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Ungarns Homophobie
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Ungarns Homophobie Harmlose Bilder über homosexuelle Senioren sorgen für Eklat – jetzt werden Forderungen an die EU-Kommission laut

ms - 07.11.2023 - 10:00 Uhr

Die ungarische Regierung hat jetzt den Direktor des Nationalmuseums, László L. Simon, entlassen – Ausgangspunkt war eine World-Press-Fotoausstellung, die nach Ansicht der ungarischen Sittenwächter gegen das Anti-Homosexuellen-Gesetz im Land verstoßen habe.

Fotos von Schwulen – eine Gefahr für Kinder?

Bereits im Vorfeld war es aufgrund der Ausstellung zu Spannungen gekommen, schlussendlich hatte das Kulturministerium durchsetzen lassen, dass die in mehreren Ländern gezeigte Wanderausstellung in Ungarn nur volljährigen Personen ab 18 Jahren zugängig gemacht werden darf. Auf einigen Bildern wird dabei der Alltag von Bewohnern eines Altenheims auf den Philippinen gezeigt, darunter auch Schwule und Lesben. Darunter waren auch Fotos, auf denen Menschen in einem Drag-Kostüm zu sehen sind. Ungarn sieht darin eine Gefahr für Minderjährige. Angestoßen war der Eklat von der rechtsextremen Partei Mi Hazank (Unsere Heimat) worden, die bereits im letzten Monat eine Untersuchung bezüglich der Ausstellung eingefordert hatte.

Entlassung des Direktors

Die Museumsleitung indes betonte erneut, man habe kein Recht dazu, Besucher nach ihrem Alter zu kontrollieren, werde aber auf der Website die gewünschte Altersbeschränkung seitens der Regierung unverzüglich kenntlich machen. Der ungarische Kultusminister János Csák teilte daraufhin jetzt mit, den Direktor des Museums zu entlassen, denn Simon habe es bewusst versäumt, den „rechtlichen Verpflichtungen der Institution nachzukommen.“

Zuvor hatte sich Simon, selbst ein ehemaliger Abgeordneter von Orbans konservativer Fidesz-Partei, dafür bedankt, dass die Regierung so viel Aufsehens um die Fotoausstellung machen würde – seitdem bildeten sich seit Tagen lange Schlangen vor dem Museum, viele Menschen wollten die gezeigten Bilder daraufhin erst recht sehen.

Nach seiner Entlassung erklärte Simon jetzt online: „Ich akzeptiere die Entscheidung, kann sie aber nicht akzeptieren. Mit der Präsentation der Bilder der World Press Foto-Ausstellung hat das Museum bewusst gegen keine Gesetzgebung verstoßen. Als Vater und Großvater von vier Kindern lehne ich die Vorstellung vehement ab, dass unsere Kinder vor mir oder der Einrichtung, die ich leite, geschützt werden müssen.“

Reaktion von der EU-Kommission gefordert

Rémy Bonny von der europäischen LGBTI*-Organisation Forbidden Colours erkläre dazu mit Blick auf die ungarische Regierung: „Dies ist erneut ein grober Verstoß gegen das EU-Recht, insbesondere gegen das Diskriminierungsverbot in der Beschäftigung. Und es ist ein weiterer Schritt in der Russifizierung des EU-Mitgliedsstaates Ungarn. Nicht ein Euro an Steuergeldern sollte mehr an diesen Autokraten gehen. Die EU-Kommission muss reagieren! Frau von der Leyen, sind sie noch wach?“

Das Gesetz selbst ist seit 2021 in Kraft und sorgt seitdem dafür, dass Themen rund um Homosexualität gänzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden, auch beispielsweise aus Buchläden, bei Kulturveranstaltungen und in den Medien. Mehrfach war das Gesetz seitens der EU scharf kritisiert worden. Seit April arbeitet die EU-Kommission an einer Klage gegen das Gesetz vor dem Europäischen Gerichtshof, dem sich mehrere europäische Staaten sowie das EU-Parlament angeschlossen haben.

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