Viktor Orbán bleibt an der Macht LGBTI*-Aktivisten sind enttäuscht und resigniert
Nach zwölf Jahren an der Macht darf der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán auch weiterhin das Land regieren und seinen homophoben politischen Kurs weiter fortsetzen. Die rechtsnationale Fidesz-Partie erreichte laut dem vorläufigen Endergebnis 53,1 Prozent der Wählerstimmen – somit gewann die Partei von Orbán auch in 88 von 106 Wahlkreisen und kann mit 135 Sitzen eine Zweidrittelmehrheit halten. So wird es für Orbán auch künftig möglich sein, queerfeindliche Gesetze auch in der Verfassung zu verankern, ohne dass die Opposition dagegen etwas machen kann.
Ein Grund für den großen Wahlerfolg Orbáns dürfte dabei sicherlich die Tatsache sein, dass er seine konservative Wählerschaft mit einer gleichzeitig stattfindenden Abstimmung gegen LGBTI*-Rechte versuchte zu mobilisieren. Ein anderer Pluspunkt für den nationalen Hardliner ist die Tatsache, dass er inzwischen rund 80 Prozent aller Medien kontrolliert und so eine riesige Propagandamaschine etablieren konnte. Nun strebt Orbán eine fünfte Amtszeit an, die vierte in Folge, und stellte noch in der Wahlnacht klar, dass er sich und seinen nationalen wie LGBTI*-feindlichen Kurs bestätigt sieht.
Mit Blick auf die Europäische Union sagte Orbán: „Wir haben einen großartigen Sieg errungen - einen so großen Sieg, dass man ihn womöglich vom Mond sehen kann, und ganz sicher in Brüssel.“ Das Europäische Parlament hatte immer wieder Orbán gerade auch wegen seiner LGBTI*-feindlichen Gesetzgebung scharf kritisiert – das gestrige Wahlergebnis gibt ihm nun den nötigen Rückenwind dafür, diesen Kurs gestärkt weiter zu verfolgen.
Rémy Bonny, der Direktor der LGBTI*-Organisation Forbidden Colours erklärte nüchtern und ein wenig resigniert mit Blick auf die unabhängige Wahlbeobachtungsorganisation OSCE: „Die Schlussfolgerungen zu den ungarischen Wahlen müssen unter Berücksichtigung der folgenden Punkte betrachtet werden: Dem, in dieser Woche gemeldeten Wahlbetrug, dem Fehlen einer freien Presse und Debatte sowie der besonderen Rolle als Sündenbocke von Minderheiten, insbesondere der LGBTI*-Community.“
Wie stark dieser spezielle Aspekt der Propaganda gewirkt hat, ist mit Bezug auf das queerfeindliche Referendum noch unsicher. Mit Suggestivfragen wollte Orbán damit sein bereits beschlossenes Homo-Propaganda-Gesetz ähnlich wie in Russland absichern lassen und zudem festlegen, dass LGBT*-Themen an Schulen und weitestgehend im Fernsehen komplett verboten werden sollen. Damit das Referendum rechtsgültig ist, müssen mindestens 50 Prozent der Wähler dafür stimmen – ein Endergebnis steht noch nicht fest, erste Teilergebnisse lassen hoffen, dass das Referendum gescheitert sein könnte.
Doch selbst wenn Orbán mit dem Referendum tatsächlich keinen Erfolg hatte, kann er durch die Zweitdrittelmehrheit der Sitzverteilung im ungarischen Parlament abermals nach Lust und Laune auch LGBTI*-feindliche Gesetze erlassen. Gegenüber Euronews gaben mehrere LGBTI*-Aktivisten bereits vor der Wahl an, dass sie bei einem erneuten Sieg von Victor Orbán nicht länger in Ungarn bleiben wollen. „Ich wünschte, der Staat würde mich in Ruhe lassen. Es geht nicht darum, dass der Staat mich nicht vertritt oder meine Rechte nicht schützt. Es geht darum, dass ich in die Ecke gedrängt werde", so eine der Stimmen aus der ungarischen LGBTI*-Community.