Zusammenhalt nach Amoklauf! "Ich lasse mich nicht von einer kranken Person umbringen!"
Mit einer Mischung aus Mut, Hoffnung und Kampfeswillen haben sich in den letzten Tagen mehrere Überlebende des Amoklaufs im Nachtclub Q in Colorado Springs zu Wort gemeldet – parallel dazu bekräftigte auch Präsident Joe Biden gegenüber den Clubbesitzern seinen Einsatz für schärfere Waffengesetze in den USA, auch wenn dies abermals am Widerspruch der Republikaner scheitern dürfte.
Schwer verletzt, aber kampfeslustig für die Community
Einer jener Überlebenden ist der 63-jährige schwule Ed Sanders, der seit Jahren den Club besucht, auch wenn er seit der Schießerei im Nachtclub Pulse in Florida im Jahr 2016 mit 49 ermordeten LGBTI*-Menschen oftmals ein flaues Gefühl gehabt habe, wie er dem US-Media Network erklärte. Im Nachtclub Q hatte Sanders gerade ein Getränk an der Bar bestellt, als ihn zwei Kugeln im Rücken sowie im Oberschenkel trafen. "Es war sehr traumatisch. Ich schützte eine andere Frau mit meinem Mantel. Es herrschte ein großes Chaos."
Trotz seiner Verletzungen bekräftigte er, dass er glücklich sei und durch das Erlebte sogar noch mehr bestärkt darin ist, wie wichtig es ist, Liebe in die LGBTI*-Community zu tragen: "Ich lächle jetzt, weil ich froh bin, am Leben zu sein. Ich bin einem großen Ereignis in meinem Leben ausgewichen und habe es überlebt, und das ist jetzt ein Teil von mir... Ich bin ein Überlebenskünstler. Ich will widerstandsfähig sein... Ich lasse mich nicht von einer kranken Person umbringen!"
Zusammenhalt in der Community
Wie eng die LGBTI*-Community an diesem Abend zusammenrückte, erkannte auch James Slaugh – er war mit seinem Freund und seiner Schwester Charlene im Club, um sie aufzuheitern. Das Geschwisterpaar hatte erst vor kurzem ihre Mutter durch Covid-19 verloren. Als der Schütze dann das Feuer mit einem Sturmgewehr eröffnete, wurde Slaugh am Arm getroffen, sein Freund am Bein und 13 weitere Kugeln trafen seine Schwester – sie überlebte nach aktuellem Stand das Attentat, muss sich aber wohl mehreren Operationen in den nächsten Wochen unterziehen.
Nachdem sich das Chaos gelegt hatte, habe er gesehen, wie die Bar wieder zu einer Gemeinschaft wurde. Er sah, wie Gäste nach Papiertüchern griffen, um blutenden Opfern zu helfen. Ein Mann küsste Slaugh auf die Stirn, als dieser auf dem Boden lag und sagt zu ihm, dass er wieder gesund werden würde. "Angeschossen zu werden, ein Opfer dieser ganzen Sache zu sein - das hat mir mehr Hoffnung gegeben als alles andere, und zwar deswegen, weil danach alle zusammengekommen sind. Dies ist nicht der Zeitpunkt, um Angst zu haben. Es ist nicht die Zeit, um eine einzige schreckliche Person in unser Leben hineinzulassen. Es ist die Zeit, um zusammenzukommen. Diese Hoffnung ist fest in mir!“
Biden ermutigt für weiteren LGBTI*-Einsatz
Am vergangenen Wochenende meldete sich auch nochmals Präsident Joe Biden und First Lady Jill Biden zu Wort und sprachen direkt mit den beiden Besitzern des Club Q, Nic Grzecka und Matthew Haynes. "Sie bekräftigten ihre Unterstützung für die Gemeinschaft sowie ihre Verpflichtung, gegen Hass und Waffengewalt zu kämpfen. Sie dankten Nic und Matthew auch für die unglaublichen Beiträge, die sie für Colorado Springs geleistet haben und weiterhin leisten werden", so das offizielle Statement des Weißen Hauses. Grzecka und Haynes selbst erklärten, dass der Angriff auf den Club für sie eindeutig ein Hassverbrechen war. Der Club wurde vor mehr als 20 Jahren eröffnet und war vor allem ein Treffpunkt für Schwule und Lesben.
Dank an den Helden von Colorado Springs
Präsident Biden sprach zudem auch mit dem ehemaligen US-Soldaten Richard Fierro, der kurzerhand den Schützen zu Boden geschlagen und ihn dort zusammen mit einem weiteren Gast festgehalten hatte, bis die Polizei eingetroffen war – ohne seinen heldenhaften Einsatz wären höchstwahrscheinlich viel mehr Todesopfer zu beklagen, da ist sich die Polizei von Colorado Springs sicher. Der Freund von Fierros Tochter, Raymond Green Vance, wurde bei dem Angriff getötet.
Der mutmaßliche Attentäter schweigt weiterhin
Der mutmaßliche Amokläufer Anderson Lee Aldrich schweigt weiterhin zu seinen Tatmotiven – in der LGBTI*-Community im Bundesstaat Colorado ist seit letzter Woche die Diskussion entbrannt, ob Aldrich Hass gegenüber der eigenen Gemeinschaft und insbesondere gegenüber Schwulen gehabt haben könnte, nachdem sich der 22-Jährige in der ersten Anhörung vor Gericht als nicht-binär geoutet hatte. Aldrich sitzt seitdem in Untersuchungshaft, die Staatsanwaltschaft erwägt eine Anklage wegen Mordes und Hassverbrechen. Bei dem Amoklauf vor einer guten Woche waren fünf Menschen getötet und 25 weitere Personen teilweise schwer verletzt worden. Eine GoFundMe-Kampagne sammelt inzwischen Spenden, um die Arztkosten der Opfer begleichen zu können.