, in welcher Form. Der noch amtierende Premierminister Boris Johnson wollte ein Konversionstherapieverbot für Schwule, Lesben und Bisexuelle, aber ohne trans-Personen verankern, was in Teilen der britischen LGBTI*-Community auf starken Widerstand gestoßen war.

Auch Interessant

Scham vor der PrEP

Slutshaming in der Gay-Community

PrEP-Nutzer sind sexgeile Schlampen! Wirklich? Woher kommt dieses Denken? In Großbritannien regt sich jetzt Widerstand gegen das schwule Slutshaming.
Nächste Todeszone in Afrika

Burkina Faso plant Hass-Gesetz

Das nächste afrikanische Land will Homosexualität unter Strafe stellen: Burkina Faso prüft gerade neue Verbote.
Erhöhte Gefahrenlage vor ESC

Reisewarnung zum ESC in Schweden

Im schwedischen Malmö herrscht erhöhte Gefahrenlage vor dem ESC. Der Sicherheitsrat Israels warnt vor einem Anschlag, die Polizei ist stark präsent.
Polens neue Wege

Umdenken in der Gesellschaft

Polens neue Regierung kämpft für mehr Rechte für Homosexuelle. Jetzt zeigt sich, die Unterstützung in der Bevölkerung dafür wächst immer mehr an.
Zu viel LGBTI* im TV?

LGBTI*-Charaktere im US-Fernsehen

Binnen eines Jahres gab es fast 20 Prozent weniger LGBTI*-Charaktere im US-Fernsehen. Ist der Markt übersättigt oder gibt es andere Gründe?
Tödliche Penisvergrößerung

Bundesgerichtshof bekräftigt Urteil

Der Wunsch nach einem „monströsen Gehänge“ endete für einen Schwulen tödlich. Das Urteil gegen den Pfuscher der Penisvergrößerung ist nun rechtskräftig.
Einheitliche Haftbedingungen

EU-Komitee fordert bessere Regelungen

Seit Jahren lodert die Streitdebatte, wie mit Trans-Häftlingen umzugehen sei. Nun hat der Europarat seine Empfehlungen veröffentlicht.
Kleiner Schritt nach vorne

Tschechien ändert Partnerschaftsgesetz

Die gleichgeschlechtliche Ehe bleibt Homosexuellen in Tschechien weiterhin verwehrt, die Regierung verabschiedete nur geringfügige Verbesserungen.