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Selbstbestimmungsgesetz auch für Kinder? // © sven-lehmann.eu
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Selbstbestimmungsgesetz auch für Kinder Ab welchem Alter darf ein Kind eigenverantwortlich entscheiden?

ms - 24.02.2022 - 14:30 Uhr

Das geplante neue Selbstbestimmungsgesetz erhitzt bereits seit Wochen die Gemüter und dass, obwohl es noch keinen konkreten Gesetzestext gibt.

Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, kündigte jetzt auf Twitter an, dass die ersten Eckpunkte des neuen Gesetzes in den nächsten vier Monaten vorgestellt werden sollen. Das Familienministerium arbeitet bereits in Zusammenarbeit mit dem Justizministerium an einem Gesetzentwurf, um das veraltete Transsexuellengesetz mit dem neuen Selbstbestimmungsgesetz zu ersetzen.

Einige Eckpunkte scheinen bereits klar: Psychiatrische Gutachten und Entscheidungen vor Gericht sollen künftig nicht mehr nötig sein.

Jeder Mensch soll künftig einmal im Jahr selbstbestimmt über sein Geschlecht entscheiden dürfen und die Änderungen in den Ausweisdokumenten unkompliziert beim Amt beantragen können. Strittig bleibt aktuell die Idee, dass bereits Jugendliche ab 14 Jahren ohne Zustimmung der Eltern ihren Namen und ihre Geschlechtsangabe amtlich ändern lassen dürfen.

Initiativen wie „Geschlecht zählt“ befürchten, dass zudem Medikamente wie Pubertätsblocker ohne Erlaubnis der Eltern oder einer psychologischen beziehungsweise ärztlichen Beratung an Minderjährige ausgehändigt werden würden. Im extremen Fall könnten auch Operationen ohne Zustimmung der Erwachsenen möglich sein, so die Befürchtung. 

Gegenüber der Tagesschau widerspricht der Queer-Beauftragte Lehmann ausdrücklich diesen Aussagen, es ginge darum, queeren Jugendlichen die Chance zu geben, ihren juristischen Status frei ändern zu dürfen.

Der Knackpunkt in der Debatte dürfte die Frage sein, wie weit die Selbstbestimmung bei Minderjährigen künftig gehen soll. Gerade die Grauzone ist dabei von besonderem Interesse und birgt Diskussionsbedarf. Werden Minderjährige künftig Pubertätsblocker eigenverantwortlich nehmen dürfen – ohne Zustimmung der Eltern? Dürfen Ärzte zuvor ein Beratungsgespräch führen und im Zweifel eine Behandlung auch ablehnen oder doch eine psychologische Einschätzung des Jugendlichen einfordern? Welche anderen Medikamente mit Bezug auf trans-Jugendliche werden künftig ohne weitere Prüfung oder Zustimmung der Erziehungsberechtigten verabreicht werden?

Eine definitive Antwort auf diese und andere Fragen werden wir erst bekommen, wenn weitere Eckpunkte oder der gesamte Gesetzentwurf öffentlich sind.

Das hindert allerdings nicht daran, bereits heute hitzig darüber zu streiten und zu diskutieren. Zuletzt sorgt seit gestern ein Gast-Artikel bei Zeit Online von Alice Schwarzer für Aufruhr.

Sie schreibt, dass das geplante Gesetz zur geschlechtlichen Selbstbestimmung ein fataler Irrweg wäre. Junge Frauen würden nicht geheilt, indem sie Männer werden. Der kalkulierte Shitstorm folgte kurz darauf, zuletzt erhitzte Stunden später der Podcast von Moderator Jan Böhmermann abermals die Gemüter.

Der ZDF-Moderator erklärte, dass Schweizer aufgrund ihres Alters merke, dass jüngere Frauen den Job inzwischen besser und zeitgemäßer hinbekommen würden: "Wenn du dein Ego pampern und nicht vergessen werden willst, fängst du an, Quatsch zu erzählen. Da ist Alice Schwarzer nicht die einzige, die in dem Alter Scheiße erzählt."

Während die einen nun die Ängste von Frauen verharmlost sehen und auf das Recht auf freie Meinungsäußerung pochen, fordern andere via Twitter bereits, dass man Menschen wie Schwarzer gar nicht zu Wort kommen lassen solle und man am Ende die Probleme der trans-Community nicht ernst nehmen würde. 

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