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Homo-Ehe in Tokio
Rubrik

Homo-Ehe in Tokio Stadt erlaubt ab sofort Partnerschaftsurkunden ähnlich der Ehe

ms - 02.11.2022 - 10:00 Uhr

Es ist ein langsamer Weg hin zur Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben in Japan, doch schrittweise verbessert sich die Lage nach und nach immer mehr. Jetzt haben die Stadträte von Tokio beschlossen, ab sofort Partnerschaftsurkunden für gleichgeschlechtliche Paare auszustellen – diese sind zwar nicht mit der herkömmlichen Ehe gleichgestellt, genehmigen den Paaren aber diverse wichtige Vorteile beispielsweise in den Bereichen Wohnungssuche, Gesundheit oder auch Sozialleistungen. In all diesen Aspekten werden homosexuelle Paare in Tokio künftig der klassischen Ehe gleichgestellt werden. Das Recht auf ein Erbe im Falle des Todes des Partners ist allerdings immer noch nicht garantiert.

Japans unrühmliche Zick-Zack-Taktik gegenüber Homosexuellen

Tokio setzt damit auch eine Signalwirkung für das ganze Land, das seit Jahren um die Frage ringt, ob homosexuelle Menschen in der Ehe gleichberechtigt werden sollen. Immer wieder wurde in einzelnen Regionen und auch vor Gericht darüber gerungen und gestritten, erst im Juni dieses Jahres erlebten Schwule und Lesben eine herbe Niederlage, als das Bezirksgericht in Osaka beschlossen hatte, dass das Verbot von gleichgeschlechtlichen Ehen nicht gegen die Verfassung verstoße. Ein Jahr zuvor hatte das Bezirksgericht in Sapporo genau anders herum entschieden und stufte das Verwehren der Ehe für Homosexuelle als verfassungswidrig ein. Mit seiner jüngsten Entscheidung stößt Tokio nun jene Debatte erneut an, die auch die Richter für dringend notwendig hielten.

200 Kommunen sind inzwischen für Homosexuelle

Japans Verfassung definiert die Ehe nach wie vor als eine Institution, die "im gegenseitigen Einverständnis beider Geschlechter" geschlossen wird. Gleichgeschlechtliche Paare dürfen so nicht heiraten, können das Vermögen des Partners nicht erben und haben auch keine elterlichen Rechte an den Kindern des Partners – diese Situation wollen nun bisher rund 200 kleinere Kommunen mit den Partnerschaftsurkunden sanft aufbrechen, denn das landesweite Verbot der Homo-Ehe verschlimmert auch die gesamtgesellschaftliche Lage von Homosexuellen, die sich oftmals aus Angst vor Ausgrenzung und Angriffen nicht trauen, sich überhaupt zu outen. Vorreiter dieser Entwicklung war der Tokioter Bezirk Shibuya im Jahr 2015, bevor jetzt auch die ganze Stadt sich diesen neuen Richtlinien anschloss – bereits 137 homosexuelle Paare haben sich seit Anfang dieser Woche gemeldet und eine Bescheinigung beantragt. Die neuen Urkunden gelten dabei sowohl für Einwohner Tokios als auch für Pendler.

Hat Japans Premierminister ein Einsehen?

Die Stimmung im Land selbst ist definitiv auf Seiten der Homosexuellen, eine Umfrage des öffentlichen Rundfunksenders NHK aus dem Jahr 2021 ergab bereits, dass 57 Prozent der Japaner für die gleichgeschlechtliche Ehe sind, nur im eher ländlichen Raum wird Homosexualität immer noch mit einer Art von Geisteskrankheit gleichgesetzt. Japan ist dabei inzwischen das einzige Land in der G7-Gruppe der Industrienationen, das gleichgeschlechtlichen Paaren die Heirat noch immer verbietet. Mit der jüngsten Entscheidung in Tokio wächst nun abermals der Druck, eine landesweite Lösung zu finden. Die Hoffnung ruht nun so auch auf Premierminister Fumio Kishida, sein bisheriges zurückhaltendes Schweigen in puncto Homo-Ehe endlich zu brechen.

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