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Taliban nutzen Affenpocken für Homo-Hetze

Taliban nutzt Affenpocken für Homo-Hetze „Ich habe große Angst, von den Taliban verhaftet und gefoltert zu werden. Ich bitte die großen Regierungen, mir und allen LGBTI*- Menschen zu helfen!“

ms - 10.06.2022 - 11:30 Uhr

Man kann nicht anders, als es als besonders perfide zu bezeichnen, was die Taliban in Afghanistan nach Recherche-Berichten von Pink News derzeit vollziehen: Mit massiven Mitteln streuen sie unter der Bevölkerung die Angst vor den aktuell auch außerhalb Afrikas auftretenden Affenpocken und erklären dabei homosexuelle Männer zum Ursprung der Infektion. Ziel scheint es dabei ganz bewusst zu sein, das Virus als Vorwand zu verwenden, um homosexuelle Menschen in Afghanistan noch weiter zu schikanieren und zu bekämpfen.

Die Situation für LGBTI*-Menschen und insbesondere für homosexuelle Männer hat sich seit der erneuten Machtübernahme der Taliban im August 2021 dramatisch verschlechtert. Zuletzt hatte die alte schwarz-rote Bundesregierung 2021 erklärt, achtzig LGBTI*-Menschen aus Afghanistan aufnehmen zu wollen, seitdem scheint aber nach Aussage des deutschen Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD) nicht mehr viel passiert zu sein. Trotz mehrfacher Anfragen schweigt die aktuelle Bundesregierung dazu beharrlich. Anfang Juni forderten daraufhin über 40 LGBTI*-Organisationen aus Deutschland, dass die Bundesrepublik hier endlich entschlossen handeln müsse und LGBTI*-Menschen zügig helfen sollte. Der LSVD dazu: „Dem Auswärtigen Amt liegen seit Monaten Fälle mit Namen gefährdeter afghanischer LGBTI* vor, die verzweifelt auf Rettung warten. Doch bei Bundesaußenministerin Baerbock und Bundesinnenministerin Faeser stoßen wir bisher auf taube Ohren mit unserer Forderung, auch gefährdete LGBTI* bei dem, im Koalitionsvertrag vereinbarten humanitären Aufnahmeprogramm explizit zu berücksichtigen.“

Mit der jüngsten Aktion der Taliban dürfte sich die Lage für LGBTI*s in Afghanistan weiter extrem verschlechtern, auch wenn es aktuell noch keinen einzigen diagnostizierten Affenpocken-Fall im Land gibt. Die gewaltbereite Organisation macht sich dabei die Tatsache zunutze, dass von den mehr als 1.000 Infizierten in rund 30 Ländern in Europa und auf dem amerikanischen Kontinent der allergrößte Teil homosexuelle Männer sind, dabei sind die Fallzahlen derzeit in Großbritannien und Deutschland besonders hoch. Die ständige Impfkommission hatte erst gestern eine Impfempfehlung für jene homo- und bisexuelle Männer herausgegeben, die Sex mit verschiedenen Partnern haben. Bisher verlaufen die meisten Fälle sehr milde ab – eine Übertragung kann durch engen Körperkontakt entstehen.

Die Taliban definieren den Übertragungsweg nun zu “homosexuellem Sex“ um, wie ein schwuler Mann aus Kabul im PN-Interview erzählt: "Die Taliban haben keine wissenschaftlichen Kenntnisse über die Krankheit. Wo immer sie gut aussehende Männer sehen, die keine einheimische Kleidung tragen, überprüfen sie ihre Handys, und wenn sie den geringsten Hinweis darauf finden, dass sie schwul sind, nehmen sie sie fest und führen sie ab. Wenn sie einheimische Homosexuelle festnehmen, tun sie dies stets mit der Erklärung, damit die Verbreitung von Affenpocken verhindern zu wollen." Und der schwule, afghanischer Autor und LGBTI*-Aktivist Nemat Sadat, der inzwischen in die USA fliehen konnte, erklärt: "Die Taliban treiben Schwule mit der Begründung zusammen, dass Homosexuelle die Affenpocken übertragen!"

Wovor Organisationen wie die Deutsche Aidshilfe aber auch das Gesundheitsministerium gewarnt haben – eine Stigmatisierung von Homosexuellen –, findet in Afghanistan bereits ganz offen Anwendung. Ein weiterer schwuler Afghane richtet via Twitter so auch abschließend einen bitteren Appell an die Länder in Europa: "Ich habe große Angst, von den Taliban verhaftet und dann gefoltert zu werden. Ich werde mein Zuhause nicht mehr verlassen. Ich bitte die großen Regierungen in London und in anderen Ländern, mir und allen LGBTI*- Menschen zu helfen, Afghanistan zu verlassen."

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