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Mobbing in der Schule
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Mobbing in der Schule Dramatische Daten aus den USA: Vier von fünf Kindern aus Regenbogenfamilien erleben Attacken

ms - 09.11.2023 - 10:00 Uhr

Es sind traurige Daten, die der neue Bericht der drei Organisationen GLSEN, COLAGE und Family Equality nun offenbart: Die Mehrheit der US-Schüler mit homosexuellen Eltern erlebt in der Schule in massiver Weise Mobbing, verbale sowie körperliche Angriffe und Ausgrenzung. Befragt wurden Kinder und Jugendliche vom Kindergarten bis hinauf zur zwölften Schulklasse (K-12). Mit eingeflossen sind dabei auch Erfahrungen von homosexuellen Eltern sowie Betreuern und Lehrern.

62 Prozent wurden körperlich attackiert

Konkret heißt das: Mehr als 80 Prozent der Schüler haben im vergangenen Schuljahr 2022 negative Kommentare über ihre homosexuellen Eltern gehört oder wurden deswegen ausgegrenzt. Zwei Drittel von ihnen wurden beleidigt, rund 65 Prozent von ihnen erlebten sogar körperliche Belästigungen wie das Herumschubsen. 62 Prozent der Schüler wurden dann sogar körperlich direkt angegriffen, getreten, geschlagen oder mit einer Waffe verletzt.   

Sprechverbot über homosexuelle Eltern

Rund 68 Prozent von ihnen erlebten auch, wie Lehrer sowie anderweitig Schulmitarbeiter sie entmutigten, überhaupt noch über ihre Eltern zu sprechen. In manchen Fällen geht die Diskriminierung seitens der Schule sogar noch weiter – dokumentiert ist so beispielsweise der Fall eines Schülers, dem seitens der Lehrer verboten wurde, über seine lesbischen Eltern zu erzählen, denn er würde damit nur „Propaganda“ verbreiten.

„Diskriminierung durch Beziehungen ist ein Thema, mit dem sich nur wenige befassen. Mit diesem Bericht wollen GLSEN, COLAGE und Family Equality eine bedeutende Lücke in unserem Verständnis des Schulklimas schließen, indem sie sich auf die Erfahrungen von Belästigung, Mobbing, Diskriminierung und/oder feindlichem Schulklima für Schüler konzentrieren, die LGBTQ+ Eltern oder Betreuer haben“, so GLSEN-Geschäftsführerin Melanie Willingham-Jaggers.

Feindseliges Schulklima verschlimmert sich

Die Experten der drei Organisationen befürchten dabei, dass sich die Situation in diesem Schuljahr noch einmal weiter verschlimmert haben dürfte, immerhin wurden allein 2023 bereits weit über 600 Anti-LGBTI*-Gesetzvorhaben in den USA eingebracht, etwas weniger als einhundert davon sind sogar bereits in Kraft getreten – die Gesamtsituation befeuere dabei die aggressive und hasserfüllte Ausgangslage so überdies.

Willingham-Jaggers weiter: "Wir befürchten, dass sich diese Erfahrungen mit der jüngsten Zunahme der Anti-LGBTQ-Gesetzgebung verschlimmert haben. Diese neuen Daten zeigen, dass Schüler aufgrund ihrer Familienstrukturen ein feindseliges Schulklima oder Ausgrenzung durch Erwachsene erleben.“

COLAGEs Executive Director Jordan Budd betont dabei, dass LGBTI*-Kinder, die selbst homosexuelle Eltern haben, dabei oftmals doppelt stark dann von Diskriminierung und Anfeindungen betroffen seien, auch wenn die Attacken auch unabhängig von der persönlichen Sexualität des Schülers stattfinden – kurz gesagt, es reicht bereits aus, wenn die Eltern schwul oder lesbisch sind.

„Es war wirklich entmutigend, zu sehen, dass unsere Evidenz repräsentativ für das ist, was diese Menschen erleben. Und es ist alarmierend, in welchem Ausmaß diese Belästigungen physisch werden. Das ist definitiv beängstigend und ich denke, dass wir wirklich viel mehr darauf achten müssen, wenn wir über Anti-LGBTQ-Vorurteile in Schulen sprechen“, so Budd. Dabei zeigten Studien der letzten Jahre auch deutlich auf, dass eine solche Art von Mobbing zu schweren psychischen Schäden und negativen schulischen Leistungen bei den Jugendlichen führen könne.

Klare Richtlinien und mehr Engagement der Eltern

Von den Bildungsbehörden und der US-Regierung fordern die drei Fachverbände klare Richtlinien, die sich an jeder Schule gezielt gegen Diskriminierung sowohl von LGBTI*-Jugendlichen wie aber auch von Schülern von homosexuellen Eltern richten. Zudem sollte in allen Bereichen – von den Lehrplänen bis hin zu schulischen Aktivitäten – Schüler und homosexuelle Eltern besser einbezogen werden. Den Regenbogenfamilien selbst raten die Experten, sich möglichst viel auf lokaler Ebene zu engagieren, beispielsweise in Elternbeiräten an Schulen.

„Wir müssen uns wirklich engagieren und darauf hinweisen, dass es sich hier auch um Eltern handelt und dass auch diese Eltern Rechte haben. Elternrechte können nicht nur eine Domäne konservativer Leute sein, denen es unangenehm ist, wie sich die Welt verändert. Unsere Familien sind hier. Sie verdienen es, friedlich zur Schule zu gehen und friedlich zu leben“, so Budd abschließend.

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